Wichtige Mitteilungen von EMA, FDA, BfArM und AkdÄ


Bettina Christine Martini, Legau

In dieser Rubrik werden wichtige aktuelle Meldungen nationaler und internationaler Arzneimittelbehörden zusammengefasst, die bis Redaktionsschluss vorliegen. Berücksichtigt werden Meldungen folgender Institutionen:

EMA www.ema.europa.eu

Die European Medicines Agency (EMA) ist für die zentrale Zulassung und Risikobewertung von Arzneimitteln in Europa zuständig. Die vorbereitende wissenschaftliche Evaluation erfolgt für Humanarzneimittel durch das CHMP (Committee for Medicinal Products for Human Use), bei Arzneimitteln für seltene Erkrankungen durch das COMP (Committee for Orphan Medicinal Products). Das PRAC (Pharmacovigilance Assessment Committee) ist für die Risikobewertung von Arzneimitteln, die in mehr als einem Mitgliedsstaat zugelassen sind, zuständig.

FDA www.fda.gov

Die US Food & Drug Administration (FDA) ist die US-amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde.

BfArM www.bfarm.de

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist eine selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit und u.a. zuständig für Zulassung und Pharmakovigilanz in Deutschland.

AkdÄ www.akdae.de

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) bietet unter anderem unabhängige aktuelle neue Risikoinformationen zu Arzneimitteln (z.B. Risikobekanntgaben, Rote-Hand-Briefe).

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erstellt Gutachten, auf deren Basis der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) den Zusatznutzen eines Arzneimittels gegenüber einer zweckmäßigen Vergleichstherapie gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) überprüft.

Wichtige Mitteilungen von EMA und CHMP

Zulassung erfolgt für

  • Cabozantinib (Cabometyx, Ipsen Pharma) bei nichtoperablem lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Nierenzellkarzinom (siehe Notizen Nr. 9/2016)
  • Eluxadolin (Truberzi, Aptalis Pharma) bei Reizdarmsyndrom mit Durchfall (siehe Notizen Nr. 9/2016)

Zulassungsempfehlung für Empagliflocin/Linagliptin (Glyxambi, Boehringer Ingelheim): Die fixe Kombination des SGLT2-Hemmers Empagliflozin und des DPP-4-Hemmers Linagliptin soll angewendet werden bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 ab 18 Jahren zur Verbesserung der Blutzuckerkontrolle, wenn Metformin und/oder Sulfonylharnstoffe und eine der Einzelkomponenten von Glyxambi nicht ausreichend wirksam sind oder bei Patienten, die bereits mit beiden Wirkstoffen in Einzelpräparaten behandelt werden.

Mitteilung der EMA vom 15.9.2016


Zulassungsempfehlung für Etelcalcetid (Parsabiv, Amgen): Das Calcimimetikum soll zugelassen werden für erwachsene Patienten mit sekundärem Hyperparathyreoidismus, die an einer chronischen Nierenerkrankung leiden und hämodialysiert werden.

Das synthetisch hergestellte Peptid muss injiziert werden und hemmt die Sekretion von Parathormon aus der Nebenschilddrüse.

Mitteilung der EMA vom 15.9.2016


Zulassungsempfehlung für Ixazomib (Ninlaro, Takeda): Der Proteasomenhemmer soll als Orphan-Drug in Kombination mit Lenalidomid und Dexamethason für die Behandlung von Patienten mit vorbehandeltem multiplem Myelom zugelassen werden. Die Therapie kann oral verabreicht werden.

Mitteilung der EMA vom 15.9.2016


Zulassungsempfehlung für Olaratumab (Lartruvo, Lilly): Der monoklonale Antikörper wurde als Orphan-Drug in einem beschleunigten Verfahren zur bedingten Zulassung empfohlen zur Therapie von erwachsenen Patienten mit Weichteilsarkomen. Die Therapie erfolgt in Kombination mit Doxorubicin bei Patienten, bei denen keine kurative Therapie durch Operation oder Radiotherapie möglich ist und die zuvor nicht mit Doxorubicin behandelt worden waren.

