EditorialDr. Torsten Hoppe-Tichy, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) e.V.

Ein wenig Kritik

OriginalarbeitCordula Lebert, Nürnberg, und Hartmut Derendorf, Gainesville (Florida)

Therapeutisches Drug-Monitoring von Vancomycin bei Erwachsenen

Retrospektive Analyse von 2008 Talspiegelwerten bei 1122 Patienten

Vancomycin (VAN) ist eine etablierte Therapieoption bei Infektionen mit Methicillin-resistenten Staphylococcus-aureus-Stämmen (MRSA). Allerdings ist der bakterizide Effekt von VAN auf MRSA bereits bei Stämmen reduziert, gegenüber denen die MHK von VAN auf ≥1 mg/l steigt. Da eine Korrelation zwischen der MHK und dem Risiko eines Therapieversagens von VAN besteht, reduzierten daher EUCAST und CLSI den MHK-Wert, ab dem ein MRSA-Stamm als Vancomycin-empfindlich gilt, auf <2 mg/l und die klinischen Fachgesellschaften erhöhten die Zielbereiche für die Plasmatalspiegel. Nephro- und ototoxische Effekte limitieren jedoch VAN-Dosissteigerungen zur Therapieverbesserung. Zur Optimierung der VAN-Exposition werden Talspiegelmessungen nach Therapiestart, gegebenenfalls mit Dosisanpassung, empfohlen.
Anhand der Daten von 1122 Patienten aus den Jahren 1990 bis 2011 wurden retrospektiv die Einflüsse von Dosierungsschemata und Patientenmerkmalen auf die Erreichbarkeit neu definierter Zielbereiche für VAN-Talspiegel bis Therapietag 3 und später untersucht.
Bei Dosierung nach Herstellerangabe lagen die mittleren Talspiegel besonders bei nierengesunden Patienten deutlich unter der aktuellen Leitlinienempfehlung (15–20 mg/l für schwere Infektionen). Auch bei körpergewichtsbezogener Dosierung wurden nur bei einer Minderheit der Patienten empfehlungskonforme Talspiegel erzielt, insbesondere bis Therapietag 3. Es bestand eine moderate Korrelation des Talspiegels mit körpergewichtsbezogener Dosierung. Bei Intensivpatienten haben häufiger auftretende Schwankungen der Nierenfunktion nicht vorhersagbare Effekte auf die VAN-Exposition.
Meist sind VAN-Dosierungen oberhalb der Herstellerempfehlung nötig, um die aktuellen Talspiegel-Zielbereiche von 10 bis 20 mg/l zu erreichen. Die Ergebnisse sprechen für frühzeitige, wiederholte Talspiegelmessungen auch bei nierengesunden Patienten. Die niedrige Exposition in der kritischen frühen Phase und die limitierte Korrelation von Dosierung und Exposition legen nahe, zumindest bei schwer kranken Patienten mit Infektionen von Organen bzw. tiefen Gewebearealen und bei nicht empfindlichen Erregern (MHK von VAN ≥2 mg/l) andere MRSA-wirksame Medikamente einzusetzen.

Das klinische und mikrobiologische Ansprechen sowie das Auftreten einer Toxizität wurden allerdings nicht untersucht.

Schlüsselwörter: Vancomycin, Dosierung, Therapeutisches Drug Monitoring, Talspiegel, Niereninsuffizienz, Körpergewicht, Alter
Krankenhauspharmazie 2013;34:226–39.

FlaggeEnglish abstract

Therapeutic Drug Monitoring of Vancomycin in Adults: Retrospective analysis of 2008 through levels from 1122 patients

Vancomycin (VAN) is an established treatment option for infections involving methicillin-resistant Staphylococcus aureus strains (MRSA). However, the bactericidal effect of VAN on MRSA is reduced in strains with minimal inhibitory concentrations (MICs) of ≥ 1 mg/L. Due to an apparent correlation of VAN MICs with the risk of treatment failure, both EUCAST and CLSI reduced the ”sensitive“ MIC range to < 2 mg/L. Conversely, the clinical medical societies increased the target ranges of VAN plasma through levels. However, nephrotoxic and ototoxic effects limit the use of increased VAN dosages for the improvement of treatment efficacy. Trough level monitoring and corresponding dose adjustments are recommended for the optimization of VAN exposure.

