Aktuelle Meldungen von EMA, FDA, BfArM und AkdÄ


Bettina Christine Martini, Legau

Wichtige Mitteilungen von EMA und CHMP

Zulassung erfolgt für

  • Elbasvir/Grazoprevir (Zepatier, MSD) als fixe oral anwendbare Kombination zur Therapie der chronischen Hepatitis-C-Infektion (siehe Notizen Nr. 7/2016)
  • Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil als HIV-Präexpositionsprophylaxe in Kombination mit Safersex
  • Lenvatinib (Kisplyx, Eisai) bei nicht operablem lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Nierenzellkarzinom (siehe Notizen Nr. 9/2016)
  • Reslizumab (Cinqaero, Teva) als „Add-on-Therapie“ bei schwerem eosinophilem Asthma bronchiale (siehe Notizen Nr. 8/2016)

Wichtige Mitteilungen der FDA

Zulassung für Lixisenatid (Adlyxin, Sanofi-Aventis): Der GLP-1-Rezeptoragonist zur einmal täglichen Injektion wurde zur Verbesserung der Blutzuckerkontrolle bei erwachsenen Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 zugelassen als Monotherapie und in Kombination mit anderen oralen Antidiabetika einschließlich Metformin, Sulfonylharnstoffen, Pioglitazon sowie in Kombination mit einem Basal-Insulin.

Mitteilung der FDA vom 28.7.2016

Wichtige Mitteilungen der AkdÄ und des BfArM

Rote-Hand-Brief zu Idelalisib (Zydelig, Gilead) zu den aktualisierten Empfehlungen nach Abschluss der Überprüfung der Sicherheitsbehörden: Idelalisib ist in Kombination mit Rituximab in bestimmten klinischen Situationen zugelassen zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL). Als Monotherapie ist es indiziert bei erwachsenen Patienten mit follikulärem Lymphom (FL), das nach zwei vorausgegangenen Therapielinien refraktär ist.

In klinischen Studien zu Idelalisib als Zusatztherapie zur standardmäßigen Erstlinientherapie der CLL bzw. frühen Therapielinie des indolenten Non-Hodgkin-Lymphoms/kleinzelligen lymphozytischen Lymphoms (iNHL/SLL) hatten sich mehr infektionsbedingte Todesfälle unter Idelalisib gezeigt. Diese waren hauptsächlich auf Pneumocystis-jirovecii-Pneumonien (PJP) und Cytomegalie-Virus(CMV)-Infektionen zurückzuführen. Diese Studien umfassten Patientenpopulationen oder Behandlungskombinationen, die in der EU nicht zugelassen sind.

Im März 2016 hatte die EMA zunächst vorläufig von einer Erstlinienbehandlung mit Idelalisib bei CLL und 17p-Deletion oder TP53-Mutation abgeraten. Nach Abschluss der Überprüfung kommt sie zu dem Ergebnis, dass Idelalisib in Kombination mit Rituximab als Erstlinientherapie bei Patienten mit CLL und 17p-Deletion oder TP53-Mutation angewendet werden kann, wenn keine anderen Therapien geeignet sind.

Die risikominimierenden Maßnahmen zur Vorbeugung von Infektionen in allen Anwendungsgebieten wurden aktualisiert und um konkrete Empfehlungen zur Prophylaxe der PJP und einer Infektion mit CMV ergänzt.

AkdÄ Drug-Safety-Mail 28–2016 vom 23.8.2016


Ruhen der Zulassung bestimmter generischer Arzneimittel aufgrund mangelhafter Studien der Firma Semler Research Center Private:

Die Bedenken gehen auf Inspektionen der Firma durch die FDA und die WHO zurück, bei denen deutliche Mängel des Qualitätsmanagementsystems festgestellt worden waren. Diese führten zu erheblichen Zweifeln an der Glaubwürdigkeit der erhobenen Daten bei den dort durchgeführten Bioäquivalenzstudien. Die Studien der Firma werden daher als nicht valide angesehen und können nicht mehr als Grundlage für Zulassungen gelten. Die Anordnung des BfArM beruht auf einem Gutachten des CHMP vom 22. Juli 2016.

Eine Liste der betroffenen, seit dem 11. August 2016 nicht mehr verkehrsfähigen Arzneimittel ist verfügbar unter www.bfarm.de.

