Fragen an Sabine Steinbach MSc, Sprecherin der Leitliniengruppe zur Erstellung der ADKA-Leitlinie für die Versorgung der Krankenhauspatienten durch Krankenhausapotheken


Das Interview führte Dr. Matthias Fellhauer

Die Versorgung der Krankenhauspatienten durch Krankenhausapotheken ist in der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) und der einschlägigen BAK-Leitlinie bereits recht umfassend reguliert. Was hat die ADKA dazu bewogen, das Thema in einer weiteren, verbandseigenen Leitlinie aufzugreifen?

Sabine Steinbach: Ende 2011 beauftragte der ADKA-Vorstand uns, den Ausschuss für Qualitätsmanagement, die Empfehlungen der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung „Versorgung der Krankenhauspatienten durch Apotheken“ in eine ADKA-Leitlinie zu überführen. Der ADKA war es an dieser Stelle wichtig, dass die „Gute Praxis der Arzneimittelversorgung von Krankenhauspatienten“ als Leitlinie der Fachgesellschaft definiert wird. Die Leitlinie soll den Stand von Wissenschaft und Technik für die qualitätsgesicherte und ortsnahe klinisch-pharmazeutische Versorgung von Krankenhauspatienten festschreiben. Insbesondere in kritischen Situationen soll von Behörden, Krankenhausträgern und Krankenhausapotheken hierauf verbindliche Bezug genommen werden können.

Aufbauen konnten wir auf den Empfehlungen der Bundesapothekerkammer, an deren Erstellung die ADKA, vertreten durch Dr. Steffen Amann und Dr. Elfriede Nusser-Rothermundt, maßgeblich beteiligt war. Dies machen wir auf dem Deckblatt durch den Hinweis „Basierend auf den Empfehlungen der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung – Versorgung der Krankenhauspatienten durch Apotheken“ kenntlich und erläutern es in der Präambel. Damit wollen wir deutlich machen, dass die ADKA-Leitlinie nicht die Arbeit der Expertengruppe allein war, sondern auf den Empfehlungen der Bundesapothekerkammer aufbaut.

Mit berücksichtigen konnten wir die novellierte Apothekenbetriebsordnung, aktuelle Urteile in der Rechtsprechung und Entwicklungen im Bereich der Krankenhauspharmazie. So war es möglich, die Versorgung von Krankenhauspatienten durch Krankenhausapotheken spezifisch und umfassend zu beschreiben.

Leitlinien – auch ADKA-Leitlinien – sind nach einem definierten Procedere zu erstellen. Wie sind Sie bei der Erstellung dieser Leitlinie methodisch vorgegangen?

Die Erstellung von ADKA-Leitlinien ist in einer Leitlinie der ADKA zur Qualitätssicherung festgelegt. Danach beauftragt der ADKA-Vorstand ein Expertengremium, in diesem Falle den Ausschuss für Qualitätsmanagement, mit der Erstellung einer Leitlinie. Hier war es die Überführung der Empfehlungen der Bundesapothekerkammer zur „Versorgung der Krankenhauspatienten durch Apotheken“ aus dem Jahr 2010 in eine Leitlinie unserer Fachgesellschaft. Die Expertengruppe erarbeitet einen Vorschlag, der zur Konsensfindung allen ADKA-Mitgliedern über die ADKA-Landesverbände vorgestellt wird. Nach Diskussion und Einarbeitung aller Änderungswünsche durch das Expertengremium erfolgte eine zweite Anhörung im Rahmen der Landesverbände. Für die Anhörungen wurde den Landesverbänden in diesem Falle jeweils drei Monate Zeit gegeben. Abschließend wurden alle Anmerkungen erneut diskutiert und in den Leitlinienentwurf eingearbeitet. Die finale Version wird dem ADKA-Vorstand zur Verabschiedung und Autorisierung vorgelegt. Am 7. November 2013 verabschiedete der ADKA-Vorstand die Leitlinie „Versorgung von Krankenhauspatienten durch Krankenhausapotheken“, die dann im Dezember-Heft 2013 der Krankenhauspharmazie veröffentlicht wurde.

Wichtig ist mir an dieser Stelle zu erwähnen, dass sich über das Procedere der ADKA alle Mitglieder an der Erstellung einer Leitlinie aktiv beteiligen können und somit ein breiter Konsens erreicht werden kann.

Die externe Begutachtung der Leitlinie erfolgte vor allem über die ADKA-Landesverbände. Welches waren die wesentlichen Punkte, die über diesen Weg noch Einzug in die Leitlinie gefunden haben?

Die Landesverbände haben sich sehr rege in die Überarbeitung der Leitlinie eingebracht. Ein ganz wesentliches Anliegen mehrerer Landesverbände war die Aufnahme von Antibiotic Stewardship in die Leitlinie. Der rationale Einsatz von Antibiotika bei Infektionskrankheiten unter Berücksichtigung der Resistenzsituation ist zu einer extrem wichtigen Aufgabe geworden, bei der auch die Krankenhausapotheker einen wesentlichen Beitrag im interdisziplinären therapeutischen Team leisten.

