Aktuelle Meldungen von EMA, FDA, BfArM und AkdÄ


Bettina Christine Martini, Legau

Das Protokoll des CHMP-Meetings vom 15. bis 18. August 2011 lag bis Redaktionsschluss noch nicht vor. Relevante Meldungen werden in der November-Ausgabe der Krankenhauspharmazie veröffentlicht.

Wichtige Mitteilungen der FDA

Zulassung von Brentuximab vedotin (Adcetris, Seattle Genetics of Bothell): Brentuximab vedotin ist für die Behandlung von Patienten mit Hodgkin-Lymphom und mit dem seltenen systemischen anaplastischen großzelligen Lymphom (ALCL) beschleunigt zugelassen worden. Die Substanz ist ein so genanntes Antikörper-Konjugat, das heißt, die Verbindung besteht aus zwei Teilen, einem Antikörper, der gegen das Tumorantigen CD30 gerichtet ist, und aus mehreren Molekülen des Zytostatikums Monomethylauristatin. Es ist zugelassen für Patienten mit Hodgkin-Lymphom, deren Erkrankung nach autologer Stammzelltransplantation oder nach zwei vorangegangenen Chemotherapien progredient ist, sowie bei Patienten mit ALCL, deren Erkrankung nach einer Chemotherapie fortschreitet.

Mitteilung der FDA vom 19.08.2011


Zulassung der fixen Kombination von Emtricitabin/Rilpivirin/Tenofovir DF (Complera, Gilead): Eine Tablette Complera enthält die beiden nucleosidischen Reverse-Transkriptase-Hemmer (NRTI) Emtricitabin (200 mg) und Tenofovir (300 mg) sowie den nichtnukleosidischen Reverse-Transkriptase-Hemmer (NNRTI) Rilpivirin (25 mg). Die Tablette beinhaltet somit ein vollständiges Regime zur Therapie einer Infektion mit HIV 1 und ist zugelassen bei erwachsenen nicht vorbehandelten Patienten. Die Einnahme erfolgt einmal täglich oral zu einer Mahlzeit.

Mitteilung der FDA vom 11.08.2011


Zulassung für Vemurafenib (Zelboraf, Roche): Vemurafenib ist zugelassen für die Behandlung von Patienten mit inoperablem oder metastasiertem Melanom, allerdings nur bei Patienten mit einer bestimmten Protein-Mutation, der BRAF-V600-Mutation. Die Mutation muss durch den ebenfalls von der FDA zugelassenen Test „cobas 4800 BRAF V600“ nachgewiesen werden. Das BRAF-Protein ist normalerweise bei der Regulation des Zellwachstums beteiligt und liegt bei etwa der Hälfte der Patienten mit fortgeschrittenem Melanom in mutierter Form vor. Diese mutierten Formen des BRAF-Proteins werden durch Vemurafenib gehemmt.

Mitteilung der FDA vom 17.08.2011


Sicherheitshinweis zu Fluconazol (z. B. Diflucan) in der Schwangerschaft: Bei Einnahme hoher Dosen von Fluconazol (400–800 mg/Tag) über einen längeren Zeitraum im ersten Trimester der Schwangerschaft könnte es in seltenen Fällen zu ausgeprägten Schäden beim Kind kommen. Diese Dosierung wird bei schweren, lebensbedrohlichen Pilzinfektionen eingesetzt. Die Fachinformationen werden entsprechend geändert. Für Dosierungen, wie sie zur Behandlung einer vaginalen Candidose eingesetzt werden, besteht kein Grund zur Änderung der Risikoeinschätzung.

Mitteilung der FDA vom 03.08.2011


Sicherheitshinweis zu Citalopram (z. B. Cipramil) in hoher Dosierung: Das Antidepressivum Citalopram soll nicht mehr in Dosen höher als 40 mg pro Tag angewendet werden, weil es zu einer QT-Zeit-Verlängerung im EKG kommen kann, die potenziell Ursache für fatale Herz-Rhythmusstörungen sein kann.

