G-BA-Beschluss

Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor in Kombination mit Ivacaftor bei Kindern mit zystischer Fibrose


Solvejg Langer, Stuttgart

Wie lautet die Zulassung?

Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor (Kaftrio®) wird angewendet als Kombinationsbehandlung mit Ivacaftor (Kalydeco®) zur Behandlung der zystischen Fibrose (CF, Mukoviszidose) bei Patienten ab 6 Jahren, die mindestens eine F508del-Mutation im CFTR-Gen (Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator) aufweisen.

Morgens wird die Kombinationstablette eingenommen, abends die Ivacaftor-Mono-Tablette.

Wie lautet der Beschluss des G-BA?

Der G-BA hat mehrere Beschlüsse zur Anwendung von Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor in Kombination mit Ivacaftor bei Kindern im Alter von 6 bis 11 Jahren mit zystischer Fibrose veröffentlicht. Je nach vorliegender Gen-Mutation fiel die Bewertung unterschiedlich aus:

1. Heterozygot bzgl. F508del- und andere bzw. unbekannte Mutation: Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.

2. Heterozygot bzgl. F508del- und RF-Mutation (Restfunktionsmutationen): Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.

3. Heterozygot bzgl. F508del- und Gating-Mutation (inkl. R117H): Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.

4. Homozygot bzgl. F508del-Mutation: Anhaltspunkt auf einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen.

5. Heterozygot bzgl. F508del- und MF-Mutation (Minimalfunktionsmutationen): Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen

Was war die zweckmäßige Vergleichstherapie?

Je nach vorliegender Gen-Mutation unterschied sich auch die zweckmäßige Vergleichstherapie

1. Best-Supportive-Care (BSC)

2. Tezacaftor/Ivacaftor in Kombination mit Ivacaftor

3. Ivacaftor

4. Lumacaftor/Ivacaftor oder Tezacaftor/Ivacaftor in Kombination mit Ivacaftor

5. Best Supportive Care (BSC)

Wie ist die Studienlage?

Für die ersten drei Patientengruppen liegen keine geeigneten Daten vor.

4. Der pharmazeutische Unternehmer (pU) legt die einarmige offene Phase-III-Studie VX18-445-106 mit 29 Kindern von 6 bis 11 Jahren vor sowie die randomisierte, doppelblinde Phase-III-Studie VX18-445-109 bei älteren Patienten ab 12 Jahren. In letzterer wurde Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor gegen den aktiven Komparator Tezacaftor/Ivacaftor verglichen. Der pU geht von einer Übertragbarkeit der alters- und mutationsübergreifenden Daten auf die jüngere Patientenpopulation aus.

5. Für die Bewertung liegt die multizentrische, randomisierte, doppelblinde, Placebo-kontrollierte Phase-III-Studie VX19-445-116 vor, in der Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor in Kombination mit Ivacaftor plus BSC mit Placebo plus BSC verglichen wurde. In den Endpunkten pulmonale Exazerbationen, Lung Clearance Index (LCI2,5), BMI und BMI-z-Score, in den Domänen des CFQ-R (Gesundheitsbezogene Lebensqualität) in den Kategorien Morbidität (Atmungssystem und gastrointestinale Symptome) und Lebensqualität (soziale Einschränkungen) sowie Abdominalschmerz ergab sich ein statistisch signifikanter Unterschied zugunsten von Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor in Kombination mit Ivacaftor.

Warum hat der G-BA so entschieden?

1. Der pU hat keine Studiendaten vorgelegt, die eine Bewertung des Zusatznutzens ermöglichen. Eine Übertragung des Zusatznutzens bei heterozygoter F508del-Mutation und Minimalfunktionsmutation ist wegen der nicht gesicherten Vergleichbarkeit der Pathophysiologie nicht möglich. Auch für Patienten über 12 Jahre mit dieser Mutation liegen keine Daten vor, sodass eine Übertragung der Ergebnisse auf jüngere Kinder ebenfalls nicht möglich ist.

2./3.Der pU hat keine direkt vergleichenden Studien gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie vorgelegt. Die Argumentation des pU für einen Zusatznutzen erfolgt allein über das Wirkprinzip, ohne dass patientenrelevante Endpunkte für die betrachtete Patientengruppe untersucht wurden. Überdies wird mit Daten der einer Studie (RCT VX19-445-116) argumentiert, die mit einer abweichenden zweckmäßigen Vergleichstherapie durchgeführt wurde.

4. Der pU legt keine direkt vergleichenden Studien vor. Die einarmige Studie ist aufgrund des Designs nicht für die Bewertung des Zusatznutzens gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie geeignet, liefert aber stützende Daten für eine Übertragung des Zusatznutzens. Aus der gemeinsamen Betrachtung mit der Studie an der älteren Patientenpopulation stellt der G-BA aufgrund der Unsicherheit durch die Übertragung auf eine jüngere Population nur einen Anhaltspunkt auf einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen fest.

5. Es liegt zwar nur eine Studie für die Nutzenbewertung vor, das Verzerrungspotenzial wird jedoch als niedrig eingeordnet. Somit ergibt sich für die Aussagesicherheit für den festgestellten Zusatznutzen die Kategorie „Hinweis“. Somit liegt insgesamt ein Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen vor.

Nutzenbewertung des IQWiG

Wahrscheinlichkeit des Zusatznutzens

  • „Anhaltspunkt“: schwächste Aussagesicherheit
  • „Hinweis“: mittlere Aussagesicherheit
  • „Beleg“: höchste Aussagesicherheit

Ausmaß des Zusatznutzens

  • „gering“: niedrigstes Ausmaß
  • „beträchtlich“: mittleres Ausmaß
  • „erheblich“: höchstmögliches Ausmaß

Quellen

Beschlüsse und tragende Gründe des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie: Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V): Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor. https://www.g-ba.de/beschluesse/zum-aufgabenbereich/54/ (Zugriff am 30.08.2022)

Krankenhauspharmazie 2022; 43(10):421-422