Selbstmedikation bei Krebspatienten


Eine Erhebung des Krebsinformationsdienstes, Deutsches Krebsforschungszentrum

Birgit Hiller, Heidelberg

Im Jahr 2010 führte der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums eine Befragung zum Thema Selbstmedikation durch. Zielgruppe waren 659 Patienten, die sich an den telefonischen Informationsdienst gewandt hatten. 338 Patienten verwendeten zum Zeitpunkt ihres Anrufs Mittel, die nicht von ihrem Arzt verordnet oder empfohlen worden waren. Dagegen verzichteten 321 auf jegliche Selbstmedikation. An der Spitze der insgesamt 620 genannten Produkte standen Vitamine, Mineralien und weitere Nahrungsergänzungsmittel. Es folgten als Arzneimittel zugelassene, aber rezeptfreie Phytotherapeutika und homöopathische Mittel, weitere OTC(Over the counter)-Arzneimittel wie etwa Laxanzien und Schmerzmittel, schließlich nannten die Befragten noch Tees, Säfte und Diätprodukte sowie Enzympräparate, denen eine krebsspezifische Wirkung oder eine Linderung von Therapienebenwirkungen zugeschrieben wird. Besonders hoch war der Anteil der Selbstmedikation bei brustkrebskranken Frauen. Bei der weiteren Auswertung ließen sich jedoch deutliche Unterschiede in der tatsächlichen Anwendung identifizieren: Während ein Teil der Befragten angab, am Vorabend ein „Aspirin“ oder „ausnahmsweise ein Abführmittel“ eingenommen zu haben, nutzten andere Krebspatienten eine Kombination der Vitamine A, C und E plus Zink und nahmen dazu noch ein Multivitamin-Multimineralstoffpräparat. Männer mit Prostatakrebs ergänzten Selen, Frauen mit Brustkrebs nahmen zusätzlich noch Phytohormone. Mögliche Risiken schienen diesen Nutzern nicht bewusst zu sein. Pharmazeuten kommt angesichts dieser Situation eine Schlüsselrolle zu: Ihre Aufgabe ist es, nicht nur Patienten, sondern alle an der Versorgung beteiligten Berufsgruppen in der Onkologie über die Grenzen und Risiken jeder Selbstmedikation aufzuklären und sie insbesondere auf das Fehlen evidenzbasierten Wissens über mögliche Risiken, Neben- oder Wechselwirkungen von Nahrungsergänzungsmitteln und mancher komplementärer und alternativer Verfahren hinzuweisen.

Schlüsselwörter:
Onkologie, Selbstmedikation, Nahrungsergänzungsmittel, OTC-Arzneimittel, komplementäre und alternative Krebsmedizin (CAM)

Krankenhauspharmazie 2013;34:2–6.

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