Abhängigkeitspotenzial von Zolpidem

Anamnese

Eine 23-jährige Patientin mit Zustand nach Nierentransplantation kommt mit zunehmender Unruhe in die Zentrale Notaufnahme (ZNA). Sie befand sich innerhalb der letzten Monate mehrfach in stationärer Behandlung. Aufgrund von Schlafproblemen, jeweils während des Aufenthaltes, wurde ihre Dauermedikation mit Zolpidem 10 mg zur Nacht auf 30 mg gesteigert. Die Versuche der Patientin, Zolpidem auszuschleichen, seien fehlgeschlagen. Sie habe versucht, die Medikation alle zwei Tage um die Hälfte zu reduzieren. Sie leide deshalb unter Entzugssymptomen mit ausgeprägter Unruhe und Zittrigkeit.

Diagnose und Therapie

Klinisch und laborchemisch fanden sich keine akutpathologischen Befunde. Wir empfehlen ein langsames Ausschleichen von Zolpidem mit Reduzierung um 5 bis 10 mg im 7-Tage-Intervall.

Aktuelle Medikation

Wirkstoff

Dosierung

Einheiten

Grund

Tacrolimus (Prograf®)

1 mg p.o.

3-0-2-0

Immunsuppression zur Verhinderung einer Nierentransplantatabstoßung

Mycophenolsäure (Myfortic®)

360 mg p.o.

2-0-2-0

Prednisolon

5 mg p.o.

1-0-0-0

Tilidin/Naloxon (Valoron®)

50/4 mg in 20 gtt

30-40-30-0 gtt

bei chronischen Schmerzen

Pregabalin

50 mg p.o.

0-0-1-0

Zolpidem

30 mg p.o.

0-0-0-1

bei Schlafstörungen

Pathomechanismus

Zolpidem ist ein schlaffördernder und sedierender Wirkstoff zur kurzfristigen Behandlung von Schlafstörungen. Es zählt neben Zopiclon und Zaleplon zu den sogenannten "Z-Drugs". Diese wirken wie Benzodiazepine über GABAA-Rezeptoren. Da sie aber selektiv nur an die Alpha1-Untereinheit des GABAA-Rezeptors binden, wirken sie vor allem sedierend und kaum anxiolytisch, muskelrelaxierend oder antikonvulsiv. Zolpidem kann physisch und psychisch abhängig machen und wird von CYP3A4 metabolisiert. Das Abhängigkeitsrisiko ist bei längerer Einnahme, hoher Dosierung und entsprechender Veranlagung erhöht (psychiatrische Anamnese, Drogen- oder Alkoholabhängigkeit).

Wichtige Hinweise – Lessons learned

  • Zolpidem ist zur Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen von klinisch bedeutsamem Schweregrad bei Erwachsenen indiziert.
  • Die Dauer der Behandlung sollte so kurz wie möglich sein. Sie sollte im Allgemeinen wenige Tage bis zu zwei Wochen betragen und, einschließlich der schrittweisen Absetzphase, vier Wochen nicht übersteigen.
  • Bei älteren oder geschwächten Patienten, die besonders empfindlich auf Zolpidem reagieren können, wird eine Dosis von 5 mg empfohlen. Eine Tagesdosis von 10 mg darf bei allen Erwachsenen nicht überschritten werden.
  • Entzugserscheinungen bei plötzlichem Abbruch der Therapie können sich u. a. in Zittern, Schlafstörungen, Kopf- oder Muskelschmerzen, außergewöhnlicher Angst und Spannungszuständen, innerer Unruhe, Verwirrtheit und Reizbarkeit äußern.
  • Bei gleichzeitiger Anwendung von Tilidin und Zolpidem muss besonders auf Symptome von Sedierung und Atemdepression geachtet werden. Hier besonders auf die niedrigste wirksame Zolpidem-Dosis und kurze Behandlungsdauer achten.

Diesen Fall haben für Sie zusammengefasst
Dr. med. Anja Knüppel-Ruppert, Dr. rer. nat. Barbara Pfistermeister, Dr. med. Marina Karg, Prof. Dr. med. Harald Dormann, Christine Schnitzer

Quellen

  1. Fachinformation Zolpidem, Ratiopharm, 07_2018
  2. Karow T, Lang-Roth R. Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie 2019

Kontakt

Klinikum Fürth
Studienzentrale der Zentralen Notaufnahme
Jakob-Henle-Straße 1
90766 Fürth

Falls Sie Fragen zu den Nebenwirkungen des Monats haben, schreiben Sie uns eine E-Mail an: zna-studienzentrale@klinikum-fuerth.de