Aktuelle Meldungen von EMA, FDA, BfArM und AkdÄ


Bettina Christine Martini, Legau

Zulassungsempfehlung für Abirateronacetat (Zytiga, Janssen-Cilag): Der Hemmstoff der Androgen-Biosynthese soll in Kombination mit Prednison oder Prednisolon zur Behandlung von metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom eingesetzt werden, nachdem die Erkrankung nach einer Docetaxel-basierten Chemotherapie progredient war. Die Zulassung wurde beschleunigt empfohlen, weil diese Patienten eine schlechte Prognose haben und Abirateron aufgrund seines neuen Wirkungsmechanismus eine neue therapeutische Alternative bietet.

Mitteilung der EMA vom 22.07.2011


Zulassungsempfehlung für Dexmedetomidin (Dexdor, Orion): Das Sedativum ist ein selektiver Alpha-2-Rezeptor-Agonist und soll zur Sedierung von erwachsenen Patienten auf der Intensivstation eingesetzt werden. Bei Patienten, die keine tiefe Sedierung benötigen, erlaubt Dexmedetomidin mehr Flexibilität. Die Extubationszeit ist im Vergleich zur Standardbehandlung kürzer.

Mitteilung der EMA vom 22.07.2011


Zulassungsempfehlung für Tafamidis (Vyndaqel, Pfizer): Die Substanz soll bei der sehr seltenen Erkrankung der Transthyretin Amyloidose mit symptomatischer Polyneuropathie als Orphan Drug eingesetzt werden. Die Zulassungsempfehlung wurde unter dem besonderen Umstand erteilt, dass sichere Belege zur Wirksamkeit und Sicherheit der Substanz nicht vorliegen, was auf die Seltenheit der Erkrankung zurückzuführen ist.

Mitteilung der EMA vom 22.07.2011


Zulassungsempfehlung für Telaprevir (Incivo, Janssen-Cilag): Das neue Virustatikum soll zur Behandlung der chronischen Hepatitis-C-Infektion vom Genotyp 1 bei Erwachsenen mit kompensierter Lebererkrankung eingesetzt werden. Es gehört zu einer neuen Gruppe von Virustatika, die direkt die Virusreplikation hemmen und zu einer Eradikation des Virus führen können und damit die Erkrankung auch heilen können. Eingesetzt wird es in Kombination mit Peginterferon alfa und Ribavirin. Die Zulassung wurde beschleunigt bearbeitet, weil etwa 70% der HCV-Infektionen in den westlichen Ländern vom Genotyp 1 sind und es wichtig ist, dass hierfür eine wirksame Therapie zur Verfügung steht.

Mitteilung der EMA vom 22.07.2011


Zulassungsempfehlung für neue Darreichungsform von Mercaptopurin (Mercaptopurine Nova Laboratories): Das bei Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen mit akuter lymphoblastischer Leukämie angewendete Arzneimittel liegt nun als oral anwendbare Suspension vor (bisher Tabletten), was Vorteile bei der Dosierung und Verabreichung insbesondere bei kleinen Kindern hat.

Mitteilung der EMA vom 22.07.2011


Zulassungserweiterung für Erlotinib (Tarceva, Roche) empfohlen: Der EGFR-Hemmer (EGFR = Epidermal-Growth-Factor-Receptor) soll nun auch zur Erstlinientherapie von Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem nicht kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) mit aktivierenden EGFR-Mutationen eingesetzt werden. Bisher wurde Erlotinib bei NSCLC als Erhaltung nach einer Platin-basierten First-Line-Chemotherapie oder als Second-Line-Therapie eingesetzt. Daneben wird es bei Pankreaskarzinom angewendet.

Mitteilung der EMA vom 22.07.2011


Zulassungserweiterung für Etanercept (Enbrel, Wyeth) empfohlen: Der Hemmstoff des Tumornekrosefaktors (TNF) soll nun auch bei Kindern mit polyartikulärer juveniler idiopathischer Arthritis ab zwei Jahren (bisher ab vier Jahren) und bei Kindern mit Plaque-Psoriasis ab sechs Jahren (bisher acht Jahren) eingesetzt werden.

