15. AMG-Novelle und die Folgen


Holger Hennig, ADKA-Präsident

Die Aktivitäten des Gesetzgebers zur 15. Novellierung des Arzneimittelgesetzes sind mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 22. Juli 2009 abgeschlossen. Für uns, die wir nun die Möglichkeiten und Verpflichtungen auszugestalten haben, die uns der Deutsche Bundestag mit seinen Beschlüssen aufgegeben hat, ist dies aber nicht der Fall. Im Gegenteil, für die meisten von uns fängt die eigentliche Arbeit jetzt erst an! Und für diejenigen von uns, die ihren Sachverstand in die Entwicklung dieses Gesetzes eingebracht haben, gehen die Bemühungen weiter und wechseln nur den Adressaten. Ich möchte an dieser Stelle ganz herzlich allen Kolleginnen und Kollegen Dank sagen, die sich in diesen Prozess eingebracht haben. Sei es durch interne Gespräche zur Definition unserer Zielvorstellungen, sei es in Gesprächen mit Ministerialbeamten, Abgeordneten oder Vertretern anderer beteiligter Instanzen.

Diese Aktivitäten waren für uns ausgesprochen wichtig, aber leider auch gleichermaßen schwierig. Schon der Versand des Referentenentwurfs unmittelbar vor den Weihnachtstagen mit der Frist zur Abgabe einer Stellungnahme bis Mitte Januar hat uns vor echte Herausforderungen gestellt. Aber wir waren nicht nur in der Lage, fristgerecht eine substanzielle Stellungnahme abzugeben. Wir konnten auch in sofort aufgenommenen Gesprächen mit Mitarbeitern des Bundesgesundheitsministeriums und Abgeordneten des Bundestages unsere konstruktive Kritik an den Vorschlägen einbringen. Dass wir dabei nicht alle unsere Ideen auch durchsetzen konnten, müssen wir natürlich akzeptieren. Aber das darf uns nicht davon abhalten, stets das bestmögliche Ergebnis erreichen zu wollen. Und genau dies haben wir vom ersten bis zum letzten Moment getan.

Nunmehr steht die Auslegung der niedergeschriebenen Formulierungen im Vordergrund aller Aktivitäten. Vieles in diesem sehr breit angelegten Gesetz ist in einer Form ausgestaltet, die Interpretationsspielraum lässt. Dies wird schon allein durch die zahlreichen Stellungnahmen und Gutachten verdeutlicht, die in den letzten Wochen in Auftrag gegeben und erarbeitet wurden. Auch das Ministerium hat sich ja daran beteiligt und nachträgliche Stellungnahmen verfasst. Letztendlich steht aber zu erwarten, dass in dem ein oder anderen strittigen Fall erst die Rechtsprechung ein abschließendes Urteil über unterschiedliche Auslegungen einzelner Vorschriften fällen wird.

Unstreitig ist aber, dass in Bezug auf die Neuregelung der §§129 und 129a des SGB V Veränderungen des Status quo absehbar sind. Wille des Gesetzgebers war, die Gleichstellung der öffentlichen Apotheken und der Krankenhausapotheken in Bezug auf die Preisbildung bei ambulant angewandten Rezepturarzneimitteln, vor allem in der Onkologie, zu erreichen. Hierzu wurden die entsprechenden Fertigarzneimittel, wenn sie in parenteralen Zubereitungen Verwendung finden, aus der Arzneimittelpreisverordnung ausgenommen. Damit hat nun auch die öffentliche Apotheke, wie im Krankenhaus schon vorher, die Möglichkeit, ihren Einkaufspreis für diese Produkte in freier Verhandlung mit den Lieferanten zu bilden. Im Gegenzug muss der gegenüber den Krankenkassen abzurechnende Preis in einem Vertrag der Spitzenverbände geregelt werden, was ein gewisses Maß an Analogie zu den Verträgen nach §129a SGB V bedeutet, die wir in den Krankenhäusern seit 2004 kennen.

Wir sind in dieser Sache sowohl mit den Kolleginnen und Kollegen aus den öffentlichen Apotheken wie auch mit dem Spitzenverband der Krankenkassen in Gesprächen, um zügig möglichst gute Ergebnisse zu erzielen. Aber dass die Verhandlungsposition der Apotheker durch die neugeschaffene Verpflichtung zur Transparenz der Einkaufspreise deutlich belastet wird, hat einen ganz erheblichen Einfluss auf Verlauf und wahrscheinlich auch Ergebnis dieser Verhandlungen. Noch bleibt aber abzuwarten, wie sich die Ausgestaltung des gesetzgeberischen Willens in der Praxis gestalten wird.

Diese Verpflichtung der Apotheken beziehungsweise Krankenhäuser zur Transparenz der Einkaufskonditionen wird ergänzt durch die Verpflichtung der pharmazeutischen Unternehmer zur Angabe der mit den Apotheken vereinbarten Preise. Wie sich dies auf die Preisgestaltung auswirkt, wird erst die Zukunft verbindlich zeigen. Erste Entwicklungen nach dem Inkrafttreten des Gesetzes machen deutlich, dass die Hersteller versuchen, die durch die Verpflichtung zur Gewährung des Herstellerrabatts wegbrechenden Erlöse an anderen Stellen zu kompensieren. Dies hat auch Auswirkungen auf die Preise im stationären Sektor und muss von den Krankenhäusern im Rahmen des Budgets kompensiert werden. Einzelwirtschaftlich ist dies nachvollziehbar, aber gesamtwirtschaftlich besteht so die Gefahr, dass die ökonomische Zielsetzung der Bundesregierung nicht realisierbar sein wird – eine Gefahr, vor der wir seit Beginn dieser Gesetzesinitiative gewarnt haben!

Die technischen Voraussetzungen für die Umsetzung der Neugestaltung des §300 SGB V bis zum Jahresende zu schaffen, wird ebenfalls eine große Herausforderung für die Anbieter der entsprechenden Softwareprodukte sein. Noch größer dürften aber die Verwerfungen werden, die diese Neugestaltung mit der Angabe von Pharmazentralnummer und Einkaufspreis nach sich zieht.

Pikant im Zusammenhang mit den derzeitigen Aktivitäten ist vor allem, dass mit der Bundestagswahl am 27. September ein möglicher Wechsel in der Bundesregierung bevorsteht. Wie das Ergebnis genau aussehen wird, ist aus meiner Sicht nicht vorhersagbar, ebenso wenig wie die Auswirkungen auf die Willensbildung im Hinblick auf das Gesundheitssystem. Sicher ist aus meiner Sicht nur, dass die nächste Reform nicht allzu lange wird auf sich warten lassen. Die Zeiten werden also voller Herausforderungen und Arbeit bleiben. Aber wenn die Mandatsträger der ADKA weiterhin so substanzielle und konstruktive – gerne auch kritische – Unterstützung bekommen wie in diesem Verfahren, dann werden wir auch diese Herausforderungen meistern und uns die Freude an unserem Beruf erhalten.

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