Dem BfArM liegen im Zusammenhang mit diesen Arzneimitteln keine Hinweise auf eine mangelnde Wirksamkeit oder eine Gefährdung der Patientensicherheit vor. Ein Rückruf der betroffenen Arzneimittel auf Patientenebene ist daher nicht vorgesehen. Patienten sollten sich bei Bedenken an ihren Arzt oder Apotheker wenden.

AkdÄ Drug-Safety-Mail 27–2016 vom 9.8.2016

Mitteilungen zur Nutzenbewertung des IQWiG

Afatinib (Giotrif, Boehringer Ingelheim) bei fortgeschrittenem Plattenepithelkarzinom der Lunge: Zusatznutzen nicht belegt.

Als zweckmäßige Vergleichstherapie wurden Docetaxel oder – wenn keine weitere Chemotherapie angezeigt ist – Best Supportive Care festgelegt. Für die zweite Fragestellung legte der Hersteller keine Daten vor.

Für die erste Fragestellung – Betroffene, die eine weitere Chemotherapie erhalten können – führt der Hersteller die Studie LUX-Lung 8 an. In ihr wurde Afatinib jedoch nicht mit Docetaxel, sondern mit Erlotinib verglichen. Dass diese beiden Wirkstoffe bei der Behandlung von Patienten mit Plattenepithelkarzinom therapeutisch gleichwertig seien, hat der Hersteller nicht ausreichend begründet. Das IQWiG stellt daher fest, dass kein Vergleich mit der zweckmäßigen Vergleichstherapie bewertet werden kann.

Mitteilung des IQWiG vom 1.8.2016


Brivaracetam (Briviact, UCB): Zusatznutzen nach wie vor nicht belegt.

Brivaracetam ist seit Januar 2016 als Zusatztherapie für Jugendliche ab 16 Jahren und Erwachsene mit epileptischen Krampfanfällen zugelassen. Bereits im Mai untersuchte das IQWiG den Wirkstoff in einer frühen Nutzenbewertung. Die vom Hersteller vorgelegten indirekten Vergleiche waren aus mehreren Gründen nicht geeignet, um einen Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie zu bewerten. Unter anderem hatte der Hersteller nicht alle relevanten Endpunkte ausgewertet. Im Stellungnahmeverfahren hat er nun einen weiteren indirekten Vergleich vorgelegt.

In dem Addendum, das der G-BA daraufhin beim IQWiG in Auftrag gegeben hat, stellt das Institut nun fest, dass dieser neue indirekte Vergleich methodisch besser ist. Unter anderem hat der Hersteller die fehlenden Endpunkte ausgewertet. Aus diesem nachgereichten Vergleich ergibt sich weiterhin kein Zusatznutzen von Brivaracetam gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie.

Mitteilung des IQWiG vom 4.8.2016


Emtricitabin/Tenofoviralafenamid (Descovy, Gilead) bei HIV-Infektion: Zusatznutzen nicht belegt.

Der G-BA hat nach Alter und Behandlungsstatus vier Gruppen von Patienten unterschieden. Der Hersteller lässt in seinem Dossier zwei Gruppen unbeachtet, nämlich vorbehandelte und therapienaive Jugendliche. Seiner Begründung, dass in den Leitlinienempfehlungen nicht zwischen Jugendlichen und Erwachsenen unterschieden werde und die Jugendlichen weniger als ein Prozent der Zielpopulation ausmachten, folgt das IQWiG nicht. Eine Suche nach entsprechenden Studien an Jugendlichen verlief jedoch erfolglos. Damit gilt: Ein Zusatznutzen der Kombination Emtricitabin/Tenofoviralafenamid gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie ist weder für therapienaive noch für vorbehandelte Jugendliche belegt.

Auch für therapienaive Erwachsene enthält das Dossier keine geeigneten Daten. Sie sollten laut G-BA im Vergleichsarm mit einer NRTI-Sockeltherapie (mit zwei nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren [NRTI]) und demselben dritten Kombinationspartner behandelt werden, der auch im Interventionsarm zusammen mit Emtricitabin/Tenofoviralafenamid zum Einsatz kommt: Efavirenz oder Rilpivirin oder Dolutegravir. Stattdessen führt der Hersteller Studien an, in denen im Prüfarm die neue Kombination mit Elvitegravir/Cobicistat kombiniert wurde und im Vergleichsarm die NRTI-Sockeltherapie Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil, ebenfalls mit Elvitegravir/Cobicistat, zum Einsatz kam. Der dritte Kombinationspartner (Elvitegravir/Cobicistat) entspricht demnach nicht der zweckmäßigen Vergleichstherapie.

