Prof. Dr. Irene Krämer, Präsidentin des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) e.V.
Die Krankenhausapotheker Deutschlands haben den Anspruch, die sichere, effektive und wirtschaftliche Arzneimitteltherapie aller Krankenhauspatienten zu bewirken. Dazu braucht es eine gute Ausbildung, eine gute Weiterbildung, eine kontinuierliche Fortbildung, professionelle Verantwortung, Innnovationsfreude, Engagement, Redlichkeit und Idealismus. Wir haben in Deutschland viele Krankenhausapotheker, die diese Ansprüche erfüllen. Doch bedarf es einer noch besseren Ausbildung und Fachweiterbildung für die klinisch tätigen Krankenhausapotheker, noch mehr Nähe zum Patienten, noch mehr Engagement bei innovativen klinisch-pharmazeutischen Dienstleistungen, noch mehr wissenschaftliche Untersuchungen zum Nutzen eines klinischen Pharmazeuten und noch mehr mittel- und langfristiges Denken bezüglich der Institution Krankenhausapotheke und der Aufgaben der Krankenhausapotheker.
Selbstverständlich muss im Gesundheitswesen wirtschaftlich gehandelt werden – allerdings nicht zu Lasten der Behandlungsqualität. Wir setzen nicht auf die kurzfristigen wirtschaftlichen Erfolge durch scheinbar clevere Geschäftsideen, die letztendlich unsere Profession nicht voranbringen, sondern ihr früher oder später schaden. Es ist nicht unser Ziel, möglichst viele Betten über größere Entfernungen und ohne klinisch-pharmazeutische Betreuung der Patienten zu versorgen (in diesem Zusammenhang ist der unpersönliche Begriff „Betten“ tatsächlich zutreffender als „Patienten“). Die Arzneimitteltherapiesicherheit ist eindeutig gefährdet, wenn unter rein monetären Aspekten eine überzogene zentralisierte Versorgung mit minimaler Personalkapazität etabliert wird. Das muss im Sinne einer guten Patientenversorgung und eines guten Rufs des Krankenhauses vermieden werden und auch den Protagonisten in den Krankenhausleitungen klar sein oder klargemacht werden. Es sind die gleichen Protagonisten, die eine Versorgungsapotheke als echte Alternative zur eigenen Krankenhausapotheke sehen und nur kurzfristig denken und handeln. Schlechte Krankenhauspharmazie zu akzeptieren oder sich gar daran zu beteiligen, um keine persönlichen Nachteile zu erleiden, ist nur vorübergehend hilfreich.
Wir müssen diesen Entwicklungen bestimmt und beharrlich entgegentreten, auch wenn es nicht immer angenehm ist. Jeder Krankenausapotheker muss die Wertigkeit der Krankenhausapotheke in seinem Umfeld sichtbar machen, und wir als ADKA-Repräsentanten müssen sie immer wieder bei den Verbänden der Krankenhausträger darstellen. Die Wertigkeit einer Krankenhausapotheke kann sich nicht allein an dem finanziellen Beitrag aus Erlösen aus den Ambulanzen festmachen, sondern sie manifestiert sich beispielsweise darin, dass Zytostatikaverordnungen sorgfältig geprüft werden, eine gute Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker die Behandlungsqualität verbessert, Interaktionen geprüft und Patienten zu ihrer Medikation beraten werden. Die Etablierung eines „Antibiotic Stewardship“-Programms, einer Arzneimittelanamnese durch den Krankenhausapotheker und einer Zusammenarbeit mit den einweisenden Ärzten sowohl in der Arzneimittelkommission als auch im Bereich der Entlassmedikation bringen dem Krankenhaus mittel- und langfristig Vorteile. Langfristiges Denken bedeutet, seine Krankenhausapotheke als unabdingbar zu erkennen und mit einer adäquaten Personalkapazität auszustatten.
Die Qualität der pharmazeutischen Versorgung ist auch Mittelpunkt der neuen Apothekenbetriebsordnung. Solide fachliche und sachliche Argumente sowie profunde Gespräche mit den verantwortlichen Politikern und Mitarbeitern in den Ministerien haben dazu geführt, dass Qualität nicht mit unverhältnismäßigem Ressourceneinsatz erkauft werden muss. Die qualitativ hochwertige Arzneimittelherstellung wird auch zukünftig in den deutschen Krankenhausapotheken ohne verschwenderische Ausgaben möglich sein, auch wenn interessierte Kreise das gerne anders darstellen. Dass auch die klinisch-pharmazeutischen Dienstleistungen in das Qualitätsmanagementsystem einzubinden sind, ist zukunftsträchtig und war in den Stellungnahmen zum Entwurf der Apothekenbetriebsordnung ein erklärtes Ziel der Krankenhausapotheker. Die Krankenhausapotheken in Deutschland haben nicht den Komfort eines gesetzlichen Bestandsschutzes. Sie müssen sich beweisen und dem Wettbewerb stellen. Das trägt auch zur Profilierung der Krankenhauspharmazie bei, solange der Wettbewerb nicht unlauter ist.