Mitteilung der FDA vom 24.08.2011

Wichtige Mitteilungen der AkdÄ

Rote-Hand-Brief zu Dasatinib (Sprycel, Bristol-Myers Squibb) wegen pulmonaler arterieller Hypertonie: Bei Behandlung mit dem Tyrosinkinaseinhibitor besteht ein potenzielles Risiko einer präkapillären, pulmonalen arteriellen Hypertonie (PAH). In der Pharmakovigilanz-Datenbank des Herstellers wurden Fälle von PAH in Zusammenhang mit der Behandlung mit Dasatinib identifiziert. In dem Rote-Hand-Brief werden Empfehlungen gegeben, um das Risiko einer PAH zu minimieren. Die Fachinformation wurde entsprechend geändert.

Dasatinib ist in der EU seit November 2006 zugelassen bei neu diagnostizierter Philadelphia-Chromosom-positiver (Ph+) chronischer myeloischer Leukämie (CML) und Resistenz oder Intoleranz gegenüber einer vorherigen Behandlung einschließlich Imatinib sowie bei Ph+ akuter lymphatischer Leukämie (ALL).

Drug Safety Mail der AkdÄ Nr. 165 vom 04.08.2011


Rote-Hand-Brief zu pegyliertem liposomalem Doxorubicin (Caelyx, Janssen-Cilag) wegen Lieferengpass: Vermutlich kommt es in Deutschland über einen Zeitraum von mehreren Monaten zu Engpässen in der Patientenversorgung. Daher wird empfohlen, bereits mit Caelyx therapierte Patienten prioritär gegenüber Neueinstellungen zu behandeln. Behandlungsalternativen sollten in Betracht gezogen werden. Der wirksame Bestandteil von Caelyx ist Doxorubicin, ein zytotoxisches Anthrazyklin-Antibiotikum. Zugelassen ist das Arzneimittel bei metastasierendem Mammakarzinom, fortgeschrittenem Ovarialkarzinom, progressivem multiplen Myelom und AIDS-assoziiertem Kaposi-Sarkom.

Drug Safety Mail der AkdÄ Nr. 167 vom 08.08.2011


Rote-Hand-Brief zu Rituximab (MabThera, Roche) wegen potenziell tödlicher Infusionsreaktionen bei der Behandlung von Patienten mit rheumatoider Arthritis: Zugelassen ist der gegen CD20 (wird auf B-Lymphozyten exprimiert) gerichtete Antikörper zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis sowie bei bestimmten Formen von Non-Hodgkin-Lymphomen und chronisch lymphatischer Leukämie. Zu den wesentlichen unerwünschten Arzneimittelwirkungen gehören infusionsbedingte Reaktionen. In seltenen Fällen kann es zu schweren, auch tödlich verlaufenden infusionsbedingten Reaktionen kommen. Nach neuesten Erkenntnissen können solche Reaktionen auch bei Patienten mit rheumatoider Arthritis vorkommen. Die Fachinformationen werden derzeit entsprechend aktualisiert.

Drug Safety Mail der AkdÄ Nr. 166 vom 08.08.2011


Rote-Hand-Brief zu Vimpat-Sirup (Wirkstoff: Lacosamid, UCB Pharma) wegen Qualitätsmangel: Das Antiepileptikum ist indiziert zur Zusatzbehandlung fokaler Anfälle mit oder ohne sekundäre Generalisierung bei Epilepsiepatienten ab 16 Jahren. Die Darreichungsform Vimpat 15 mg/ml Sirup wird seit 15. September 2011 wegen eines Qualitätsmangels zurückgerufen. Aufgrund von Ausfällungen ist der Wirkstoff Lacosamid nicht homogen im Sirup verteilt, so dass es zu Über- oder Unterdosierungen kommen kann. Andere Darreichungsformen von Vimpat (Tabletten, Infusionslösung) sind nicht betroffen. Wenn möglich, sollten die Patienten von Sirup auf Tabletten umgestellt werden. Für Patienten, die keine Tabletten einnehmen können, wird die Möglichkeit geprüft, die in den USA zugelassene Vimpat 10 mg/ml Lösung zum Einnehmen verfügbar zu machen. Falls von Lacosamid auf eine alternative Behandlung der Epilepsie umgestellt wird, ist ein schrittweises Absetzen empfohlen.

