Arzneistoffe in der Pädiatrie richtig dosieren


Alenka Pecar, München

Pädiatrische Dosistabellen

Dosierung kinderärztlich verordneter Arzneimittel

Von Linda Jaffan-Kolb und Harald Erdmann. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2021. 16., überarbeitete und erweiterte Auflage. XIV, 824 Seiten. Auch als E-Book erhältlich. Flexibel 39,80 Euro. ISBN 978–3–8047–3837–9. E-Book 39,80 Euro. ISBN 978–3–8047–4208–6.

Mittlerweile gibt es die Pädiatrischen Dosistabellen in der 16. Auflage, das zeigt schon sehr deutlich, dass das Buch häufig zu Rate gezogen wird und (Stamm-)Käufer hat. Da bei der Arzneimitteltherapie bei Kindern in der Apotheke eine Überprüfung der Dosierung auf Plausibilität erfolgen muss, ist dieses Werk sehr hilfreich. Es ist in Monographieform gehalten und deshalb sehr übersichtlich. Im Hauptteil werden auf über 800 Seiten mehr als 300 Arzneistoffe alphabetisch aufgeführt. Abgehandelt werden (Haupt-)Indikationen, Dosierung, Handelspräparate, Hinweise, ggf. empfindliche Erreger, wichtige Nebenwirkungen, Informationen zur pädiatrischen Zulassung und zum Off-Label- oder Unlicensed Use. Im Bereich des Off-Label-Use wird man seitens der Hersteller oft allein gelassen, deshalb ist es sehr positiv, wenn Erfahrungen aus diesem Bereich zu verwendeten Indikationen oder Dosierungen zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus erfolgen Informationen zur erregerspezifischen Antibiotikaauswahl, die sehr kurz gehalten sind (leider wird die darin angegebene Literaturstelle „Scholz“ im Literaturverzeichnis nicht genauer angegeben). Aufgeführt wird eine Tabelle mit Körpergewichten und Körperoberflächen – diese ist extrem hilfreich, weil man in der Praxis oft überfordert ist, wenn man beispielsweise beurteilen soll, ob ein Körpergewicht von 25 kg für ein zehnjähriges Mädchen noch „halbwegs“ normal ist. Auch sind in den Monographien gute hilfreiche Praxistipps dabei, wie bei Vancomycin „zur oralen Applikation kann auch die Injektionslösung getrunken werden“, bei Codein erfolgt der Hinweis auf mögliche Probleme (Morphinintoxikation) bei einer CYP2D6 Variabilität, bei Coffeincitrat wird erwähnt, dass 20 mg Coffeincitrat 10 mg Coffein entsprechen – in der Praxis ein häufiger Dosierungsfehler.

Einige Hinweise habe ich vermisst, manches ist leider zu unkonkret.

Beispielsweise zu Ampicillin: Natürlich können in einem Büchlein bei einem Antibiotikum nicht alle empfindlichen Erreger aufgeführt werden, aber bei Ampicillin müssen Listerien genannt sein. Dies ist der alleinige Grund, warum Ampicillin zur Standardtherapie der Neugeborenensepsis gehört. Oder bei Ganciclovir der Hinweis, dass man beim Oralisieren auf Valganciclovir zurückgreifen kann. Gentamicin wird nach „idealem“ Körpergewicht dosiert, hier wäre eine kurze Formel hilfreich. Die Anwendung von Clindamycin wird wegen des Konservierungsmittelzusatzes bei Früh- und Neugeborenen nicht empfohlen. Ich hätte es gerne konkreter: es geht um das Konservierungsmittel Benzylalkohol. Bei Cotrimoxazol wird zwar angegeben, dass sich Cotrimoxazol aus Sulfamethoxazol und Trimethoprim zusammensetzt, leider steht bei der Angabe der Dosierung nicht dabei, auf welchen Arzneistoff sich die angegebenen Milligramm beziehen. Auch dies ist ein häufiger Grund für Dosierungsfehler in der Pädiatrie. Bei Tobramycin werden Serumspiegelkontrollen empfohlen, es wird der Bereich für den gewünschten Spitzenspiegel angegeben, leider ohne genaue Angabe, wann genau ein solcher Spitzenspiegel abzunehmen ist: direkt nach Infusionsende oder später? Als Applikationsmodus wird „i. v.“ beschrieben, laut Fachinformation (z. B. TobraZid®) darf Tobramycin aber nicht als i. v.-Injektion, sondern nur als Kurzinfusion über mindestens 30 Minuten verabreicht werden. Bei Vancomycin wird eine Dosierung nach „PMA“ angegeben, bei Tobramycin nach „SSW“, leider fehlen Erklärungen dazu in der Rubrik „Abkürzungen“. Vancomycin soll „langsam“ infundiert werden, auch das könnte konkreter angegeben werden (über 60 Minuten).

Diese Kritikpunkte sollten aber bitte nur als mögliche Verbesserungsvorschläge für eine neue Auflage verstanden werden, sie schmälern den durchaus positiven Gesamteindruck des Buches überhaupt nicht, für das knapp 40 Euro sicher nicht überbezahlt sind. Ganz klar: so ein Buch sollte in keiner Apotheke oder Kinderarztpraxis fehlen.

Krankenhauspharmazie 2021; 42(07)