Nicht um den Wettbewerb zu verhindern, aber um die Qualität der Versorgung zu bessern, sollte bei bestimmten Arzneimitteln die Ausnahme von der Apothekenpflicht nach § 47 Arzneimittelgesetz (AMG) überdacht werden, denn hier sehen wir eine Bedrohung der Arzneimittelsicherheit. Als Beitrag zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit ist zu werten, dass sich die Behörden der Komplexität und Sensitivität von großvolumigen Infusionslösungen zur parenteralen Ernährung bewusst sind und die konsequente Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Vertriebs über die Apotheke fordern. Ungeeignete Primär- und Sekundärverpackungen, unsachgemäßer Transport und falsche Lagerung kommen in diesem Produktsortiment häufig vor, und konsequente Mängeldokumentation, Reklamation und Mängelbeseitigung sind vom Krankenhausapotheker aufgrund seiner Ausbildung, seiner Fachkenntnisse und seines Verantwortungsbewusstseins am ehesten zu erwarten.
Analog stellt sich die Frage nach einem ausreichenden Bewusstsein für die Sicherheit bei komplexen Medizinprodukten, die vielfach auch Wirkstoffe enthalten. Medizinprodukte sind gemäß § 6 Medizinprodukte-Verschreibungsverordnung (MPVerschrV) von der Verschreibungspflicht ausgenommen, soweit sie der Zweckbestimmung nach nur von einem Arzt oder Zahnarzt angewendet werden können. Dies hat zur Folge, dass Medizinprodukte – und damit auch Implantate –, die hochwirksame Arzneimittel enthalten, zum Beispiel Wundauflagen mit Antiseptika, Knochenzemente mit Gentamicin, Vancomycin oder Teicoplanin sowie Paclitaxel-beschichtete Ballonkatheter und mit Everolimus oder Paclitaxel beschichtete Stents von Einkaufsabteilungen ohne Fachkenntnis unter Umgehung der Krankenhausapotheke eingekauft werden können. Die Hersteller von Medizinprodukten versuchen, diese Regelung so weit wie irgend möglich auszuschöpfen und ihre Produkte im Krankenhaus zu platzieren. Wirksamkeit, Sicherheit und Nutzen dieser Produkte sind jedoch nach unserem Dafürhalten nicht ausreichend belegt. Die Apothekenpflicht für Medizinprodukte würde zumindest eine kritischere Auseinandersetzung mit den Eigenschaften der Produkte bewirken und die Abwicklung von Rückrufen verbessern. Natürlich kann jede Krankenhausleitung die Versorgung mit Medizinprodukten dem Verantwortungsbereich der Krankenhausapotheke zuordnen, doch das erfordert wiederum mittel- und langfristiges Denken in den Leitungsgremien der Krankenhäuser.
Beachtlich ist die Professionalität und Wissenschaftlichkeit der Krankenhausapotheker. Im letzten Jahr wurde die ADKA in die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF) aufgenommen. In diesem Jahr werden am wissenschaftlichen Kongress der ADKA fast 100 fachlich anspruchsvolle Poster mit innovativen Inhalten präsentiert. Viele Krankenhausapotheker sind in die Lehre im Fach Klinische Pharmazie an den Fachbereichen Pharmazie eingebunden und wissenschaftlich tätig. Weiterhin wird maßgeblich von Krankenhausapothekern ein Studiengang mit international anerkanntem akademischen Titel „Master of Science“ (M. Sc.) im Bereich der Krankenhauspharmazie gestaltet.
In Europa ist die Spezialisierung in den Gesundheitsberufen und deren gegenseitige Anerkennung in den einzelnen Mitgliedsstaaten ein großes Thema. Die Umsetzung wird in Deutschland nicht einfach werden, denn wir müssen die Fachweiterbildung an die Universität bringen und voraussichtlich auf vier Jahre ausdehnen. Im Bereich der spezialisierten Ausbildung und Fachweiterbildung von Krankenhausapothekern haben wir im europäischen Vergleich noch Nachholbedarf. Verbesserungen können wir nur in Zusammenarbeit mit den Fachbereichen der Universitäten, den Apothekerverbänden und den verantwortlichen Ministerien erreichen. Das heißt, wir brauchen einen langen Atem. Mittel- und langfristig müssen die Approbations- und Weiterbildungsordnung aktualisiert werden. Aber nur eine profunde Aus- und Weiterbildung wird die Krankenhauspharmazie und die Pharmazie in Deutschland auf die Dauer stärken. Auf diese Einschätzung müssen unsere Partner vertrauen und die Entwicklung mit uns aufnehmen.
Ich habe mich sehr gefreut, dass ich in den letzten beiden Jahren als Präsidentin unternehmerisch für unseren Verband tätig sein konnte. Ich danke allen, die mich dabei tatkräftig unterstützt und mit mir Gespräche zur Entwicklung der Krankenhausapotheke geführt haben, sowie all denen, die sich mittel- und langfristig für das Unternehmen Krankenhaus und Krankenhausapotheke einsetzen.
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