Daneben wurde intensiv die Frage diskutiert, über welche Entfernung und in welchem zeitlichen Rahmen die Notfallversorgung und Fremdversorgung eines Krankenhauses durch eine Apotheke erfolgen kann. Hier orientiert sich die Leitlinie am Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes Leipzig vom 30. August 2012.

Leitlinien sollten wenn möglich evidenzbasiert sein. Nun ist die Evidenz in Form von wissenschaftlichen Studien bei diesem Thema naturgemäß begrenzt. Wie ist man in der Leitliniengruppe mit diesem Problem umgegangen?

Die Leitlinie „Versorgung von Krankenhauspatienten durch Krankenhausapotheken“ stellt auch vor diesem Hintergrund eine Besonderheit dar, da sie das gesamte Spektrum der Krankenhausversorgung durch die Krankenhausapotheke abbildet. Damit gibt die Leitlinie den notwendigen Rahmen für die Versorgung vor. Leider gibt es für diesen Rahmen keine wissenschaftlichen Studien, die den Mehrwert der Versorgung und das verbesserte Outcome beim Patienten zeigen. Aber es gibt durchaus Studien zu Teilbereichen unseres Versorgungsauftrags, die deutlich zeigen, dass der Krankenhausapotheker einen wesentlichen Beitrag zur Arzneimitteltherapiesicherheit leistet. Ich denke hier zum Beispiel an die rheinland-pfälzische Studie zur Entlassungsmedikation, die unter Federführung von Dr. Claudia Mildner und Prof. Dr. Irene Krämer in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Rheinland-Pfalz und der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz durchgeführt wurde.

Hier haben wir Krankenhausapotheker für die Zukunft die wichtige Aufgabe, das Ergebnis unserer Arbeit zu messen und unseren Anteil an der sicheren Arzneimitteltherapie ergebnisorientiert darzustellen.

Es liegen durchaus wissenschaftliche Studien zu patientenbezogenen Dienstleistungen vor. Diese Studien müssen bei der zukünftigen Leitlinienarbeit berücksichtigt werden und werden sicher Eingang in unsere speziellen Leitlinien finden.

Konnten Sie bei der Erstellung von Erfahrungen in anderen Ländern profitieren und Inhalte dort bereits bestehender Leitlinien in die ADKA-Leitlinie übernehmen?

Ja, dies gilt ganz besonders für die Ausführungen zum Antibiotic Stewardship. Hier haben wir uns, da zum Zeitpunkt der Überarbeitung unserer Leitlinie die aktuelle AWMF-S3-Leitlinie „Strategien zur Sicherung rationaler Antibiotika-Anwendung im Krankenhaus“ noch nicht verabschiedet war, auf die amerikanische Leitlinie der IDSA zur Entwicklung von Antimicrobial-Stewardship-Programmen bezogen.

Die Beratung und die patientenorientierten Dienstleistungen nehmen in der Leitlinie einen breiten Raum ein. Dafür gibt es sicher gute Gründe?

Die Beratung unserer Patienten und der sie betreuenden Ärzte und Pflegekräfte und unser Angebot an patientenbezogenen Dienstleistungen sind unsere wichtigsten Kernkompetenzen neben der Sicherstellung der pharmazeutischen Logistik und der Herstellung von Arzneimitteln. Die Herstellung von Arzneimitteln erfolgt schon immer qualitätsorientiert und qualitätsgesichert. Hierzu existieren seit vielen Jahren Leitlinien der Bundesapothekerkammer und ergänzende Leitlinien der ADKA, auf die in der Leitlinie Bezug genommen wird. Unser Anspruch, dem Patienten den bestmöglichen Nutzen aus seiner Arzneimitteltherapie zu schaffen, kann nur erfüllt werden, wenn der Patient bestmöglich entweder direkt oder indirekt über das therapeutische Team beraten wird und unsere pharmazeutischen Dienstleistungen dazu beitragen, dass der richtige Patient das richtige Arzneimittel in der richtigen Dosierung in der richtigen Arzneiform zum richtigen Zeitpunkt richtig informiert und dokumentiert erhält. Deshalb nimmt dieses Thema in unserer Leitlinie einen breiten Raum ein. Dabei werden wir in Zukunft diese Themen sicherlich zusätzlich in spezifische Leitlinien darstellen und weiter entwickeln. Mit der Leitlinie geben wir unseren Kollegen wichtige Anhaltspunkte, um im Rahmen des Qualitätsmanagements nach Apothekenbetriebsordnung die Beratung des Patienten und seines Umfeldes im Krankenhaus sicherzustellen.

Welchen Rat würden Sie Apothekenleitern geben, die die Leitlinie in ihr lokales QM integrieren und die Empfehlungen in der Praxis umsetzen wollen?