Für vorbehandelte Erwachsene besteht die zweckmäßige Vergleichstherapie in einer individuellen antiretroviralen Therapie. Der Hersteller unterscheidet zwischen Personen mit Umstellungsindikation, etwa wegen Therapieversagen oder Nebenwirkungen, und solchen, bei denen die bestehende Therapie im Vergleichsarm fortgeführt werden kann. Für die erstgenannte Gruppe liegen keine Daten vor; ein Zusatznutzen von Emtricitabin/Tenofoviralafenamid gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie ist für sie daher nicht belegt.

Für die Gruppe ohne Umstellungsindikation führt der Hersteller zwei prinzipiell geeignete Studien an, in die aber möglicherweise auch einige Patienten mit Umstellungsindikation eingeschlossen wurden. Dies erschwert die Interpretation der Ergebnisse.

Bei Mortalität, Morbidität und gesundheitsbezogener Lebensqualität ergeben sich aus den Analysen keine Anhaltspunkte für einen Zusatznutzen der neuen Kombination gegenüber der Fortführung der bisherigen Therapie. In der Endpunktkategorie Nebenwirkungen zeigen sich dagegen negative Effekte, und zwar beim Endpunkt Erkrankungen des Nervensystems: Mit einem geboosterten Protease-Inhibitor als drittem Kombinationspartner gibt es einen Anhaltspunkt (Ausmaß: gering), mit anderen Partnern einen Beleg (Ausmaß: beträchtlich) für einen höheren Schaden der neuen Kombination.

Insgesamt ist ein Zusatznutzen von Emtricitabin/Tenofoviralafenamid gegenüber den zweckmäßigen Vergleichstherapien somit für keine der vier Fragestellungen belegt, und vorbehandelte Erwachsene ohne Umstellungsindikation haben von der Kombination einen höheren Schaden zu erwarten als von der Fortführung ihrer bisherigen Therapie.

Mitteilung des IQWiG vom 15.8.2016


Nivolumab (Opdivo, BMS) bei fortgeschrittenem Lungenkarzinom: Hinweis auf erheblichen Zusatznutzen.

Der Checkpoint-Inhibitor Nivolumab ist seit April 2016 zur Behandlung Erwachsener mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem nichtkleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) mit nicht plattenepithelialer Histologie zugelassen, die bereits eine Chemotherapie durchlaufen haben.

Der G-BA legte als zweckmäßige Vergleichstherapie Docetaxel, Pemetrexed oder – je nach Mutationsstatus – Gefitinib, Erlotinib oder Crizotinib fest. Patienten, für die diese Wirkstoffe nicht angezeigt sind, sollten stattdessen mit Best Supportive Care behandelt werden. Für diese zweite Fragestellung legte der Hersteller keine Daten vor.

Für die erste Fragestellung führt er die Zulassungsstudie CA209–057 an, in der Nivolumab mit Docetaxel verglichen wurde. Nach einer Interimsanalyse erhielten alle Patienten im Docetaxel-Arm die Möglichkeit, sich mit Nivolumab weiterbehandeln zu lassen, da der neue Wirkstoff deutliche Vorteile beim Gesamtüberleben aufwies. Einen statistisch signifikanten Überlebensvorteil hatten allerdings nur PD-L1-positive Patientinnen und Patienten. Für Betroffene mit negativem PD-L1-Status ist ein Zusatznutzen beim Gesamtüberleben nicht belegt.

In mehreren Endpunkten aus der Kategorie Nebenwirkungen (schwere und schwerwiegende unerwünschte Ereignisse, Abbruch wegen unerwünschter Ereignisse, Alopezie, Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems) hat Nivolumab ebenfalls Vorteile gegenüber Docetaxel.

Insgesamt ergibt sich für Patienten, die mit Docetaxel und ähnlichen Wirkstoffen behandelt werden können, ein Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen von Nivolumab gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie. Für Betroffene, für die solche Wirkstoffe nicht angezeigt sind, ist ein Zusatznutzen mangels Daten nicht belegt.

