G-BA-Beschluss: Neubewertung

Ribociclib bei postmenopausalen Frauen mit Mammakarzinom (HR+/HER2–) in Kombination mit einem Aromatasehemmer oder Fulvestrant


Dr. Maja M. Christ, Stuttgart

Wie lautet die Zulassung?

Ribociclib (Kisqali®) ist zugelassen zur Behandlung von Frauen mit Hormonrezeptor(HR)-positivem, humanen epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor-2(HER2)-negativem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Mammakarzinom in Kombination mit einem Aromatasehemmer oder Fulvestrant als initiale endokrinbasierte Therapie oder bei Frauen mit vorangegangener endokriner Therapie. Bei prä- oder perimenopausalen Frauen sollte die endokrine Therapie mit einem LHRH(Luteinisierendes-Hormon-Releasing-Hormon)-Agonisten kombiniert werden.

Wie lautet der Beschluss des G-BA?

Ribociclib wurde erstmals im September 2017 in Deutschland in Verkehr gebracht. Insbesondere bei postmenopausalen Frauen wurde damals kein Zusatznutzen attestiert. Nun liegt eine im Vergleich zur ersten Nutzenbewertung verbesserte Datenlage vor, anhand derer eine neue Nutzenbewertung durchgeführt wurde. Ausmaß und Wahrscheinlichkeit des Zusatznutzens von Ribociclib betragen:

  • In Kombination mit einem Aromatasehemmer (Letrozol): Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen
  • In Kombination mit Fulvestrant:
  • Ohne initiale endokrine Therapie: Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen
  • Mit vorangegangener endokriner Therapie: Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen

Was war die zweckmäßige Vergleichstherapie?

  • Ohne initiale endokrine Therapie: Anastrozol, Letrozol, Fulvestrant oder ggf. Tamoxifen, wenn Aromatasehemmer nicht geeignet sind.
  • Mit vorangegangener endokriner Therapie: Tamoxifen, Anastrozol, Fulvestrant, Letrozol, Exemestan oder Everolimus (in Kombination mit Exemestan).

Wie ist die Studienlage?

Den Beschlüssen liegen neue Daten der randomisierten, doppelblinden Zulassungsstudien MONALEESA-2 (plus Aromatasehemmer) und MONALEESA-3 (plus Fulvestrant) zugrunde. In den Studien ergaben sich unter Ribociclib Vorteile im Gesamtüberleben:

  • In Kombination mit Aromatasehemmer: Hazard-Ratio [HR] 0,78; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,62–0,98, p = 0,034
  • In Kombination mit Fulvestrant (Gesamtpopulation: HR 0,72; 95%-KI 0,57–0,92; p = 0,009):
  • Ohne initiale endokrine Therapie: HR 0,71; 95%-KI 0,54–0,94 p = 0,015
  • Mit vorangegangener endokriner Therapie: HR 0,70; 95%-KI 0,40–1,24; p = 0,226

In der Gesamtschau der Ergebnisse zu unerwünschten Ereignissen liegen statistisch signifikante und bedeutsame Nachteile für Ribociclib vor.

Warum hat der G-BA so entschieden?

Der pharmazeutische Unternehmer konnte neue Daten vorlegen. Sie weisen Vorteile bei der Lebensverlängerung nach, die die deutlichen Nachteile in Bezug auf Nebenwirkungen überwiegen. Insgesamt ist dem G-BA zufolge daher von einem geringen Zusatznutzen auszugehen.

Da der Nutzenbewertung die Ergebnisse von jeweils nur einer Studie zugrunde liegen, können hinsichtlich der Aussagesicherheit maximal Hinweise auf einen Zusatznutzen abgeleitet werden – auch wenn das Verzerrungspotenzial der Studien im Großen und Ganzen als niedrig eingestuft wurde.

  • In Kombination mit Aromatasehemmer: Die Ergebnisse zum Gesamtüberleben sind im Vergleich zur ersten Nutzenbewertung aussagekräftiger, doch es handelt sich noch nicht um die finale Analyse nach Eintreten von 400 Todesfällen. Aufgrund weiterer Unsicherheiten wird der Zusatznutzen in die Kategorie „Anhaltspunkt“ eingestuft.
  • In Kombination mit Fulvestrant:
  • Ohne endokrine Therapie: Das Verzerrungspotential für die Endpunkte Symptomatik und gesundheitsbezogene Lebensqualität wird als hoch eingestuft, eine Herabstufung der Aussagesicherheit für die Gesamtbewertung scheint jedoch nicht gerechtfertigt. Daher wird die Aussagesicherheit in die Kategorie „Hinweis“ eingestuft.
  • Mit vorangegangener endokriner Therapie: Es ist mit relevanten Unsicherheiten verbunden, die Ergebnisse zum Gesamtüberleben der Gesamtpopulation für die Bewertung des Zusatznutzens in dieser Teilpopulation heranzuziehen. Daher erfolgt die Einstufung der Aussagesicherheit in die Kategorie „Anhaltspunkt“.

Kosten

Für eine Behandlung mit Ribociclib kommt der G-BA auf Jahrestherapiekosten von 20 081,69 bis 29 329,89 Euro (mit Aromatasehemmer) bzw. auf 37 897,32 Euro (mit Fulvestrant) [Lauer-Taxe; Stand 1. August 2020].

Kommentar

Diese Neubewertung zeigt einmal mehr, wie schwierig die Bewertung des Zusatznutzens nach dem AMNOG sein kann. Dem Zusatznutzen von Ribociclib standen bislang vor allem die unerwünschten Ereignisse im Wege. Häufigste Nebenwirkungen vom Grad 3/4 waren Infektionen, Neutropenie und Leukopenie. In den aktuellen Interimsanalysen der Studien war nun der Überlebensvorteil allerdings so groß, dass der G-BA der Ansicht ist, dass dieser Vorteil auch bei postmenopausalen Frauen die Inkaufnahme von Nebenwirkungen durchaus rechtfertigt.

Interessanterweise hatte das Institut für Qualität im Gesundheitswesen (IQWiG) im Juni 2020 für mehrere Teilpopulationen den Zusatznutzen als nicht belegt angesehen. Es kommt nicht oft vor, dass der G-BA den IQWiG-Empfehlungen nicht folgt.

Quellen

Fachinformation Kisqali®. Novartis Pharma. Stand 07/2020.

G-BA. Nutzenbewertungsverfahren zum Wirkstoff Ribociclib (Neubewertung nach Fristablauf: Mammakarzinom, HR+, HER2-, Kombination mit einem Aromatasehemmer). www.g-ba.de/bewertungsverfahren/nutzenbewertung/526/ (Zugriff am 07.09.20).

G-BA. Nutzenbewertungsverfahren zum Wirkstoff Ribociclib (Neubewertung nach Fristablauf: Mammakarzinom, HR+, HER2-, Kombination mit Fulvestrant). www.g-ba.de/bewertungsverfahren/nutzenbewertung/527/ (Zugriff am 07.09.20).

G-BA. Pressemitteilung. Bessere Datenlage zum Nutzenprofil von Ribociclib bei Brustkrebs: G-BA anerkennt Zusatznutzen. www.g-ba.de/presse/pressemitteilungen/884/ (Zugriff am 07.09.20).

IQWiG. Ribociclib (Mammakarzinom; Kombination mit Aromatasehemmern) - Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V. Dossierbewertung 02.06.2020.

IQWiG. Ribociclib (Mammakarzinom; Kombination mit Fulvestrant) - Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V. Dossierbewertung 02.06.2020.

Krankenhauspharmazie 2020; 41(10):399-400