Using the data of 1122 patients from the years 1990 to 2011, we investigated the impact of dose regimens and patient characteristics on the attainment of the newly defined target ranges until day 3 and later in the course of treatment. With dosages recommended by the manufacturers, the mean trough levels remained clearly below the values recommended by current therapeutic guidelines (15–20 mg/L for severe infections), particularly in patients without renal impairment.

Even with body-weight adjusted dosages, only a minority of patients reached plasma levels that meet the guideline recommendations, particularly during the early phase of treatment until day three. A moderate correlation was observed between VAN trough levels and body weight-adjusted dosage. The intraindividual variability of renal function which is commonly observed in intensive care patients further confounds the predictability of VAN exposure. In most cases, VAN dosages beyond the manufacturer recommendation are required to reach the target trough levels specified by the guidelines (10–20 mg/L).

These results strongly support early and repeated VAN trough level measurements even in patients with normal renal function. Moreover, the generally low exposure observed in the critical early phase and the limited correlation of dosage and exposure suggest the use of other antibiotics active against MRSA at least in severely ill patients with infections of organs or deep tissues, or if insensitive bacterial strains are involved (VAN MIC ≥ 2 mg/L). Clinical and microbiological responses as well as toxicities were not investigated in this study.

Key words: vancomycin, dosage, therapeutic drug monitoring, trough level, renal impairment, body weight, age.

ADKA-StatementKoordinierungsgruppe zur Umsetzung und Fortschreibung des Aktionsplanes des Bundesministeriums für Gesundheit zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit in Deutschland (Aktionsplan AMTS)

Der einheitliche Medikationsplan

Standardisierte Informationsquelle für die Arzneimitteltherapie

Krankenhauspharmazie 2013;34:240–1.

SerieAusschuss für Arzneimitteltherapiesicherheit (Dr. Christian Degenhardt, Dr. Torsten Hoppe-Tichy, Pamela Kantelhardt, Dr. Gesine Picksak, Dr. Jochen U. Schnurrer, Prof. Dr. Katja Taxis)

Medikationsfehler

Doppelte Einnahme von Enalapril 10 mg nach Entlassung

Ein Patient wird mit Enalapril 10 mg entlassen und bekommt den Bedarf für das ganze Wochenende mit. Zuhause nimmt er zusätzlich das ihm bekannte Corvo® 10 mg ein.

Serie

Analyse von CYP450-Wechselwirkungen – kleiner Aufwand, große Wirkung

Das Interaktionspotenzial der CSE-Hemmer

Für die Bewertung des pharmakokinetischen Interaktionspotentials der CSE-Hemmer ist das Ausmaß der Affinität zum Cytochrom-P450-Isoenzym 3A4 (CYP3A4) von maßgeblicher Bedeutung. Andere Isoenzyme spielen mit Ausnahme von CYP2C9 beim Fluvastatin keine relevante Rolle. Die am meisten gefürchtete, weil lebensbedrohliche Komplikation bei der Therapie mit CSE-Hemmern ist die Rhabdomyolyse. Diese Nebenwirkung ist dosisabhängig. Vorsicht ist auch geboten bei Komedikation mit Substanzen, die den Abbau dieser Cholesterinsenker hemmen (Abb. 1). In der Interaktionstabelle (Tab. 1) wird das Verhalten von sechs CSE-Hemmern zu Cytochrom-P450-Isoenzymen dargestellt.

ADKA internDr. Matthias Fellhauer, Villingen-Schwenningen, Dr. Cornelia Vetter-Kerkhoff, München, Pamela Kantelhardt, Mainz Dr. Gesine Picksak, Hannover, Dr. Stefanie Swoboda, Heidelberg, Dr. Claudia Langebrake, Hamburg, Dr. Norbert Ohem, Frankfurt (Oder), Prof. Dr. Roland Radziwill, Fulda, Dr. B. Lubrich, Freiburg, Dr. Christoph Sturm, Dachau, Prof. Dr. Wolfgang Kämmerer, Wiesbaden, Dr. Tilman Schöning, Heidelberg, Freia Feldmann, Potsdam, Dr. Sanjiv Sarin, Andernach, Sabine Steinbach, Trier, Dr. Swantje Eisend, Kiel, Dr. Wilhelm Brodschelm, Würzburg