Olaratumab hemmt den Platelet-derived growth factor receptor alpha (PDGFRα), der in Weichteilsarkomen vermehrt exprimiert wird, und verlangsamt so das Wachstum der Weichteilsarkome.

Mitteilung der EMA vom 15.9.2016


Zulassungsempfehlung für Palbociclib (Ibrance, Pfizer): Der neue Proteinkinasehemmer soll in Kombination mit einem Aromatasehemmer oder Fulvestrant für die Behandlung von Frauen mit fortgeschrittenem (metastasiertem) ER-positivem und HER2-negativem Mammakarzinom zugelassen werden. Bei prä- oder perimenopausalen Frauen soll die Therapie mit einem LH-RH-Agonisten kombiniert werden.

Die oral verfügbare Substanz gehört zu einer neuen Wirkstoffgruppe und hemmt selektiv die Cyclin-abhängigen Kinasen 4 und 6 (CDK4/6), was die Proliferation der Tumorzellen blockiert.

Mitteilung der EMA vom 15.9.2016


Zulassungserweiterung für Insulin aspart (NovoRapid, Novo) empfohlen: Das schnell wirkende Insulinanalogon soll künftig bei Kindern ab einem Alter von einem Jahr eingesetzt werden können. Bisher war die Anwendung ab zwei Jahren zugelassen.

Mitteilung der EMA vom 15.9.2016


Zulassungserweiterung für Ustekinumab (Stelara, Janssen-Cilag) empfohlen: Der Interleukin-Inhibitor soll künftig bei Erwachsenen mit mittelschwerem bis schwerem Morbus Crohn eingesetzt werden können, die nicht ausreichend auf eine konventionelle Therapie oder einen TNF-a-Blocker ansprechen oder diese nicht vertragen. Bisher wird der monoklonale Antikörper bei Plaque-Psoriasis und psoriatrischer Arthritis angewendet.

Mitteilung der EMA vom 15.9.2016

Wichtige Mitteilungen der FDA

Zulassung für Canakinumab (Ilaris, Novartis) in drei neuen Indikationen: Das Immusuppressivum wurde bei drei seltenen schweren autoinflammatorischen periodischen Fiebererkrankungen bei Erwachsenen und Kindern zugelassen:

  • TNF-a-Rezeptor-assoziiertes periodisches Syndrom (TRAPS)
  • Hyperimmunglobulin-D-Syndrom (HIDS)/Mevalonatkinasedefizienz (MKD)
  • Familiäres Mittelmeerfieber (FMF)

Zunächst war Canakinumab bei einem anderen periodischen Fiebersyndrom (Cryopyrin-assoziiertes periodisches Syndrom [CAPS]) sowie bei aktiver systemischer juveniler idiopathischer Arthritis zugelassen.

Mitteilung der FDA vom 23.9.2016


Zulassung für Eteplirsen (Exondys 51, Sarepta Therapeutics): Die neue Therapie wurde für Patienten mit Muskeldystrophie Duchenne entwickelt, einer muskulären Erbkrankheit, die im Kleinkindalter beginnt und meist im jungen Erwachsenenalter tödlich verläuft, wenn Herz- oder Atemmuskulatur betroffen sind. Da es bisher keine Therapie für diese Erkrankung gibt, wurde Eteplirsen beschleunigt zugelassen für Patienten, die eine für Exon-51-Skipping zugängliche bestätigte Mutation des Dystrophin-Gens haben. Dies trifft für etwa 13% der Betroffenen zu. Die beschleunigte Zulassung von Exondys 51 basiert auf dem Surrogatendpunkt des Anstiegs von Dystrophin (Strukturprotein) in der Skelettmuskulatur, der mit großer Wahrscheinlichkeit einen klinischen Nutzen bei einigen Patienten mit Duchenne-Muskeldystrophie hat.

Nach der beschleunigten Zulassung muss Sarepta Therapeutics eine klinische Studie durchführen, die den klinischen Nutzen des Arzneimittels bestätigt. Wenn die Studie keinen klinischen Nutzen zeigt, kann die FDA die Zulassung zurückziehen.