Mitteilung der EMA vom 22.07.2011


Zulassungserweiterung für Everolimus (Afinitor, Novartis) empfohlen: Das Immunsuppressivum soll nun auch zur Behandlung von Patienten mit nicht resektablen oder metastasierten, gut bis mäßig gut differenzierten neuroendokrinen Tumoren pankreatischen Ursprungs bei Erwachsenen mit fortschreitender Erkrankung eingesetzt werden. Bisher wird es bei fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom und wesentlich niedriger dosiert (als Certican) zur Prophylaxe von Transplantatabstoßungen eingesetzt.

Mitteilung der EMA vom 22.07.2011


Keine Empfehlung zur Zulassungserweiterung für Duloxetin (z. B. Ariclaim, Cymbalta, Eli Lilly): Der Antrag auf Zulassung des selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmers (SNRI) zur Behandlung mäßig schwerer bis schwerer Schmerzen bei Patienten, die nichtsteroidale Antirheumatika nicht regelmäßig einnehmen, wurde negativ bewertet. Bisher ist der SNRI bei Depressionen, generalisierten Angststörungen, diabetischer Neuropathie sowie bei Frauen mit (Belastungs-)Harninkontinenz zugelassen.

Mitteilung der EMA vom 22.07.2011


Keine Empfehlung zur Zulassung als OTC-Arzneimittel für Sumatriptan (Sumatriptan Galpharm): Das spezifische Mittel zur Behandlung von Migräne soll weiterhin nicht als OTC-Arzneimittel eingesetzt werden. Grund für die Ablehnung ist die Befürchtung, dass die ausreichende medizinische Überwachung der Behandlung nicht gewährleistet werden kann und außerdem ein Missbrauch nicht ausgeschlossen werden kann.

Mitteilung der EMA vom 22.07.2011


Sicherheitsbeurteilung des Grippeimpfstoffs Pandemrix (GlaxoSmithKline) wegen Narkolepsierisiko: Bei Kindern und Jugendlichen wurde nach Impfungen mit dem Schweinegrippe-Impfstoff eine erhöhte Rate von Narkolepsie-Erkrankungen festgestellt. Nun gibt das CHMP abschließend die Empfehlung, dass Personen unter 20 Jahren nur mit Pandemrix geimpft werden sollen, wenn der empfohlene saisonale trivalente Grippeimpfstoff nicht verfügbar ist und eine Immunisierung gegen H1N1 erforderlich ist. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis in der Gesamtheit wird weiterhin positiv beurteilt.

Mitteilung der EMA vom 22.07.2011


Sicherheitsbeurteilung von Pioglitazon wegen Blasenkrebsrisiko: Nachdem eine erhöhte Inzidenz von Blasenkrebs unter Anwendung von Pioglitazon in einer französischen Kohortenstudie gesehen wurde, empfiehlt das BfArM, keine neuen Patienten mehr mit Pioglitazon zu behandeln. Das CHMP empfiehlt Ärzten als risikominimierende Maßnahme, Patienten nur dann mit Pioglitazon zu behandeln, wenn sie nachweislich von der Therapie profitieren. Dies ist drei bis sechs Monate nach Therapiebeginn und dann in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren. Bei der Entscheidung für die Therapie soll das Risikoprofil der Patienten im Hinblick auf das Auftreten von Blasenkrebs berücksichtigt werden.

Mitteilung der EMA vom 22.07.2011, Mitteilung des BfArM vom 22.07.2011


Sicherheitsbeurteilung von Vareniclin (Champix, Pfizer) wegen kardiovaskulären Risikos: Das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Raucherentwöhnungsmittels wird weiterhin positiv beurteilt. In einer Metaanalyse war ein leicht erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse bei Patienten mit kardiovaskulärer Vorerkrankung gesehen worden, die Sterblichkeit war nicht erhöht. Das CHMP sieht einige limitierende Faktoren der Metaanalyse und kommt zu dem Schluss, dass der Nutzen durch den Rauchstopp die Risiken überwiegt.

Die FDA hat aktuell veranlasst, dass Fach- und Gebrauchsinformation mit entsprechenden Warnhinweisen und Informationen zu anderen Möglichkeiten der Raucherentwöhnung ergänzt werden müssen.