Berichte der ADKA-Ausschüsse

Berichtszeitraum: Januar bis Dezember 2012

Referiert & kommentiertAndrea Breitbach, Bonn

Klinische Pharmazie

Vereinfachung von Arzneimitteltherapie-schemata durch den Apotheker

Die Vereinfachung der Arzneimitteltherapieschemata für ältere Patienten vor ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus ist ein sinnvoller Beitrag zur Verbesserung der Compliance und damit des Behandlungserfolgs. Krankenhausapotheker können dabei wertvolle Hilfe leisten. Damit diese Aufgabe in den Arbeitsalltag von Krankenhausapothekern integriert werden kann, bedarf es jedoch ausreichend geschultes pharmazeutisches Personal.

Referiert & kommentiertDr. Tanja Saußele, Besigheim

Arzneimittelverabreichung durch Kinderkrankenschwestern

Zu wenig Wissen über Interaktionen mit Nahrungsmitteln?

Ein Großteil des Pflegepersonals in Krankenhäusern scheint sich der Problematik beim Verabreichen von Arzneimitteln, vermischt mit Nahrungsmitteln, nicht bewusst zu sein. Darauf könnte zumindest eine kleine Interview-basierte Studie aus England hindeuten.

Referiert & kommentiertDr. Susanne Heinzl, Reutlingen

Meropenem bei intraabdominalen Infektionen

Wirksamkeit und Sicherheit bei Säuglingen

Das Carbapenem-Antibiotikum Meropenem (Meronem®) wird auch von Säuglingen mit schweren intraabdominalen Infektionen gut vertragen und führt bei 84% der Patienten zu einem Therapieerfolg, so das Ergebnis einer offenen, nicht randomisierten Studie mit 200 Frühgeborenen und Säuglingen im Alter unter 91 Tagen.

Referiert & kommentiertHardy-Thorsten Panknin, Berlin, Prof. Dr. Matthias Trautmann, Stuttgart

Antibiotika bei Sepsis

Wie häufig kann auf der Intensivstation deeskaliert werden?

Die initiale Antibiotikatherapie schwerer Infektionen sollte möglichst breit wirksam sein, um auch potenziell resistente Erreger zu erfassen. Nach Vorliegen der mikrobiologischen Kulturergebnisse kann die Therapie adjustiert werden. Eine aktuelle Studie zeigt, dass eine Deeskalation in rund 50% der Fälle möglich ist.

Mit einem Kommentar von Prof. Dr. Matthias Trautmann, Institut für Krankenhaushygiene, Klinikum Stuttgart

Referiert & kommentiertHardy-Thorsten Panknin, Berlin, Prof. Dr. med. Matthias Trautmann, Stuttgart

Antimikrobiell beschichtete Harnwegskatheter

Kein Vorteil bei kurz dauernder Harnwegskatheterisierung

Harnwegsinfektionen unter transurethraler Harnwegskatheterisierung gehören zu den häufigsten nosokomialen Infektionen in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Verschiedene Medizinproduktehersteller propagieren zu ihrer Vermeidung den Einsatz von silberbeschichteten oder Antibiotika-imprägnierten Kathetern.

Mit einem Kommentar von Prof. Dr. med. Matthias Trautmann, Leiter des Instituts für Krankenhaushygiene, Klinikum Stuttgart

Referiert & kommentiertDr. Susanne Heinzl, Reutlingen

Makrocyclin-Antibiotikum

Fidaxomicin – spezifisch wirksam gegen Clostridium difficile

Fidaxomicin (Dificlir®) ist ein neues Makrocyclin-Antibiotikum, das seit Januar 2013 in Deutschland zur Behandlung von Erwachsenen mit Clostridium-difficile-Infektionen (CDI) zur Verfügung steht. Phase-III-Studien belegen, dass die neue Substanz vergleichbar gute Heilungsraten wie Vancomycin erzielt, Rezidive jedoch besser verhindert. Das nur lokal im Darm wirkende Antibiotikum ist gut verträglich, wie bei einer Pressekonferenz von Astellas Pharma GmbH, München, Anfang Dezember 2012 in Hamburg berichtet wurde.

NotizenBettina Christine Martini, Legau

Aktuelle Meldungen von EMA, FDA, BfArM und AkdÄ