Mitteilung des IQWiG vom 1.8.2016


Nivolumab (Opdivo, BMS) bei Nierenzellkarzinom: Hinweis auf Zusatznutzen, teilweise von beträchtlichem Ausmaß.

Seit April 2016 ist der Checkpoint-Inhibitor Nivolumab zur Behandlung vortherapierter Erwachsener mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom zugelassen.

Der G-BA unterschied anhand der Vortherapie zwei Fälle: Für Patienten, die nicht mit Temsirolimus behandelt wurden, sollte Everolimus die zweckmäßige Vergleichstherapie sein. War Temsirolimus die Vortherapie, sollte Nivolumab mit Sunitinib verglichen werden. Für die zweite Fragestellung legte der Hersteller keine Daten vor, sodass hier kein Zusatznutzen von Nivolumab belegt ist.

Für die erste Fragestellung führte der Hersteller die Zulassungsstudie CA209–025 an. Eingeschlossen waren Erwachsene mit fortgeschrittenem oder metastasiertem Nierenzellkarzinom, die eine oder zwei antiangiogenetische Vortherapien oder bis zu drei systemische Therapien hinter sich hatten. Nach einer Interimsanalyse wurde die Studie vorzeitig beendet, da sich beim Gesamtüberleben ein deutlicher Vorteil von Nivolumab abzeichnete.

Der Effekt beim Endpunkt Gesamtüberleben wird durch den sogenannten MSKCC-Score modifiziert, der die Risikofaktoren für eine Verschlechterung zählt: Für Betroffene mit einer ungünstigen Prognose gibt es einen Hinweis, für Patienten mit günstigem oder intermediärem Score dagegen keinen Anhaltspunkt auf einen Zusatznutzen von Nivolumab beim Gesamtüberleben.

In zwei Morbiditätsendpunkten (Symptomatik und Gesundheitszustand) sowie mehreren Endpunkten der Kategorie Nebenwirkung (Abbruch wegen unerwünschter Ereignisse, schwere unerwünschte Ereignisse und spezifische unerwünschte Ereignisse) hat der neue Wirkstoff ebenfalls Vorteile gegenüber der Vergleichstherapie.

Insgesamt ergibt sich für Patienten mit günstigem oder mittlerem MSKCC-Score ein Hinweis auf einen beträchtlichen, für Betroffene mit ungünstiger Prognose sogar ein Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen von Nivolumab gegenüber Everolimus. Für Patienten, die mit Temsirolimus vorbehandelt wurden, ist ein Zusatznutzen nicht belegt.

Mitteilung des IQWiG vom 1.8.2016


Ospemifen (Senshio, Shionogi) bei vulvovaginaler Atrophie: Zusatznutzen nicht belegt.

Als zweckmäßige Vergleichstherapien wurden Best Supportive Care oder eine systemische Hormontherapie benannt. Der Hersteller führt drei randomisierte kontrollierte Studien an. In keiner der Studien wurden gezielt Frauen eingeschlossen, für die eine lokale vaginale Estrogentherapie nicht infrage kam. Zwei der Studien waren mit zwölf Wochen deutlich zu kurz. In einer der Studien war die Schwere der Symptome kein explizites Einschlusskriterium.

Außerdem waren den Frauen in den Vergleichsarmen der Studien weder andere nichthormonelle Behandlungen (außer einem vorgegebenen Gleitmittel) noch die Fortsetzung einer bereits begonnenen systemischen hormonellen Therapie gestattet. Somit wurden die Vorgaben zur zweckmäßigen Vergleichstherapie nicht korrekt umgesetzt. Da keine für die Fragestellung geeigneten Daten vorliegen, ist ein Zusatznutzen von Ospemifen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie nicht belegt.

Mitteilung des IQWiG vom 1.8.2016


Ramucirumab (Cyramza, Lilly) bei Magenkrebs: Zusatznutzen nicht belegt.

Ramucirumab kann nach einer vorausgegangenen Chemotherapie zum einen in Kombination mit Paclitaxel eingesetzt werden und zum anderen allein, wenn Paclitaxel für die Betroffenen nicht geeignet ist. Für beide Situationen wurden unterschiedliche zweckmäßige Vergleichstherapien festgelegt: im ersten Fall eine patientenindividuelle Therapie nach Maßgabe des Arztes unter Beachtung der jeweiligen Zulassungen, im zweiten Fall Best Supportive Care.

