Pharmakovigilanz und Medikationsfehler – ein Überblick


Harald Erdmann, Lübeck

Die Pharmakovigilanz beschäftigt sich mit der Arzneimittelüberwachung und soll sicherstellen, dass unerwünschte Arzneimittelwirkungen und andere Arzneimittelrisiken erfasst und geeignete Maßnahmen eingeleitet werden.

Für den pharmazeutischen Unternehmer besteht sowohl aufgrund §63a AMG als auch wegen der Artikel 20 bis 22 der EU-Verordnung 2309/93 die Verpflichtung, ein Pharmakovigilanzsystem einzurichten. Dies geschieht unter anderem dadurch, dass ein Pharmakovigilanzbeauftragter benannt wird.

Inwiefern erstreckt sich diese Verpflichtung nun auch auf Apotheker und Ärzte?

Für Apotheker und Ärzte besteht – aus deren Berufsordnungen folgend – eine Meldepflicht über Arzneimittelrisiken an die jeweiligen Stufenplanbeteiligten. Um dieser Verpflichtung im Krankenhaus nachzukommen, erscheint auch hier die Benennung eines Pharmakovigilanzbeauftragten sinnvoll. Dies ist rechtlich zwar nicht gefordert, kommt aber auch den Ansätzen verschiedener QM-Systeme entgegen.

Die Definition für einen Pharmakovigilanzbeauftragten im Krankenhaus könnte folgendermaßen lauten:

„Der Pharmakovigilanzbeauftragte erfasst, bewertet und meldet unerwünschte Arzneimittelwirkungen und andere Arzneimittelrisiken. Sollten Arzneimittelrisiken durch lokale Gegebenheiten im eigenen Krankenhaus entstanden sein, so leitet der Pharmakovigilanzbeauftragte entsprechende Maßnahmen zu deren Vermeidung ein.“

Die Definition der unerwünschten Arzneimittelwirkungen fällt hierbei nicht schwer: Sie sind Nebenwirkungen und Wechselwirkungen, die beim bestimmungsgemäßen Gebrauch auftreten. Die Aufgabe eines Pharmakovigilanzbeauftragten bestünde hierbei in einer „Filterfunktion“, bevor die unerwünschten Arzneimittelwirkungen an die entsprechenden Stufenplanbeteiligten weitergegeben werden. Hierdurch kann sichergestellt werden, dass nur unerwünschte Arzneimittelwirkungen berücksichtigt werden, die bisher nicht bekannt waren.

Wo ist der Unterschied zu den Medikationsfehlern zu sehen und was verbirgt sich hinter dem Begriff „andere Arzneimittelrisiken“?

Die Verwaltungsvorschrift zu §63 AMG zieht als Arzneimittelrisiken folgende Punkte in Betracht:

- (Nebenwirkungen)

- (Wechselwirkungen)

- Gegenanzeigen

- Resistenzbildung

- Missbrauch, Fehlgebrauch

- Gewöhnung, Abhängigkeit

- Mängel der Qualität

- Mängel der Behältnisse und äußeren Umhüllungen

- Mängel der Kennzeichnung und Packungsbeilage

- Arzneimittelfälschungen

Unter Fehlgebrauch sind grundsätzlich alle unerwünschten Arzneimittelereignisse bei nicht bestimmungsgemäßem Gebrauch zu verstehen, also alle unbeabsichtigten schädlichen Reaktionen, die mit der Anwendung eines Arzneimittels in Zusammenhang stehen. Insbesondere bei den Medikationsfehlern obliegt es dann dem Pharmakovigilanzbeauftragten Vermeidungsstrategien zu entwickeln.

Mit diesem Thema beschäftigt sich auch die AG Medikationsfehler der ADKA, die bereits ein Meldesystem geschaffen hat. Dieses System wurde schon von zahlreichen Kollegen und neuerdings auch von ärztlicher Seite genutzt. Anhand der gemeldeten Fehler sollen die Veröffentlichungen andere Kollegen für dieses wichtige Thema sensibilisieren. Nach den Erfahrungen aus dem Fehlermeldesystem wird die AG Medikationsfehler zukünftig dann auch Fehlervermeidungsstrategien erarbeiten.

Die AG Medikationsfehler kann jedoch nicht als Stufenplanbeteiligter fungieren, daher muss jeder Kollege diese Funktion selbst wahrnehmen und entsprechende Arzneimittelrisiken im Rahmen des Stufenplanverfahrens melden.

Insgesamt ist jedoch festzuhalten, dass die Hauptaufgabe eines Pharmakovigilanzbeauftragten im Krankenhaus und viel mehr noch in der pharmazeutischen Industrie die Erfassung der unerwünschten Arzneimittelwirkungen ist. Medikationsfehler als „weitere Arzneimittelrisiken“ spielen hier nur eine untergeordnete Rolle.

Die Position eines Pharmakovigilanzbeauftragten im Krankenhaus erfordert ein fächerübergreifendes und berufsgruppenübergreifendes Vorgehen. Ein fundiertes Wissen über die Eigenschaften und die Anwendung von Arzneistoffen ist dringende Voraussetzung für diese Position. Daher eignet sich ein Krankenhausapotheker – vorzugsweise mit der Fachweiterbildung Klinische Pharmazie – besonders, um diese Aufgabe wahrzunehmen.


Harald Erdmann, Apotheke der Uniklinik Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck, E-Mail: Harald.Erdmann@ukl.uni-luebeck.de

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