Mitteilung der EMA vom 22.07.2011, Mitteilung der EMA vom 23.07.2011

Wichtige Mitteilungen der FDA

Zulassung von Indacaterol (Arcapta Neohaler, Novartis): Das lang wirksame Beta-Sympathomimetikum wurde für erwachsene Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) zur einmal täglichen Anwendung zugelassen. Der neue langwirksame Beta-2-Agonist ist nicht zur Anwendung bei Asthma bronchiale und nicht als Notfalltherapie bei akuten Bronchospasmen zugelassen. In der EU ist Indacaterol bereits seit Dezember 2009 als Onbrez Breezhaler zugelassen.

Mitteilung der FDA vom 01.07.2011


Zulassung von Rivaroxaban (Xarelto, Johnson & Johnson): Der direkte Faktor-Xa-Hemmer Rivaroxaban wurde zur Prophylaxe tiefer Beinvenenthrombosen und Lungenembolien bei erwachsenen Patienten nach Hüft- oder Kniegelenkersatzoperationen zugelassen. Rivaroxaban wird einmal täglich oral angewendet. In der EU wurde Rivaroxaban für diese Indikation im Oktober 2008 die Zulassung erteilt.

Mitteilung der FDA vom 01.07.2011


Zulassung von Ticagrelor (Brilinta, Astra Zeneca): Der Blutgerinnungshemmer soll zur Reduktion von Myokardinfarkten und kardialen Todesfällen bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom eingesetzt werden. In der EU wurde Ticagrelor im Dezember 2010 als Brilique zugelassen.

Mitteilung der FDA vom 01.07.2011


Sicherheitshinweis zu Valproinsäure in der Schwangerschaft: Kinder von Müttern, die während der Schwangerschaft Valproinsäure eingenommen haben, erreichen in späteren kognitiven Tests schlechtere Ergebnisse als Kinder von Müttern, die während der Schwangerschaft andere Antiepileptika eingenommen haben. So das Ergebnis aktueller epidemiologischer Studien in den USA. Wenn möglich, sollte eine alternative Antiepileptika-Therapie erwogen werden.

Mitteilung der FDA vom 30.06.2011


Sicherheitshinweis zu Linezolid (Zyvox, in Deutschland Zyvoxid): Bei Patienten, die neben dem Antibiotikum Linezolid Antipsychotika einnehmen, die über das Serotoninsystem im Gehirn wirken, kann es zu zentralnervösen Nebenwirkungen im Sinne eines Serotoninsyndroms kommen. Daher soll Linezolid nicht bei Patienten angewendet werden, die serotonerge Psychopharmaka einnehmen, es sei denn, es handelt sich um lebensbedrohliche Situationen mit Infektionen von Vancomycin-resistenten Enterococcus faecium (VRE) oder Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA).

Mitteilung der FDA vom 26.07.2011


Sicherheitshinweis zu Methylenblau: Bei gleichzeitiger Anwendung von Methylenblau, das zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken eingesetzt wird, und serotonergen Antipsychotika kann es zu zentralnervösen Nebenwirkungen im Sinne eines Serotoninsyndroms kommen. Daher soll Methylenblau nicht bei Patienten angewendet werden, die serotonerge Psychopharmaka einnehmen, es sei denn, es handelt sich um lebensbedrohliche Situationen wie Methämoglobinämie, Ifosfamid-induzierte Enzephalopathie oder eine Zyanid-Vergiftung.

Mitteilung der FDA vom 26.07.2011

Wichtige Mitteilungen der AkdÄ

Sicherheitshinweis zu Dronedaron (Multaq, Sanofi-Aventis): Dronedaron ist seit November 2009 in der EU zugelassen für erwachsene, klinisch stabile Patienten mit nichtpermanentem Vorhofflimmern, um ein Wiederauftreten des Vorhofflimmerns zu verhindern oder die ventrikuläre Herzfrequenz zu senken. Nun wurde die PALLAS-Studie aufgrund von schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignissen bei Patienten, die Dronedaron eingenommen hatten, abgebrochen. Mit der Studie sollte der Einfluss von Dronedaron als Zusatz zur Standardtherapie auf die Rate von kardiovaskulären Ereignissen oder Todesfällen bei Patienten über 65 Jahre mit permanentem Vorhofflimmern gegenüber Plazebo untersucht werden. Dronedaron sollte nur in den zugelassenen Indikationen eingesetzt werden, nicht bei Patienten mit permanentem Vorhofflimmern. Da es weniger wirksam ist als Amiodaron, kommt es aus Sicht der AkdÄ vor allem in Betracht, wenn Amiodaron nicht vertragen wurde.