Für die erste Fragestellung führt der Hersteller die RAINBOW-Studie an, in der Ramucirumab plus Paclitaxel mit Placebo plus Paclitaxel verglichen wurden. Diese Studie ist aus mehreren Gründen nicht für Aussagen über einen Zusatznutzen der Kombinationstherapie gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie geeignet. Erstens weicht die Festlegung auf Paclitaxel von der Vorgabe „patientenindividuelle Therapien nach Maßgabe des Arztes“ ab. Paclitaxel ist gemäß Leitlinien nur eine von mehreren Therapieoptionen für die Zielpopulation und gegenüber den anderen Optionen nicht bevorzugt.

Zweitens ist Paclitaxel als Monotherapie für Menschen mit fortgeschrittenem Magenkarzinom, die bereits eine Chemotherapie hinter sich haben, nicht zugelassen. Darauf hatte der G-BA den Hersteller im Vorfeld der Dossiererstellung explizit hingewiesen. Dasselbe gilt auch für die übrigen in den Leitlinien empfohlenen Wirkstoffe. Patienten stehen in Deutschland also vor der Situation, dass die für ihre Therapie empfohlenen Wirkstoffe nicht zugelassen sind, die zugelassenen Wirkstoffe aber umgekehrt in den Leitlinien nicht empfohlen werden.

Da der G-BA die Beachtung des Zulassungsstatus explizit angemahnt hatte, ergibt sich daraus zwangsläufig: Die Studie entspricht nicht den Anforderungen; ein Zusatznutzen von Ramucirumab plus Paclitaxel gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie ist mithin nicht belegt.

Monotherapie: Für die zweite Fragestellung bezieht sich der Hersteller auf die REGARD-Studie, in der Ramucirumab mit Placebo, jeweils plus Best Supportive Care, verglichen wurde. Auch diese Studie ist zur Bewertung des Zusatznutzens nicht geeignet. Es fehlten Daten von Patienten, für die eine Kombinationstherapie mit Ramucirumab und Paclitaxel nicht infrage kam. Der Anteil der Betroffenen, die in die Studie eingeschlossen wurden, obwohl sie mit der Kombination hätten behandelt werden können, beträgt aber wohl mindestens ein Drittel der gesamten Studie. Der Hersteller adressiert dieses Problem in seinem Dossier nicht.

Daher gilt auch für die zweite Fragestellung: Ein Zusatznutzen von Ramucirumab gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie ist nicht belegt.

Mitteilung des IQWiG vom 1.8.2016

G-BA Entscheidungen zum Zusatznutzen

Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie: Afamelanotid (Scenesse, Clinuvel) wird angewendet zur Prävention von Phototoxizität bei erwachsenen Patienten mit erythropoetischer Protoporphyrie (EPP). Afamelanotid ist zugelassen als Arzneimittel zur Behandlung eines seltenen Leidens nach der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden. Gemäß § 35a Absatz 1 Satz 10 gilt der medizinische Zusatznutzen durch die Zulassung als belegt, Ausmaß nicht quantifizierbar.

G-BA-Beschluss vom 4.8.2016


Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie: Brivaracetam (Briviact, UCB) wird angewendet zur Zusatzbehandlung fokaler Anfälle mit oder ohne sekundärer Generalisierung bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 16 Jahren mit Epilepsie (siehe Notizen Nr. 7/2016): Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.

G-BA-Beschluss vom 4.8.2016


Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie: Empagliflozin (Jardiance, Boehringer Ingelheim):

