Gute Herstellungspraxis bei der aseptischen Herstellung applikationsfertiger Parenteralia in der Krankenhausapotheke


ADKA-Statement anlässlich des Eckpunktepapiers des Bundesministeriums für Gesundheit zur Überarbeitung der Apothekenbetriebsordnung vom 12. April 2011

Für den Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) e.V. Prof. Dr. Irene Krämer, Präsidentin

Das am 12. April 2011 vom Bundesministerium für Gesundheit veröffentlichte Eckpunktepapier zur Überarbeitung der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) ist für die Krankenhausapotheker insbesondere hinsichtlich der beabsichtigten Neuregelungen zur Arzneimittelherstellung in Apotheken von Relevanz. Die Arzneimittelherstellung gehört mit der pharmazeutischen Logistik und den klinisch-pharmazeutischen Dienstleistungen zu den drei Säulen der Krankenhauspharmazie. Die genannten Aufgabenbereiche bedingen und unterstützen sich gegenseitig und müssen gleichermaßen ausgefüllt werden. Die rezepturmäßige und defekturmäßige Herstellung von Arzneimitteln durch die Krankenhausapotheke ist oft die einzige Option einer adäquaten Arzneimittelversorgung der Krankenhauspatienten (z. B. Fertigarzneimittel außer Handel, nicht lieferbar, Katastrophenfälle). Mit seinen Kenntnissen in Arzneimittelherstellung, Qualitätsmanagement und Qualitätskontrolle kann der Krankenhausapotheker die Darreichungsformen der Arzneimittel optimieren, Arzneimittel für ein entsprechendes Therapieziel entwickeln und individuell auf das Krankheitsbild von Patienten abgestimmte Arzneimittel herstellen. Die Arzneimittelherstellung leistet somit einen essenziellen Beitrag zur Patienten- und Versorgungssicherheit. Sie hat als ureigenste Aufgabe des Apothekers trotz Industrialisierung ihren Stellenwert.

In den letzten beiden Dekaden wurde die patientenbezogene aseptische Herstellung applikationsfertiger Parenteralia auch in deutschen Krankenhäusern von den Krankenhausapotheken übernommen und entwickelt. Die ansonsten von Pflegepersonal oder Ärzten durchgeführte Vorbereitung zur Anwendung der Parenteralia wurde durch die professionelle Zubereitung durch pharmazeutisches Personal in geeigneter Umgebung und mit geeigneten Qualitätssicherungsmaßnahmen abgelöst. Der Prozess der patientenindividuellen, aseptischen Herstellung unterscheidet sich dabei in den Abläufen ganz wesentlich von der Großherstellung im Industriemaßstab. Es handelt sich bei der aseptischen Herstellung patientenindividueller Parenteralia um die Zubereitung einer aus sterilen Fertigarzneimitteln zusammengesetzten Einzelrezeptur unter einer Laminar-Airflow-Werkbank der Reinraumklasse A zur zeitnahen Anwendung. Die manuelle Herstellung erfolgt ausschließlich durch qualifiziertes pharmazeutisches Fachpersonal auf Grundlage der ADKA-Leitlinie „Aseptische Herstellung und Prüfung applikationsfertiger Parenteralia“ sowie der Leitlinien der Bundesapothekerkammer (BAK) „Aseptische Herstellung und Prüfung applikationsfertiger Parenteralia mit toxischem Potenzial“ und „Herstellung und Prüfung applikationsfertiger Parenteralia ohne toxisches Potenzial“. Hierdurch wird die einwandfreie Qualität der täglich in den deutschen Krankenhausapotheken hergestellten patientenindividuellen Parenteralia gewährleistet. Von besonderer Bedeutung ist bei dieser Art der manuellen Herstellung die Schulung und Bewusstseinsbildung des durchführenden Personals. Das Risiko der mikrobiellen Kontamination ist weniger von der Partikel- und Keimbelastung des kontrollierten Bereichs als vielmehr von der Durchführungsqualität der zubereitenden Person abhängig. Pharmazeutisches Personal ist sich dieser Zusammenhänge bewusst. Die regelmäßig durchgeführte Nährmedienabfüllung entspricht daher eher einer Personalvalidierung als einer Prozessvalidierung einer Großherstellung.