Drug Safety Mail der AkdÄ Nr. 163 vom 29.07.2011


Sicherheitshinweis zu Metamizol (z. B. Novalgin®) wegen Agranulozytose: Anlass für die Erinnerung an die seit langem bekannte, sehr seltene Nebenwirkung von Agranulozytosen unter Metamizol-Therapie ist der dramatische Fall einer 41-jährigen Patientin, die über etwa zehn Wochen wegen Rückenschmerzen 3-mal täglich 30 Tropfen Metamizol eingenommen hatte. Sie entwickelte eine Agranulozytose, im Verlauf entstanden mehrere Komplikationen, so dass die Frau erst nach fünf Wochen Krankenhausaufenthalt in die ambulante Betreuung entlassen werden konnte. Außerdem gibt es eine Zunahme der Meldungen von Agranulozytosen im Zusammenhang mit Metamizol in den letzten Jahren. Insgesamt sind zwischen 1990 und 2010 etwa 300 Fälle von Agranulozytosen im Zusammenhang mit Metamizol gemeldet worden, mit einem tödlichen Ausgang in etwa 20% der Fälle. Der große Anteil von letalen Verläufen ist wahrscheinlich auf einen sogenannten Reporting Bias zurückzuführen, da schwer bzw. tödlich verlaufende Fälle eher als unkomplizierte Verläufe gemeldet werden.

Metamizol wurde in den 70er Jahren in vielen Ländern aufgrund des Risikos von Agranulozytosen vom Markt genommen (z. B. USA, Australien, Japan sowie in den meisten Ländern der Europäischen Union). In Deutschland wurden im Jahr 1987 alle Metamizol-haltigen Kombinationspräparate vom Markt genommen und die Monopräparate der Rezeptpflicht unterstellt. Darüber hinaus wurden die Indikationen eingeschränkt auf: akute starke Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen, Koliken, Tumorschmerzen, sonstige akute oder chronische starke Schmerzen, soweit andere therapeutische Maßnahmen nicht indiziert sind, und hohes Fieber, das auf andere Maßnahmen nicht anspricht. Aufgrund der Gefahr von Schockreaktionen ist dabei die parenterale Anwendung von Metamizol ausdrücklich nur dann indiziert, wenn eine orale Applikation nicht infrage kommt.

Trotz dieser Indikationseinschränkungen verzehnfachte sich die Zahl der Metamizol-Verordnungen in Deutschland im ambulanten Bereich von etwa zehn Millionen Tagesdosen im Jahr 1990 auf mehr als 110 Millionen im Jahr 2009. Da es sich bei der Agranulozytose um eine sehr seltene unerwünschte Arzneimittelwirkung handelt (<1 von 10000), sieht die überwiegende Mehrzahl der Ärzte auch bei langjähriger Verschreibung von Metamizol keinen Fall einer Agranulozytose. Dies trägt möglicherweise zur Unterschätzung des Risikos und zur Verordnung außerhalb der zugelassenen Indikationen bei.

Aus Sicht der AkdÄ sollte Metamizol strikt nur innerhalb der o. a. zugelassenen Indikationen verordnet werden.

Drug Safety Mail der AkdÄ Nr. 168 vom 19.08.2011

In dieser Rubrik werden wichtige aktuelle Meldungen nationaler und internationaler Arzneimittelbehörden zusammengefasst, die bis Redaktionsschluss vorliegen. Berücksichtigt werden Meldungen folgender Institutionen:

EMA www.ema.europa.eu

Die European Medicines Agency (EMA) ist für die zentrale Zulassung und Risikobewertung von Arzneimitteln in Europa zuständig. Die vorbereitende wissenschaftliche Evaluation erfolgt für Humanarzneimittel durch das CHMP (Committee for Medicinal Products for Human Use), bei Arzneimitteln für seltene Erkrankungen durch das COMP (Committee for Orphan Medicinal Products).

FDA www.fda.gov

Die US Food & Drug Administration (FDA) ist die US-amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde.

BfArM www.bfarm.de

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist eine selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit und u. a. zuständig für Zulassung und Pharmakovigilanz in Deutschland.

AkdÄ www.akdae.de

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) bietet unter anderem unabhängige aktuelle neue Risikoinformationen zu Arzneimitteln (z. B. Risikobekanntgaben, Rote-Hand-Briefe)

Krankenhauspharmazie 2011; 32(10)