  • In der Monotherapie, wenn Diät und Bewegung allein den Blutzucker nicht ausreichend kontrollieren und eine Anwendung von Metformin aufgrund von Unverträglichkeit als ungeeignet erachtet wird
  • ohne manifeste kardiovaskuläre Erkrankung (CVD): Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.
  • mit manifester CVD in Kombination mit weiterer Medikation zur Behandlung der kardiovaskulären Risikofaktoren: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.
  • In Kombination mit Metformin, wenn dieses den Blutzucker zusammen mit Diät und Bewegung nicht ausreichend kontrolliert
  • ohne manifeste CVD: Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen.
  • mit manifester CVD in Kombination mit weiterer Medikation zur Behandlung der kardiovaskulären Risikofaktoren: Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen.
  • In der Zweifachkombination mit einem anderen blutzuckersenkenden Arzneimittel außer Metformin und Insulin
  • ohne manifeste CVD: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.
  • mit manifester CVD in Kombination mit weiterer Medikation zur Behandlung der kardiovaskulären Risikofaktoren: Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen.
  • In Kombination mit mindestens zwei anderen blutzuckersenkenden Arzneimitteln, wenn diese den Blutzucker zusätzlich zu Diät und Bewegung nicht ausreichend kontrollieren
  • ohne manifeste CVD: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.
  • mit manifester CVD in Kombination mit weiterer Medikation zur Behandlung der kardiovaskulären Risikofaktoren: Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen.
  • In Kombination mit Insulin (mit oder ohne orales Antidiabetikum):
  • ohne manifeste CVD: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.
  • mit manifester CVD in Kombination mit weiterer Medikation zur Behandlung der kardiovaskulären Risikofaktoren: Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen.

G-BA-Beschluss vom 1.9.2016


Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie: Empagliflozin/Metformin (Synjardy, Boehringer Ingelheim):

  • Patienten, die unter der maximal verträglichen Dosis von Metformin zusätzlich zu Diät und Bewegung unzureichend eingestellt sind:
  • ohne manifeste CVD: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.
  • mit manifester CVD in Kombination mit weiterer Medikation zur Behandlung der kardiovaskulären Risikofaktoren: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.
  • Patienten, die mit Metformin in Kombination mit anderen blutzuckersenkenden Arzneimitteln einschließlich Insulin unzureichend eingestellt sind:
  • ohne manifeste CVD: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.
  • mit manifester CVD in Kombination mit weiterer Medikation zur Behandlung der kardiovaskulären Risikofaktoren: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.
  • Patienten, die bereits mit der Kombination aus Empagliflozin und Metformin in Form getrennter Tabletten behandelt werden.
  • ohne manifeste CVD: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.
  • mit manifester CVD in Kombination mit weiterer Medikation zur Behandlung der kardiovaskulären Risikofaktoren: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.

G-BA-Beschluss vom 1.9.2016


Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie: Vismodegib (Erivedge, Roche):

  • Erwachsene Patienten mit symptomatischem metastasiertem Basalzellkarzinom: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.
  • Erwachsene Patienten mit lokal fortgeschrittenem Basalzellkarzinom, für die weder eine Operation noch eine Strahlentherapie geeignet ist: Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen (siehe Notizen Nr. 7/2016).

G-BA-Beschluss vom 4.8.2016


In dieser Rubrik werden wichtige aktuelle Meldungen nationaler und internationaler Arzneimittelbehörden zusammengefasst, die bis Redaktionsschluss vorliegen. Berücksichtigt werden Meldungen folgender Institutionen:

EMA www.ema.europa.eu

Die European Medicines Agency (EMA) ist für die zentrale Zulassung und Risikobewertung von Arzneimitteln in Europa zuständig. Die vorbereitende wissenschaftliche Evaluation erfolgt für Humanarzneimittel durch das CHMP (Committee for Medicinal Products for Human Use), bei Arzneimitteln für seltene Erkrankungen durch das COMP (Committee for Orphan Medicinal Products). Das PRAC (Pharmacovigilance Assessment Committee) ist für die Risikobewertung von Arzneimitteln, die in mehr als einem Mitgliedsstaat zugelassen sind, zuständig.

FDA www.fda.gov

Die US Food & Drug Administration (FDA) ist die US-amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde.

BfArM www.bfarm.de

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist eine selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit und u. a. zuständig für Zulassung und Pharmakovigilanz in Deutschland.

AkdÄ www.akdae.de

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) bietet unter anderem unabhängige aktuelle neue Risikoinformationen zu Arzneimitteln (z. B. Risikobekanntgaben, Rote-Hand-Briefe).

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erstellt Gutachten, auf deren Basis der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) den Zusatznutzen eines Arzneimittels gegenüber einer zweckmäßigen Vergleichstherapie gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) überprüft.

Krankenhauspharmazie 2016; 37(10)