G-BA-Beschluss

Upadacitinib bei atopischer Dermatitis (neues Anwendungsgebiet)


Solvejg Langer, Stuttgart

Wie lautet die Zulassung?

Das neue Anwendungsgebiet von Upadacitinib (Rinvoq®) ist die mittelschwere bis schwere atopische Dermatitis bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren, die für eine systemische Therapie infrage kommen.

Wie lautet der Beschluss des G-BA?

A. Erwachsene mit mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis, die für eine kontinuierliche systemische Therapie infrage kommen und für die 30 mg Upadacitinib die geeignete Dosis darstellt: Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen.

B. Erwachsene mit mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis, die für eine kontinuierliche systemische Therapie infrage kommen und für die 15 mg Upadacitinib die geeignete Dosis darstellt: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.

C. Jugendliche von 12 Jahren bis < 18 Jahren mit mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis, die für eine kontinuierliche systemische Therapie infrage kommen: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.

Was war die zweckmäßige Vergleichstherapie?

Dupilumab (ggf. in Kombination mit topischen Glucocorticoiden [TCS] und/oder topischen Calcineurin-Inhibitoren [TCI]).

Wie ist die Studienlage?

Studie Heads-Up

Die Nutzenbewertung erfolgte anhand der randomisierten kontrollierten Studie Heads-Up, in der Upadacitinib mit Dupilumab verglichen wurde. Eingeschlossen waren Patienten von 18 bis 75 Jahren mit einer seit mindestens drei Jahren bestehenden mittelschweren bis schweren atopischen Dermatitis (Validated Investigator Global Assessment for Atopic Dermatitis [vIGA-AD] ≥ 3, Eczema Area and Severity Index (EASI) ≥ 16 Punkte, betroffene Körperoberfläche von ≥ 10 %), die innerhalb von sechs Monaten vor Randomisierung unzureichend auf eine topische (TCS/TCI) oder systemische Therapie angesprochen haben.

Die Patienten wurden randomisiert:

  • 348 erhielten täglich 30 mg Upadacitinib
  • 344 erhielten Dupilumab gemäß Fachinformation

Die Behandlungsdauer betrug 24 Wochen. Emollenzien waren als Hintergrundtherapie erlaubt, TCS und/oder TCI mussten abgesetzt werden, konnten aber als Rescue-Therapie wieder angesetzt werden, was jeweils etwa ein Viertel der Patienten in beiden Studienarmen in Anspruch nahm. Endpunkte der Studie waren unter anderem EASI-75, EASI-90 (75%ige bzw. 90%ige Reduktion des EASI) und EASI-100 (Remission) sowie Juckreiz, patientenberichtete Symptomatik und Nebenwirkungen. Endpunkte zur Lebensqualität wurden nicht erhoben.

Ergebnisse

Für den EASI-75 zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen, für den EASI-90 sowie eine vollständige Remission ergab sich ein statistisch signifikanter Vorteil von Upadacitinib. Auch der Juckreiz verbesserte sich unter Upadacitinib signifikant mehr als unter Dupilumab, das Gleiche galt für die patientenberichtete Symptomatik.

Bei der Gesamtrate der schweren unerwünschten Ereignisse (UE; CTCAE-Grad ≥ 3) zeigte sich ein Nachteil für Upadacitinib, der jedoch die positiven Ergebnisse nicht infrage stellt. Bei den spezifischen UE ergaben sich sowohl Vorteile (Konjunktivitis und Augenerkrankungen) als auch Nachteile (Infektionen und Akne) von Upadacitinib gegenüber Dupilumab.

Warum hat der G-BA so entschieden?

A. Der G-BA bewertet die positiven Effekte von Upadacitinib insbesondere auf Juckreiz, EASI-90 und Remission als beträchtlich. Das Verzerrungspotential auf Studienebene wird als niedrig eingestuft. Allerdings ist auch die Dosierung von 15 mg zugelassen, die in der vorgelegten Studie nicht untersucht wurde. Somit ist nicht klar, ob die Studie wirklich die Versorgungspraxis abbildet. Insgesamt ergibt sich dementsprechend ein Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen.

B. Der pharmazeutische Hersteller hat keine geeigneten Daten für die Bewertung des Zusatznutzens bereitgestellt: Upadacitinib ist zwar in der Dosierung von 15 mg zugelassen, diese wurde aber in der vorgelegten Heads-Up-Studie nicht untersucht.

C. Für Jugendliche ist nur die 15-mg-Dosierung zugelassen, somit lagen auch für diese Patientengruppe keine für die Bewertung des Zusatznutzens geeigneten Daten vor.

Weitere Anwendungsgebiete

Neben der atopischen Dermatitis ist Upadacitinib bei rheumatoider Arthritis, Psoriasis-Arthritis und ankylosierender Spondylitis zugelassen. Außer bei der ankylosierenden Spondylitis hat der G-BA Upadacitinib auch in den anderen Indikationen einen Zusatznutzen bescheinigt – zumindest bei bestimmten Patientengruppen.

Ein bescheinigter Zusatznutzen ist in jedem Falle für den Hersteller von Vorteil für die Preisverhandlungen und damit erhöhen sich auch für die Patienten die Chancen, dass der Wirkstoff im deutschen Markt verfügbar bleibt. Nicht selten haben Hersteller in der Vergangenheit Wirkstoffe vom Markt genommen, wenn der G-BA dem Präparat keinen Zusatznutzen zugesprochen hatte und somit die Eingruppierung in eine Festbetragsgruppe und damit häufig der Preisverfall drohte [1].

Dabei trat häufig der Fall auf, dass einem neuen Präparat der Zusatznutzen wegen fehlender vergleichender Studiendaten nicht zugesprochen wurde und nicht, weil sich gezeigt hatte, dass das Präparat im direkten Vergleich mit bestehenden Therapieoptionen keinen Vorteil bot. So bedeutet ein fehlender bescheinigter Zusatznutzen nicht zwangsläufig, dass der Wirkstoff auch wirklich keinen Zusatznutzen hat – möglicherweise ist er für den Patienten trotzdem die beste Therapieoption.

Nutzenbewertung des IQWiG

Wahrscheinlichkeit des Zusatznutzens

  • „Anhaltspunkt“: schwächste Aussagesicherheit
  • „Hinweis“: mittlere Aussagesicherheit
  • „Beleg“: höchste Aussagesicherheit

Ausmaß des Zusatznutzens

  • „gering“: niedrigstes Ausmaß
  • „beträchtlich“: mittleres Ausmaß
  • „erheblich“: höchstmögliches Ausmaß

Quellen

G-BA. Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL): Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a (SGB V) Upadacitinib (Neues Anwendungsgebiet: atopische Dermatitis, ≥ 12 Jahre). 17. Februar 2022.

G-BA. Tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL): Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a (SGB V) Upadacitinib (Neues Anwendungsgebiet: atopische Dermatitis, ≥ 12 Jahre). 17. Februar 2022.

Literatur

Krankenhauspharmazie 2022; 43(04):145-146