Mitteilung der FDA vom 19.9.2016


Warnhinweis für Benzodiazepine: Fach- und Patienteninformation zu sämtlichen Benzodiazepin-haltigen Arzneimitteln sollen geändert und mit Warnhinweisen versehen werden. Beobachtet wurde eine wachsende kombinierte Verordnung Opioid-haltiger Arzneimittel in der Schmerztherapie oder Hustenmitteln mit Benzodiazepinen. Bei kombinierter Anwendung besteht ein erhöhtes Risiko für Atemdepression bis hin zum Koma, auch Todesfälle wurden dokumentiert.

Mitteilung der FDA vom 31.8.2016

Wichtige Mitteilungen der AkdÄ und des BfArM

Informationsbrief zu Levonorgestrel-haltigen hormonalen Notfallkontrazeptiva wegen neuen Empfehlungen für Anwenderinnen von Leberenzyminduktoren. Levonorgestrel-haltige Notfallkontrazeptiva sind zugelassen zur Notfallkontrazeption innerhalb von 72 Stunden nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr oder bei Versagen einer Verhütungsmethode. Der Hersteller von Postinor informiert über neue Empfehlungen hinsichtlich der gleichzeitigen Anwendung von Levonorgestrel-haltigen und CYP3A4-induzierenden Arzneimitteln. Diese Arzneimittel können den Plasmaspiegel von Levonorgestrel reduzieren und so die Wirkung des Kontrazeptivums vermindern. Hierzu zählen einige Antiepileptika (z.B. Barbiturate, Primidon, Phenytoin, Carbamazepin), einige Arzneimittel zur Behandlung von Tuberkulose (z.B. Rifampicin, Rifabutin), einige HIV-Therapeutika (z.B. Ritonavir, Efavirenz), einige Antimykotika (z.B. Griseofulvin) sowie Präparate, die Johanniskraut enthalten.

Frauen, die eine Notfallkontrazeption wünschen und innerhalb der letzten vier Wochen enzyminduzierende Arzneimittel eingenommen haben, sollte zu einem nichthormonellen Notfallkontrazeptivum, d.h. einer Kupferspirale, geraten werden, die bis zu fünf Tage nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr eingesetzt werden kann. Ist dies nicht möglich, sollte die übliche Levonorgestrel-Dosis von 1,5 mg verdoppelt werden, um die Verringerung der Plasmaspiegel zu kompensieren. Ulipristalacetat stellt keine Alternative dar, da dessen Wirksamkeit durch CYP3A4-induzierende Arzneimittel noch viel stärker abgeschwächt wird.

Die Anwendung einiger enzyminduzierender Arzneimittel während der Schwangerschaft wurde mit Geburtsfehlern in Verbindung gebracht. Daher muss bei Anwenderinnen dieser Arzneimittel nach der Einnahme von Levonorgestrel-haltigen Notfallkontrazeptiva eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden und diese müssen hinsichtlich zuverlässiger, regelmäßig anzuwendender kontrazeptiver Methoden beraten werden.

Die Fach- und Gebrauchsinformationen werden aktualisiert.

Es wird nicht angenommen, dass die doppelte Dosis Levonorgestrel zu einem erhöhten Risiko für Nebenwirkungen führt. Da entsprechende Untersuchungen hierzu bislang nicht vorliegen, werden Anwenderinnen oder Angehörige der Gesundheitsberufe gebeten, jegliche Nebenwirkungen, die im Zusammenhang mit der Anwendung einer doppelten Dosis auftreten, zu melden.

AkdÄ Drug-Safety-Mail 32–2016 vom 26.9.2016


FDA-Warnung zu direkt wirkenden antiviralen Mitteln zur Behandlung der Hepatitis C wegen Risiko einer Hepatitis-B-Reaktivierung.

