G-BA-Beschluss

Sofosbuvir und Ledipasvir/Sofosbuvir bei chronischer Hepatitis C bei Kindern von 3 bis < 12 Jahre


Solvejg Langer, Stuttgart

Wie lautet die Zulassung?

Sofosbuvir (Sovaldi®) in Kombination mit anderen Arzneimitteln und Ledipasvir/Sofosbuvir (Harvoni®) werden bei Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen ab einem Alter von 3 Jahren zur Behandlung der chronischen Hepatitis C (CHC) angewendet. Neu ist die Anwendung bei Kindern unter 12 Jahren, auf die sich die G-BA-Beschlüsse beziehen.

Wie lautet der Beschluss des G-BA?

  • Sofosbuvir
  • Patienten mit CHC der Genotypen 2 oder 3: Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen.
  • Ledipasvir/Sofosbuvir
  • Patienten mit CHC der Genotypen 1, 4, 5 oder 6: Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen.
  • Patienten mit CHC des Genotyps 3 und vorbehandelte Patienten und/oder Patienten mit Zirrhose: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.

Was war die zweckmäßige Vergleichstherapie?

Beobachtendes Abwarten.

Wie ist die Studienlage?

Sofosbuvir: Aus der offenen, multizentrischen, einarmigen Studie 1112 mit vorbehandelten und therapienaiven Kindern und Jugendlichen wurde eine Teilpopulation von 54 Teilnehmern von 3 bis < 12 Jahren betrachtet. Keines der Kinder hatte eine bestätigte kompensierte Zirrhose, meistens war der Zirrhosestatus jedoch unbekannt. Nur ein Kind mit Genotyp-3-Infektion war vorbehandelt.

Die Behandlung bestand aus Sofosbuvir (150 mg/Tag bei einem Körpergewicht von unter 17 kg, ansonsten 200 mg/Tag) plus Ribavirin (körpergewichtsabhängige Dosierung) über einen Zeitraum von 12 Wochen (Genotyp 2, n = 18) bzw. 24 Wochen (Genotyp 3, n = 36).

In der Studie wurden patientenrelevante Endpunkte wie Mortalität, das dauerhafte virologische Ansprechen (SVR) als Endpunkt der Morbidität sowie die gesundheitsbezogene Lebensqualität und Nebenwirkungen untersucht. Es traten keine Todesfälle auf. Ein dauerhaftes virologisches Ansprechen 12 (SVR12) bzw. 24 Wochen (SVR24) nach Therapieende wurde unter Sofosbuvir bei 17 von 18 Patienten mit Genotyp-2-Infektion und bei allen Patienten mit Genotyp-3-Infektion erreicht. Der G-BA geht davon aus, dass diese Ergebnisse mit beobachtendem Abwarten sehr wahrscheinlich nicht erreicht werden können.

Die gesundheitsbezogene Lebensqualität kann wegen der nichtvergleichenden Daten nicht bewertet werden. Ein Patient brach die Studie wegen Nebenwirkungen ab. Insgesamt zeigte sich aber kein größeres Schadenspotenzial von Sofosbuvir im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie.

Ledipasvir/Sofosbuvir: Die Studienlage ist für die verschiedenen Genotypen unterschiedlich.

Genotypen 1 und 4:

Für diese Genotypen konnten Daten aus drei Studien einbezogen werden.

  • Aus der offenen, multizentrischen, einarmigen Studie 1116 mit vorbehandelten und therapienaiven Kindern und Jugendlichen wurde eine Teilpopulation von 126 Teilnehmern (Genotyp 1 = 121, Genotyp 3 = 2, Genotyp 4 = 3) von 3 bis < 12 Jahren betrachtet. Zwei der Kinder hatten eine bestätigte kompensierte Zirrhose, meistens war der Zirrhosestatus jedoch unbekannt. 20 Kinder waren vorbehandelt. Die Behandlung bestand aus Ledipasvir/Sofosbuvir (33,75 mg/ 150 mg/Tag bei einem Körpergewicht von unter 17 kg, ansonsten 45 mg/200 mg/Tag), die Patienten mit Genotyp-3-Infektion erhielten zusätzlich Ribavirin (körpergewichtsabhängige Dosierung). Die Behandlungsdauer betrug abhängig vom Genotyp, der Vorbehandlung und dem Zirrhosestatus 12 bzw. 24 Wochen.
  • Außerdem lag die Studie Kamal 2020 an therapienaiven Kindern von 3 bis 6 Jahren mit Infektion vom Genotyp 4 vor. Als relevant bewertet wurde nur der Therapiearm mit 12-wöchiger Behandlungsdauer (n = 11). Die Kinder erhielten eine Dosierung von 45 mg/Tag Ledipasvir und 200 mg/Tag Sofosbuvir.
  • Die dritte Studie war eine einarmige Untersuchung von Ledipasvir/Sofosbuvir bei Kindern von 6 bis 12 Jahren mit Infektion vom Genotyp 4 (n = 20). Sie erhielten 45 mg/Tag Ledipasvir und 200 mg/Tag Sofosbuvir über 12 Wochen.