Bereits im Januar 2011 wurde vom CHMP ein Verfahren zur Überprüfung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses aufgrund von Berichten über schwere Leberschädigungen einschließlich Leberversagen durch Dronedaron eingeleitet. Die Daten der abgebrochenen PALLAS-Studie werden derzeit in die Bewertung einbezogen, Empfehlungen werden im September erwartet.

Die verschreibenden Ärzte werden aufgefordert, die Patienten mit einer Dronedaron-Behandlung regelmäßig zu überwachen, um sicherzustellen, dass sie nur innerhalb der zugelassenen Indikation behandelt werden.

Drug Safety Mail der AkdÄ Nr. 159 vom 18.07.2011 und Nr. 162 vom 29.07.2011, Mitteilung der EMA vom 22.07.2011, Mitteilung des BfArM vom 22.07.2011

Sicherheitshinweis zu Pelargonien-Wurzel-Extrakt (Umckaloabo, Spitzner): Im Zusammenhang mit der Einnahme des nicht rezeptpflichtigen pflanzlichen Arzneimittels zur Behandlung der akuten Bronchitis wurde der Fall eines 40-jährigen Mannes berichtet, der ohne bekannte Vorerkrankungen und ohne Dauermedikation wegen eines grippalen Infekts mit Husten für einen kurzen Zeitraum Umckaloabo einnahm. Etwa zwei Wochen später kam es zu dumpfen Oberbauchschmerzen und Ikterus, die stationär abgeklärt wurden. Leberenzyme und Bilirubin waren deutlich erhöht, serologische Hinweise auf eine virale Hepatitis oder eine Autoimmunhepatitis ergaben sich nicht. Im deutschen Spontanmeldesystem sind insgesamt 19 Berichte zu unerwünschten Wirkungen an der Leber erfasst. Neben Meldungen über Erhöhungen der Transaminasen, die in der Produktinformation als gelegentlich auftretende Nebenwirkungen aufgeführt sind, werden insgesamt zehn Fälle von Hepatitiden berichtet. In einigen der gemeldeten Fällen kann aufgrund des Fehlens anderer erkennbarer Ursachen von einem „wahrscheinlichen Kausalzusammenhang“ mit Umckaloabo ausgegangen werden. Aus Sicht der AkdÄ kann Umckaloabo außer für Transaminasenerhöhungen sehr selten auch für eine Hepatitis ursächlich sein. Patienten sollten beim Kauf auf potenziell bedrohliche unerwünschte Wirkungen wie Überempfindlichkeitsreaktionen und Leberreaktionen hingewiesen und nach Kontraindikationen (erhöhte Blutungsneigung, Einnahme gerinnungshemmender Medikamente, schwere Leber- und Nierenerkrankungen) befragt werden.

Drug Safety Mail der AkdÄ Nr. 161 vom 29.07.2011

In dieser Rubrik werden wichtige aktuelle Meldungen nationaler und internationaler Arzneimittelbehörden zusammengefasst, die bis Redaktionsschluss vorliegen. Berücksichtigt werden Meldungen folgender Institutionen:

EMA www.ema.europa.eu

Die European Medicines Agency (EMA) ist für die zentrale Zulassung und Risikobewertung von Arzneimitteln in Europa zuständig. Die vorbereitende wissenschaftliche Evaluation erfolgt für Humanarzneimittel durch das CHMP (Committee for Medicinal Products for Human Use), bei Arzneimitteln für seltene Erkrankungen durch das COMP (Committee for Orphan Medicinal Products).

FDA www.fda.gov

Die US Food & Drug Administration (FDA) ist die US-amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde.

BfArM www.bfarm.de

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist eine selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit und u. a. zuständig für Zulassung und Pharmakovigilanz in Deutschland.

AkdÄ www.akdae.de

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) bietet unter anderem unabhängige aktuelle neue Risikoinformationen zu Arzneimitteln (z. B. Risikobekanntgaben, Rote-Hand-Briefe)

Krankenhauspharmazie 2011; 32(09)