Direkt wirkende antivirale Arzneimittel (DAA) wie Daclatasvir (Daklinza), Dasabuvir (Exviera), Sofosbuvir/Ledipasvir (Harvoni), Simeprivir (Olysio), Sofosbuvir (Sovaldi) und Ombitasvir/Paritaprevir/Ritonavir (Viekirax) sind zugelassen zur Behandlung einer chronischen Hepatitis-C-Infektion und können ohne Interferon angewendet werden.

Die FDA warnt vor dem Risiko einer Hepatitis-B-Reaktivierung im Zusammenhang mit bestimmten DAA bei Patienten mit aktueller oder früherer HBV-Infektion. Es liegen einige Fallberichte vor, die teilweise tödlich verliefen bei Anwendung von DAA ohne Interferon. Der Mechanismus ist nicht bekannt. In der Regel trat die HBV-Reaktivierung innerhalb von vier bis acht Wochen nach Behandlungsbeginn auf. In Zulassungsstudien wurde nicht über HBV-Reaktivierung als unerwünschtes Ereignis berichtet, da eine HBV-Koinfektion ein Ausschlusskriterium war.

Die FDA empfiehlt unter anderem, vor Beginn der Behandlung mit DAA alle Patienten auf eine aktuelle oder zurückliegende HBV-Infektion zu screenen und gegebenenfalls während und nach einer Behandlung mit DAA zu überwachen. Patienten sollten aufgefordert werden, unverzüglich einen Arzt zu kontaktieren, wenn sie Zeichen einer schweren Leberschädigung entwickeln.

Die EMA untersucht derzeit dieses Risiko sowie das Risiko des Wiederauftretens von hepatozellulären Karzinomen. Eine Empfehlung der EMA wird gegen Ende des Jahres erwartet.

AkdÄ Drug-Safety-Mail 33–2016 vom 5.10.2016

Mitteilungen zur Nutzenbewertung des IQWiG

Eribulin (Halaven, Eisai) bei Liposarkom: Zusatznutzen nicht belegt.

Eribulin ist seit Mai 2016 zur Behandlung eines fortgeschrittenen Liposarkoms bei Erwachsenen zugelassen. Laut IQWiG enthält das Dossier keine für die Bewertung geeigneten Daten: Als zweckmäßige Vergleichstherapie wurde eine antineoplastische Arzneimitteltherapie nach Maßgabe des Arztes bestimmt, wobei der jeweilige Zulassungsstatus der aktuell eingesetzten Arzneimittel sowie der Vortherapien zu beachten sind. In der einzigen direkt vergleichenden Studie wurde das Arzneimittel im Vergleichsarm nicht so dosiert, wie es die Zulassung vorschreibt. Bei einem indirekten Vergleich ist nicht sichergestellt, dass die jeweiligen Patientenpopulationen hinreichend ähnlich waren.

Mitteilung des IQWiG vom 1.9.2016


Nivolumab plus Ipilimumab (Opdivo und Yervoy, Bristol-Myers Squibb) bei Melanom: Zusatznutzen bei bestimmten Patienten.

Seit Mai 2016 ist Nivolumab in Kombination mit Ipilimumab für Erwachsene mit fortgeschrittenem Melanom zugelassen. Es werden drei Therapiesituationen unterschieden:

  • Nicht vorbehandelte Patienten mit BRAF-V600-Mutation im Tumor (BRAF-V600-mut-Tumor): Nivolumab und Ipilimumab im Vergleich mit Vemurafenib
  • Bei nicht Vorbehandelten, deren Tumor keine BRAF-V600-Mutation aufweist (BRAF-V600-wt-Tumor), wurde Ipilimumab als zweckmäßige Vergleichstherapie bestimmt
  • Für bereits Vorbehandelte sollte der Zusatznutzen im Vergleich zu einer individuell angepassten Therapie nach Maßgabe des Arztes bewertet werden

Lediglich für nicht vorbehandelte Patienten mit einem BRAF-V600-wt-Tumor enthält das Dossier geeignete Daten aus zwei randomisierten kontrollierten Studien.