In den Studien wurden patientenrelevante Endpunkte wie Mortalität, das dauerhafte virologische Ansprechen (SVR) als Endpunkt der Morbidität sowie die gesundheitsbezogene Lebensqualität und Nebenwirkungen untersucht. Es traten keine Todesfälle auf.

Ein dauerhaftes virologisches Ansprechen 12 (SVR12) bzw. 24 Wochen (SVR24) nach Therapieende wurde in der Studie 1116 bei 124 von 126 Patienten, in der Studie Kamal 2020 bei allen Patienten und in der Studie El-Shabrawi 2018 (nur SVR12) bei 19 von 20 erreicht.

Wie bei Sofosbuvir kann man auch ohne Kontrollarm davon ausgehen, dass diese Ergebnisse unter beobachtendem Abwarten nicht erreicht werden können. Daten hinsichtlich der gesundheitsbezogenen Lebensqualität sind wegen des einarmigen Designs nicht ausreichend interpretierbar. Nebenwirkungen waren in allen Studien sehr selten. Es trat nur ein schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis sowie ein unerwünschtes Ereignis auf, das zum Therapieabbruch führte, sodass daraus kein größeres Schadenspotenzial von Ledipasvir/Sofosbuvir gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie abgeleitet werden kann.

Genotypen 5 und 6

Für diese Patienten liegen keine Daten vor. Laut Bewertungsbericht der EMA kann die Pharmakokinetik aber als vergleichbar zwischen Kindern und Erwachsenen angesehen werden. Die Zulassung beruht auf der Übertragung der Daten von erwachsenen Patienten.

Genotyp 3

Für diese Patientengruppe liegen keine geeigneten Daten für die Nutzenbewertung vor.

Warum hat der G-BA so entschieden?

  • Sofosbuvir: Aufgrund der nichtvergleichenden Daten ist eine Quantifizierung des Ausmaßes des Zusatznutzens nicht möglich. Die Aussagesicherheit ist wegen des einarmigen Studiendesigns eingeschränkt und wird daher als Anhaltspunkt eingestuft.
  • Ledipasvir/Sofosbuvir: Die Aussagesicherheit ist wegen des einarmigen Studiendesigns bei den Genotypen 1 und 4 und aufgrund der Übertragung der Evidenz von Erwachsenen auf Kinder bei den Genotypen 5 und 6 eingeschränkt und wird daher als Anhaltspunkt eingestuft. Für Genotyp 3 lagen keine Daten vor. Auch eine Übertragung von Daten von erwachsenen und jugendlichen Patienten ist nicht möglich, da auch für diese Gruppe kein Zusatznutzen nachgewiesen wurde. Überdies zeigen Patienten mit einer Infektion vom Genotyp 3 generell geringere Ansprechraten gegenüber Ledipasvir/Sofosbuvir, sodass dies nicht die Standardtherapie bei Infektionen von Genotyp 3 ist.

Quelle

G-BA. Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL): Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V Sofosbuvir (neues Anwendungsgebiet: Chronische Hepatitis C, 3 bis < 12 Jahre). 21. Januar 2021.

G-BA. Tragende Gründe zum Beschluss zu Sofosbuvir. 21. Januar 2021.

G-BA. Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL): Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V Ledipasvir/Sofosbuvir (neues Anwendungsgebiet: Chronische Hepatitis C, 3 bis < 12 Jahre). 21. Januar 2021.

G-BA. Tragende Gründe zum Beschluss zu Ledipasvir/Sofosbuvir. 21. Januar 2021.

Krankenhauspharmazie 2021; 42(03):129-130