Wir können nur allen Apothekenleitern empfehlen, die ADKA-Leitlinie „Versorgung von Krankenhauspatienten durch Krankenhausapotheken“ in ihr Qualitätsmanagement zu integrieren. Denn sie beinhaltet die Beschreibung aller wesentlichen pharmazeutischen Tätigkeitsfelder einer modernen Krankenhausapotheke und deren regulatorische Anforderungen. Soweit es für bestimmte Tätigkeiten gesonderte Leitlinien gibt, wie zum Beispiel die „Anforderungen an eine Unit-Dose-Versorgung in der Krankenhausapotheke“ oder die „GCP-konforme Mitarbeit an klinischen Prüfungen ohne Herstellungserlaubnis – Rekonstitution klinischer Prüfpräparate“, erfolgt ein entsprechender Hinweis. Im Sinne einer Gap-Analyse kann der Apothekenleiter prüfen, inwieweit die eigenen Prozesse mit den in der Leitlinie beschriebenen übereinstimmen. Sollten nicht beabsichtigte Lücken bestehen, so können diese im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses die Zielvorgabe für die Entwicklung der Apotheke darstellen.

Die Leitlinie könnte auch bei der Darstellung pharmazeutischer Leistungen beispielsweise gegenüber Klinikverwaltungen hilfreich sein. Hat dieser Aspekt bei der Erstellung der Leitlinie ebenfalls eine Rolle gespielt?

Die Leitlinie definiert die „Gute Praxis der Arzneimittelversorgung von Krankenhauspatienten“. Diese Definition gilt natürlich nicht nur apothekenintern für die Apotheke und ihre Mitarbeiter, die die „Gute Praxis der Arzneimittelversorgung der Krankenhauspatienten“ sicherstellen müssen. Genauso gilt die Leitlinie auch extern für die Betreiber einer Krankenhausapotheke, die die Struktur für die „Gute Praxis der Arzneimittelversorgung“ ermöglichen müssen. Ebenso gilt sie für diejenigen, die die „Gute Praxis der Arzneimittelversorgung“ einfordern müssen. Entweder weil sie als Klinikverwaltung die eigene Klinik durch eine andere Krankenhausapotheke versorgen lassen wollen oder weil sie die Versorgung eines Krankenhauses durch eine Krankenhausapotheke als Aufsichtsbehörde überprüfen wollen.

Insbesondere in kritischen Situationen soll von Behörden, Krankenhausträgern und Krankenhausapotheken hierauf verbindliche Bezug genommen werden. Denn die Leitlinie „Versorgung von Krankenhauspatienten durch Krankenhausapotheken“ gibt den Stand von Wissenschaft und Technik für die qualitätsgesicherte und ortsnahe klinisch-pharmazeutische Versorgung von Krankenhauspatienten wieder.

Gibt es zu der Leitlinie bereits Rückmeldungen aus der Praxis?

Aus dem Kollegenkreis liegen nur wenige Anfragen vor. Das erstaunt uns nicht, da ja gerade unser Leitlinienverfahren vorsieht, dass neue Leitlinien im Konsens entwickelt werden. Die bisherigen Anfragen bezogen sich vor allem auf die Vorgabe der novellierten Apothekenbetriebsordnung, ein Qualitätsmanagementsystem entsprechend Art und Umfang der pharmazeutischen Tätigkeiten nachzuweisen. Hier kann die Leitlinie das Gerüst zu Art und Umfang der betrieblichen Abläufe in einer Krankenhausapotheke und die erforderliche Qualität vorgeben. Nicht zuletzt gab es viele positive Rückmeldungen zur Leitlinie, da sie doch das komplexe Spektrum der Krankenhauspharmazie recht kompakt und aktuell abbildet.

Gibt es Themen, die für zukünftige ADKA-Leitlinien bereits in der Pipeline sind?

Aktuell ist eine Projektgruppe durch den ADKA-Vorstand mit der Erstellung einer Leitlinie zum Thema Schnittstellenmanagement beauftragt. Ebenso liegt ein Auftrag zur Erstellung einer Leitlinie „Parenterale Ernährung für Kinder“ vor. Darüber hinaus sind einige Kollegen aufgrund ihrer Expertise in die Erstellung diverser AWMF-Leitlinien eingebunden und bringen dort ihren pharmazeutischen Sachverstand ein. Weiterhin gibt es Überlegungen, unser vielfältiges Angebot an pharmazeutischen Dienstleistungen auch in einzelnen Leitlinien abzubilden. Hier werden sich sowohl der Ausschuss für Qualitätsmanagement als auch die übrigen Fachausschüsse der ADKA in Zukunft einbringen müssen.

Sabine Steinbach, Apotheke Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen gGmbH, Feldstraße 16, 54290 Trier

Dr. Matthias Fellhauer, Apotheke der Schwarzwald-Baar-Klinikum Villingen-Schwenningen GmbH, Klinikstraße 11, 78052 Villingen-Schwenningen

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