Daten von Patienten, die mindestens 18 beziehungsweise 24 Monate beobachtet worden waren, zeigen, dass Patienten mit der Kombinationstherapie länger überleben, der Effekt aber vom Geschlecht abhängt: Für Männer ist der Vorteil sehr viel deutlicher als für Frauen. Bei Männern lässt sich aus den Daten ein Beleg für einen erheblichen Zusatznutzen ableiten. Bei Frauen gibt es einen Hinweis auf einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen.

Bei einigen Endpunkten zeigen sich keine Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen. Bei anderen gibt es Unterschiede, die größtenteils zuungunsten von Nivolumab plus Ipilimumab ausfallen, häufig aber nur bestimmte Untergruppen betreffen.

Zuungunsten der Wirkstoffkombination fallen die Ergebnisse bei den Nebenwirkungen aus. Das betrifft insbesondere schwere Nebenwirkungen sowie den Abbruch der Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen (unabhängig vom Geschlecht).

Da bei den Nebenwirkungen ausschließlich Daten zu früheren Datenschnitten vorliegen, ist ihr wahres Ausmaß aber unklar. Es ist möglich, dass sie sich bis zu den späteren Datenschnitten weiter zuungunsten von Nivolumab plus Ipilimumab entwickelt haben.

Sowohl bei Männern als auch bei Frauen gibt es also positive Effekte in Hinblick auf die verlängerte Überlebenszeit sowie negative in Form von häufigeren (schweren) Nebenwirkungen. Auch wenn letztere gravierend sind, stellen sie die positiven Effekte nicht gänzlich infrage, sie führen aber zu einer Herabstufung des Ausmaßes des Zusatznutzens.

Die Unsicherheit bei den Nebenwirkungen reduziert die Aussagesicherheit. In der Gesamtschau lässt sich aus den Daten für nicht vorbehandelte Männer mit einem BRAF-V600-wt-Tumor ein Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen ableiten, für Frauen ein Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen. Dies gilt jeweils für die Kombination von Nivolumab und Ipilimumab im Vergleich zur Monotherapie mit Ipilimumab.

Mitteilung des IQWiG vom 1.9.2016


Selexipag (Uptravi, Actelion) bei pulmonaler arterieller Hypertoie: Zusatznutzen nicht belegt.

Selexipag ist zugelassen zur Langzeit-Behandlung von Erwachsenen mit mittelschweren bis schweren Beschwerden durch pulmonale arterielle Hypertonie (PAH). Der Wirkstoff kann in Kombinations mit anderen blutdrucksenkenden Arzneimiteln oder als Monotherapie verabreicht werden bei Patienten, für die die anderen Blutdrucksenker nicht infrage kommen.

Als zweckmäßige Vergleichstherapie wurde eine patientenindividuell optimierte medikamentöse Therapie nach Maßgabe des Arztes unter Berücksichtigung des jeweiligen Zulassungsstatus benannt.

Der Hersteller weicht von dieser Vorgabe ab und betrachtet einzig Iloprost als mögliche Therapieoption einer patientenindividuellen medikamentösen Therapie. Dabei verzichtet er zudem auf die patientenindividuelle Optimierung. Die Einschränkung der Vergleichstherapie ist wie die vom Hersteller gewählte Aufteilung der Population (für Iloprost-Behandlung geeignet oder nicht) nicht sachgerecht.

In der vom Hersteller durchgeführten Studie wurde nur die Therapie mit Selexipag mit Placebo verglichen, daher ist die Studie nicht geeignet, um Aussagen zum Zusatznutzen von Selexipag zu treffen.

Mitteilung des IQWiG vom 1.9.2016


Talimogen laherparepvec (Imlygic, Amgen) bei Melanom. Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.

Talimogen laherparepvec ist seit Dezember 2015 für Erwachsene mit fortgeschrittenem schwarzem Hautkrebs zugelassen. Für die Bewertung des Zusatznutzens wurde zwischen drei Therapiesituationen unterschieden und dabei jeweils verschiedene zweckmäßige Vergleichstherapien festgelegt. Diese richten sich zum einen nach der Vorbehandlung, zum anderen danach, ob in den Tumorzellen das Gen für das Enzym BRAF mutiert ist oder nicht. Für alle drei Situationen führt der Hersteller eine direkt vergleichende Studie an, die Talimogen laherparepvec gegen den Granulozyten-Makrophagen-Kolonien stimulierenden Faktor (GM-CSF) testete. GM-CSF entspricht jedoch für keine Fragestellung der zweckmäßigen Vergleichstherapie und ist nicht für die Behandlung des Melanoms zugelassen.

