G-BA-Beschluss

Tebentafusp (uveales Melanom, HLA-A*02:01-positiv)


Dr. Maja M. Christ, Stuttgart

Uveale Melanome (Aderhautmelanome) kommen in Deutschland mit 400 bis 500 Neuerkrankungen jährlich selten vor. Sie sind in der Regel schwer zu behandeln. Bei 30 % der Patienten metastasiert der Tumor. Eine Genveränderung begünstigt zudem einen schweren Krankheitsverlauf. Im Gegensatz zur Behandlung von Melanomen der Haut schlagen Immuntherapien mit Ipilimumab oder Pembrolizumab beim Aderhautmelanom meist nicht gut an.

Wie lautet die Zulassung?

Tebentafusp (Kimmtrak, Immunocore) ist zugelassen zur Monotherapie bei der Behandlung von HLA (humanes Leukozyten-Antigen)-A*02:01-positiven erwachsenen Patienten mit inoperablem oder metastasiertem uvealem Melanom. Das bispezifische Fusionsprotein richtet sich gezielt gegen das an der Bildung von Melanosomen beteiligte gp100.

Wie lautet der Beschluss des G-BA?

Der G-BA bescheinigt Tebentafusp im genannten Anwendungsgebiet einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen. Tebentafusp ist zugelassen als Arzneimittel zur Behandlung eines seltenen Leidens. Somit gilt der medizinische Zusatznutzen durch die Zulassung als belegt.

Was war die zweckmäßige Vergleichstherapie?

Für Orphan-Drugs müssen keine Nachweise zum medizinischen (Zusatz-)Nutzen im Verhältnis zu einer zweckmäßigen Vergleichstherapie vorgelegt werden.

Wie ist die Studienlage?

Grundlage der Bewertung waren die Ergebnisse zum Zeitpunkt des primären Datenschnitts (10/20) der noch laufenden, zulassungsrelevanten Studie IMCgp100-202. In dieser offenen, randomisierten, multizentrischen kontrollierten Phase-II-Studie mit nicht vorbehandelten Patienten werden Wirksamkeit und Sicherheit von Tebentafusp im Vergleich zu einer Therapie nach ärztlicher Wahl (Dacarbazin, Ipilimumab oder Pembrolizumab) untersucht. Ergänzend wurden Daten der Studie IMCgp100-102 mit vorbehandelten Patienten im metastasierten Stadium vorgelegt.

Die 378 in IMCgp100-202 eingeschlossenen HLA-A*02:01-positiven Patienten wurden 2 : 1 auf Tebentafusp (wöchentlich) oder eine Therapie nach ärztlicher Wahl (alle drei Wochen) randomisiert. Die mediane Behandlungsdauer betrug 163 Tage im Tebentafusp- und 65 Tage im Vergleichsarm. Primärer Studienendpunkt war das Gesamtüberleben (OS). Zudem wurden Daten zur Morbidität, zum Gesundheitszustand, zur Lebensqualität und zu Nebenwirkungen erhoben.

Für den Endpunkt OS zeigte sich ein statistisch signifikanter Unterschied zugunsten von Tebentafusp gegenüber der Therapie nach ärztlicher Wahl (21,7 vs. 16,0 Monate; Hazard Ratio [HR] 0,51; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,37–0,71; p < 0,0001). Bei den schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied. Die vorgelegten Auswertungen erlaubten allerdings keine hinreichend sichere Bewertung und waren nicht geeignet, das Ausmaß des Zusatznutzens von Tebentafusp zu quantifizieren. Die vorgelegten Ergebnisse zu Morbidität und Lebensqualität waren aufgrund großer Unterschiede in den Rücklaufquoten ebenfalls nicht verwertbar.

Warum hat der G-BA so entschieden?

Der G-BA sieht für die Immuntherapie mit Tebentafusp einen beträchtlichen Zusatznutzen, da sich das OS in dieser palliativen Situation deutlich verlängerte – auch wenn die Ergebnisse zu Morbidität, Lebensqualität und Nebenwirkungen beim Ausmaß des Zusatznutzens nicht berücksichtigt werden konnten.

Die Aussagekraft der Studienergebnisse stuft der G-BA als Anhaltspunkt ein. Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass die Studie IMCgp100-202 noch läuft. Zum anderen sei, so der G-BA, aufgrund des offenen Studiendesigns von einem hohen Verzerrungspotenzial auszugehen.

Kosten

Die Jahrestherapiekosten eines Patienten belaufen sich nach Angaben des G-BA auf etwa 803 000 bis 822 000 Euro (Stand Lauer-Taxe: 10/22). Hinzu kommen etwa 4200 Euro für die Herstellung der Zytostatika-haltigen parenteralen Zubereitung und weitere Kosten für etwaige Prämedikationen.

Quellen

Gemeinsamer Bundesausschuss. Beschluss. Tebentafusp (Uveales Melanom, HLA-A*02:01-positiv) vom 20. Oktober 2022.

Gemeinsamer Bundesausschuss. Tragende Gründe zum Beschluss. Tebentafusp (Uveales Melanom, HLA-A*02:01-positiv) vom 20. Oktober 2022.

Gemeinsamer Bundesausschuss. Pressemitteilung – Beträchtlicher Zusatznutzen für erste spezifische Immuntherapie beim Aderhautmelanom vom 20. Oktober 2022.

Krankenhauspharmazie 2022; 43(12):499-499