Patientenindividuelle Krankenhauspharmazie


Dr. Jörg Brüggmann, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Komitees der ADKA

Die Entwicklung patientenindividueller Therapiemöglichkeiten hat in den letzten Jahren ohne Zweifel erheblich zum therapeutischen Fortschritt in der Medizin und Pharmazie beigetragen. Durch die Erhöhung der Wirksamkeit bei gleichzeitig besserer Verträglichkeit können die Patienten direkt davon profitieren. Dabei sind die Entwicklungen auf dem Gebiet der molekularen und zellulären Diagnostik, einschließlich der Genotypisierung besonders spektakulär – diese sind aber nur ein kleiner Teil der personalisierten Medizin. Es ist schon lange das Ziel, die bestmögliche Therapie für den Patienten zu finden und umzusetzen. Patientencharakteristika wie Alter, Organfunktionen, Begleiterkrankungen und nicht zuletzt die Medikation müssen in die Therapieentscheidung einfließen.

Insbesondere die Beachtung und Optimierung der Medikation polypragmatisch behandelter Patienten ist hierbei eine entscheidende Maßnahme zur Erhöhung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS), die heute nicht mehr infrage gestellt wird. Die zunehmende Multimedikation erhöht das Risiko für Arzneimittelnebenwirkungen und -interaktionen, sodass insgesamt die Zahl von unerwünschten Arzneimittelereignissen weiterhin hoch ist und eine relevante medizinisch-pharmazeutische Herausforderung darstellt.

Damit wird deutlich: Die Arzneimitteltherapie im Krankenhaus ist ein Hochrisikoprozess, den es durch interprofessionelle Zusammenarbeit der Heilberufe intensiv zu begleiten gilt. Der klinisch-pharmazeutischen Kompetenz kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. Die Durchführung von patientenindividuellen Medikationsanalysen ist bereits jetzt geübte Praxis der Krankenhausapotheken, die weiter ausgebaut werden muss, um dadurch die patientenindividuellen Risiken zu erkennen und schließlich zu minimieren. Im Rahmen der pharmazeutischen Betreuung werden die Arzneimittel der Patienten unter Beachtung der Organfunktionen, der Laborparameter, der Begleiterkrankungen und der gesamten Medikation soweit notwendig individualisiert. Diese Form der personalisierten Pharmazie ist die Grundlage für eine rationale und sichere Arzneimitteltherapie.

Ein weiterer entscheidender Faktor für die Erhöhung der Arzneimittelsicherheit ist die Digitalisierung der Medikationsprozesse im Krankenhaus. Hierdurch wird die praktische Umsetzung von AMTS-Maßnahmen deutlich unterstützt, sodass es möglich wird, für viele Patienten regelmäßig und in hoher Qualität eine Therapieoptimierung zu realisieren. Dieser Bereich muss in den nächsten Jahren konsequent weiterentwickelt werden, denn ohne eine transparente, eineindeutige Datengrundlage sowie die Anwendung von elektronischen Datenbanken für den Pharmacheck ist eine effiziente patientenorientierte Betreuung kaum noch möglich. Wir Krankenhausapotheker sind aufgerufen, uns hierfür weiter aktiv einzusetzen.

Ziel muss es also sein, die schon vorhandenen pharmazeutischen Angebote weiter zu institutionalisieren, damit sie fester Bestandteil des klinischen Leistungsspektrums werden. Dabei können die unterstützenden klinisch-pharmazeutischen Serviceleistungen direkt vor Ort, also stations- und patientennah und/oder zentral unter Nutzung elektronischer Medikationsdaten in Form von Kurvenvisiten und Medikationskonsilen vorgenommen werden. Diese aktive Mitarbeit der Krankenhausapothekerinnen und -apotheker im therapeutischen Team bedeutet in jedem Fall ein Mehr an Patientensicherheit.

Der diesjährige wissenschaftliche Kongress der ADKA in Stuttgart analysiert diese Zusammenhänge und wirbt gleichzeitig für mehr Patientensicherheit durch mehr Klinikapotheker. In der ersten Keynote lecture soll vor diesem Hintergrund die gesetzlich festgeschriebene Implementierung von „Stationsapothekern“ am Beispiel der Novelle des Krankenhausgesetzes in Niedersachsen diskutiert werden. Die Festschreibung dieser für die Krankenhauspatienten unverzichtbaren Leistungen in konkreten Personalschlüsseln erhöht die Patientensicherheit und macht den AMTS-Prozess unumkehrbar.

In den Seminaren und Kurzvorträgen werden weitere Möglichkeiten patientenindividueller pharmazeutischer Maßnahmen aus den Bereichen Arzneimittelherstellung, Medikationsanalyse sowie zum Entlassmanagement beschrieben und diskutiert. Damit ist der Kongress auch ein Teil der notwendigen Fortbildungsmaßnahmen in diesem Bereich.

Interessante und kommunikative Tage in Stuttgart wünscht Ihnen

Dr. Jörg Brüggmann, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Komitees der ADKA

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