Da der Hersteller auch keine Studien vorlegt, die einen indirekten Vergleich ermöglichen, enthält sein Dossier keine Daten, aus denen sich ein Zusatznutzen ableiten ließe.

Mitteilung des IQWiG vom 15.9.2016


Ticagrelor (Brilique, AstraZeneca) zur Prävention nach Herzinfarkt: Nachgereichte Daten stellen Zusatznutzen infrage. Ticagrelor ist zur gleichzeitigen Einnahme mit niedrig dosierter Acetylsalicylsäure für Erwachsene zugelassen, die vor mindestens einem Jahr einen Herzinfarkt hatten und bei denen ein hohes Risiko für einen erneuten Herzinfarkt oder Schlaganfall besteht. Anfang Juli 2016 hatte das IQWiG Ticagrelor einen Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen im Vergleich zur alleinigen Gabe von ASS bescheinigt, dieser wird nun durch weitere Auswertungen infrage gestellt. Ein Zusatznutzen ist nicht belegt, da positive Effekte durch negative infrage gestellt werden.

Das Dossier hatte lediglich Daten zu schweren Blutungen, aber nicht zu nicht schweren, aber klinisch relevanten Blutungen, enthalten. Weil diese Blutungen laut nachgereichten Auswertungen deutlich häufiger auftreten als unter ASS-Monotherapie, sieht das IQWiG hier einen Beleg für einen höheren Schaden mit dem Ausmaß „beträchtlich“. Zudem fehlen Daten zur Lebensqualität, die laut überarbeiteter Nationaler Versorgungsleitlinie chronische KHK bei den Behandlungszielen der koronaren Herzkrankheit an erster Stelle steht.

G-BA Entscheidungen zum Zusatznutzen

Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie: Idelalisib (Zydelig, Gilead) bei chronisch lymphatischer Leukämie (CLL): Es wird in Kombination mit Rituximab zur Behandlung der CLL angewendet

  • Bei erwachsenen Patienten mit rezidivierender oder refraktärer CLL, die mindestens eine vorangehende Therapie erhalten haben:
  • für die eine Chemotherapie angezeigt ist: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt
  • für die eine Chemotherapie nicht angezeigt ist: Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen
  • Zur Fortsetzung der Therapie bei Patienten mit einer 17p-Deletion oder einer TP53-Mutation, die für eine Chemoimmuntherapie ungeeignet waren und bei denen bereits eine Erstlinientherapie mit Zydelig initiiert wurde: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.

G-BA-Beschluss vom 15.9.2016


Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie: Necitumumab (Portrazza, Lilly) ist in Kombination mit Gemcitabin- und Cisplatin-Chemotherapie indiziert zur Therapie von erwachsenen Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem, den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGFR) exprimierendem, plattenepithelialem, nichtkleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC), wenn diese bislang keine Chemotherapie für dieses Stadium der Erkrankung erhalten haben. Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.

G-BA-Beschluss vom 15.9.2016


Bewertung ggü. zweckmäßiger Vergleichstherapie: Osimertinib (Tagrisso, AstraZeneca) zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem, NSCLC und einer positiven T790M-Mutation des epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors.

  • Bei Patienten nach Vorbehandlung mit einem EGFR-Tyrosinkinase-Inhibitor: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.
  • Bei nicht vorbehandelten Patienten mit einer de novo positiven T790M-Mutation: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.
  • Bei Patienten nach Vorbehandlung mit einer Platin-basierten Chemotherapie und einer de novo positiven T790M-Mutation: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.

G-BA-Beschluss vom 15.9.2016

Krankenhauspharmazie 2016; 37(11)