G-BA-Beschluss

Alpelisib beim Mammakarzinom


Dr. Stefan Fischer, Stuttgart

Wie lautet die Zulassung?

Alpelisib (Piqray®) ist ein α-spezifischer Phosphatidylinositol-3-Kinase(PI3Kα)-Hemmer. Es wird in Kombination mit Fulvestrant angewendet zur Behandlung von postmenopausalen Frauen und Männern mit einem Hormonrezeptor(HR)-positiven, humanen epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor-2(HER2)-negativen, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Mammakarzinom mit PIK3CA-Mutation bei Fortschreiten der Erkrankung nach endokriner Therapie als Monotherapie.

Wie lautet der Beschluss des G-BA?

Der G-BA bildete fünf Subpopulationen in Abhängigkeit von Patientengeschlecht, Metastasenlokalisation und Therapiesituation.

Der G-BA konnte in keiner Subpopulation einen Zusatznutzen feststellen. Für zwei der fünf Gruppen war der Nutzen aus seiner Sicht sogar geringer als unter der Vergleichstherapie.

Was war die zweckmäßige Vergleichstherapie?

Die zweckmäßige Vergleichstherapie war abhängig von der betrachteten Subpopulation und es gab mehrere Optionen. Zu diesen zählte auch eine Fulvestrant-Monotherapie, wie sie in der Vergleichsgruppe der SOLAR-1-Studie eingesetzt wurde.

Wie ist die Studienlage?

Der Bewertung des G-BA lag nur eine Studie zugrunde.

In die doppelblinde SOLAR-1-Studie wurden postmenopausale Frauen und Männer mit einem HR-positiven, HER2-negativen, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Mammakarzinom eingeschlossen.

Die Patienten mussten ein Rezidiv oder eine Krankheitsprogression während oder nach einer endokrinen Therapie mit einem Aromatasehemmer aufweisen.

Die eingeschlossenen 572 Patienten erhielten randomisiert

  • Alpelisib + Fulvestrant
  • Placebo + Fulvestrant

Warum hat der G-BA so entschieden?

In der SOLAR-1-Studie zeigte sich ein Überlebensvorteil unter Alpelisib nur bei Frauen in der neoadjuvanten Therapiesituation mit Lungen- und/oder Lebermetastasen. Die Nachteile durch Nebenwirkungen und bei der Lebensqualität wogen diesen Vorteil aber wieder auf. In den Subgruppen ohne Überlebensvorteil lautete das Urteil daher sogar „geringerer Zusatznutzen“.

Für die männlichen Subpopulationen konnte kein Zusatznutzen festgestellt werden, weil nur ein Mann an der Studie teilnahm.

Was sagen die Fachgesellschaften dazu?

Da es nach diesem G-BA-Beschluss zu keiner Preiseinigung zwischen dem Hersteller Novartis Pharma und den Krankenkassen kam, kündigte der Hersteller die Marktrücknahme von Alpelisib an. Die DGHO (Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V.) und andere Fachgesellschaften kritisierten diesen Schritt [1], sehen aber nicht nur beim Hersteller Probleme:

  • Defizite in der Bewertungsmethodik: Die Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit wird vom G-BA nicht als patientenrelevanter Endpunkt bewertet, im Unterschied zur Einschätzung der EMA und der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften.
  • Hohe Preisforderungen: Novartis war 2020 mit Jahreskosten für Alpelisib von über 70 000 Euro gestartet. Da Alpelisib bei vielen Patienten mit schweren und behandlungsbedürftigen Nebenwirkungen belastet ist, entstehen weitere Kosten durch die engmaschige Betreuung der behandelten Patienten.
  • Mangelnde Flexibilität: Das AMNOG-Konzept funktioniert nur, wenn beide Partner in den Preisverhandlungen flexibel im Interesse der Patienten agieren.

Die Fachgesellschaften hatten sich für einen Zusatznutzen bei einer kleinen Gruppe von Patienten mit weit fortgeschrittenem Brustkrebs ausgesprochen. Die Marktrücknahme erfordert nun einen Import für einzelne Patienten und verunsichert diese.

Quelle

G-BA. Tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL): Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V Alpelisib (Mammakarzinom mit PIK3CA-Mutation, HR+, HER2-, Kombination mit Fulvestrant. 18. Februar 2021.

Literatur

1. DGHO. Pressemeldung „Marktrücknahme von Alpelisib zulasten von Brustkrebspatient*innen“. https://www.dgho.de/aktuelles/presse/pressemeldungen (19.04.21).

Krankenhauspharmazie 2021; 42(06):274-274