Die Herstellung in der Krankenhausapotheke durch pharmazeutisches Personal für den eigenen Versorgungsbereich muss von der Herstellungserlaubnis ausgenommen bleiben. Die Anforderungen der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV) sind auf Großbetriebe mit chargenbezogener Großherstellung ohne pharmazeutisches Fachpersonal ausgerichtet. Eine Anwendung dieser Anforderungen auf die apothekenübliche, patientenindividuelle Rezepturherstellung würde nicht zu einer Qualitätsverbesserung führen. Im Gegenteil sind die dort definierten Anforderungen für die patientenbezogene Herstellung zu wenig spezifisch und daher ungeeignet. Da, wie oben dargelegt, das durchführende Personal der qualitätsdeterminierende Faktor ist, würde die Herstellung durch nicht pharmazeutisches Personal sogar von Nachteil sein. Die unterschiedlichen Anforderungen für sogenannte kritische und nicht kritische Arzneimittel müssen als willkürlich erachtet werden. Die anerkannten pharmazeutischen Regeln können ohne Weiteres in der Apothekenbetriebsordnung für alle Arzneimittelformen definiert werden.

Es gibt keinen Beleg dafür, dass die sogenannten Herstellbetriebe für aseptische Zubereitungen eine bessere Ergebnisqualität als Apotheken liefern, zumal nicht ausschließlich die mikrobiologische Qualität betrachtet werden darf. Gelten für die aseptische Herstellung applikationsfertiger Parenteralia in Apotheken zukünftig die Vorgaben der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung und damit die Regeln der EU Good Manufacturing Practice (GMP) Guidelines, würde die etablierte, flächendeckende, qualitätsgesicherte Patientenversorgung einer Oligopolisierung zugunsten weniger Herstellbetriebe geopfert. Die Versorgung über weite Strecken mit kostenintensiven, patientenindividuellen Zubereitungen, über deren Dosierung und Zusammensetzung oft erst kurz vor Therapiebeginn entschieden werden kann, ist hinsichtlich Produktqualität und Wirtschaftlichkeit kontraproduktiv und stellt eine Gefahr für die Arzneimittel- und Versorgungssicherheit in deutschen Krankenhäusern dar. Die Bedeutung des Verordnungsmonitorings durch den Krankenhausapotheker als wesentlicher Teilprozess der aseptischen Herstellung applikationsfertiger Zytostatikazubereitungen ist belegt [1]. Bei dem sich anschließenden Teilprozess der Herstellung handelt es sich im Wesentlichen um die Rekonstitution und Verdünnung der Fertigarzneimittel in geschlossenen Systemen. Diese erfolgt entsprechend den Vorgaben in den Fachinformationen der eingesetzten Fertigarzneimittel. Lediglich die Herstellung patientenindividueller Mischinfusionslösungen zur totalen parenteralen Ernährung von pädiatrischen Patienten geht über die Vorgaben in den Fachinformationen hinaus, doch ist hier die enge Zusammenarbeit mit den Verordnern und die orts- und zeitnahe Versorgung von noch größerer Bedeutung. Nicht über eine Rekonstitution und gegebenenfalls Verdünnung hinaus geht die Herstellung applikationsfertiger Parenteralia aus Fertigarzneimitteln, die Antikörper enthalten. Statt die Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung für die Herstellung applikationsfertiger Parenteralia in Apotheken einzuführen, bedarf es einer zusätzlichen Ausnahme der nach § 4 Abs.3 AMG als Sera definierten Antikörper-Fertigarzneimittel zur erlaubnisfreien Herstellung in Apotheken.

Der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker erachtet die erlaubnisfreie Arzneimittelherstellung in Apotheken für eine sichere Patientenversorgung für unerlässlich und wird diese Position aktiv gegenüber dem Ministerium, der Politik und den beteiligten Verbänden im Rahmen der Neuregelung der Apothekenbetriebsordnung vertreten. Qualitätssicherungsmaßnahmen für die Arzneimittelherstellung in Apotheken müssen in der Apothekenbetriebsordnung definiert werden.

Berlin im Mai 2011

Literatur

1. Krämer I, Walz-Jung H, Kaiser J. Bedeutung des Verordnungsmonitorings in der zentralen Zytostatikaherstellung. Eine Erhebung in deutschen Universitätskliniken. Krankenhauspharmazie 2010;31:349–57.

Krankenhauspharmazie 2011; 32(06)