
Foto: Peter Pulkowski, Universitätsmedizin Mainz
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Krankenhauspharmazie an sich und die Klinische Pharmazie im Besonderen waren mir mein gesamtes Berufsleben lang ein großes Anliegen und eine große Freude. Ich bin stolz, dass ich eine Botschafterin der Krankenhauspharmazie, der Klinischen Pharmazie und insbesondere der onkologischen Pharmazie sein konnte und sein durfte.
Wie viele onkologische Pharmazeuten kam ich über die aseptische Zubereitung von applikationsfertigen Zytostatikazubereitungen zur Onkologie. Ich hatte nach Abschluss meiner Promotion in Pharmazeutischer Chemie die einmalige Chance, einen gerade aus den USA kommenden Chefarzt der Hämatoonkologie zu treffen. Er suchte einen Krankenhausapotheker, der „wie im Memorial Slown Kettering Cancer Center in New York“ sich unter pharmazeutischen Aspekten um die Arzneimitteltherapie seiner Patienten kümmerte. So durfte ich eine zentrale Zytostatikazubereitung aufbauen und mich mit allen fachlichen und wissenschaftlichen Fragestellungen dazu beschäftigen. Die Entwicklung war rasant und heute beschäftigen wir uns mit der systemischen Antitumortherapie und Advanced Therapy Medicinal Products. In allen Phasen konnte ich mein Wissen in pharmazeutischer Chemie und pharmazeutischer Technologie anwenden und in der Forschung vertiefen. Solche Glücksfälle gibt es nicht jeden Tag, aber viel öfter als man denkt. Aus dem medizinischen Fortschritt ergeben sich ständig neue Fragestellungen zur Arzneimitteltherapie in allen medizinischen Fachrichtungen, die mittels angewandter pharmazeutischer Forschung beantwortet werden können. Dabei kommt uns unsere hervorragende naturwissenschaftliche Ausbildung zugute, die uns auch in Zukunft wichtig sein sollte.
Zu meinen Anfängen als Krankenhausapothekerin steckte das Fach Klinische Pharmazie in Deutschland noch in den Kinderschuhen, war aber in den angelsächsischen Krankenhausapotheken Schwerpunkt der Arbeit. Die Entwicklung und Etablierung von pharmazeutischen Dienstleistungen und der patientenorientierten Pharmazie machten wir uns auch in den deutschen Krankenhausapotheken zum Ziel. Auf dem Weg dahin definierten wir den Weiterbildungstitel „Apotheker für Klinische Pharmazie“ für die Fachweiterbildung in der Krankenhausapotheke. Erst viele Jahre später konnten wir die Klinische Pharmazie als Lehr- und Prüfungsfach in der Approbationsordnung verankern. Heute haben klinische Pharmazeuten viele Aufgaben und Rollen in den verschiedensten medizinischen Fachrichtungen im Krankenhaus inne. Durch pharmazeutische Betreuung wird ohne Zweifel ein Nutzen für den individuellen Patienten und die Gesellschaft erzielt.
Closed Loop Medication Management verbessert nicht nur die Arzneimitteltherapiesicherheit und Patientensicherheit von onkologischen Patienten, sondern wird vielfältig für im Krankenhaus behandelte Patienten wie chirurgische und internistische Patienten unterschiedlicher Disziplinen, Intensiv- und Notaufnahmepatienten, pädiatrische und geriatrische Patienten erbracht. Jede Patientengruppe hat spezifische Fragestellungen, die gemeinsam im therapeutischen Team bearbeitet und beantwortet werden müssen. Dazu bedarf es einer guten Kooperation von Ärzten, Pflegekräften und klinischen Pharmazeuten. Als Juniorpartner hat man es nicht immer leicht und muss sich das Vertrauen und die Anerkennung durch besonders gute Leistungen erarbeiten. Zudem fehlt es immer noch an einer offiziellen Entgeltregelung für die klinischen Pharmazeuten im Krankenhausentgeltsystem. In Anlehnung an die Regelung im niedergelassenen Bereich sollten auch im Krankenhaus pharmazeutische Dienstleistungen vor der Entlassung oder in der Ambulanz (z. B. erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation, pharmazeutische Betreuung von Organtransplantierten) erbracht und abgerechnet werden dürfen.
Die Krankenhauspharmazie steht heute auf drei Säulen; das sind die pharmazeutischen Dienstleistungen, die pharmazeutische Logistik und die Arzneimittelherstellung. In jedem der drei Bereiche gibt es sehr interessante Aufgaben, Entwicklungen und Herausforderungen. In jedem Bereich gibt es pharmazeutische, technologische, gerätetechnische, informationstechnische und ökonomische Themen zu bearbeiten. Spannende Aufgaben ergeben sich aus fortschreitender Digitalisierung und Automatisierung sowie Künstlicher Intelligenz, Weiterentwicklungen bei Zell- und Gentherapien, Arzneimittel-Medizinprodukte-Kombinationen, der Eigenherstellung bei Lieferengpässen und bei der Katastrophenvorsorge. Der Beruf des Krankenhausapothekers ist so vielfältig und abwechslungsreich, dass es für jeden jungen Kollegen attraktiv ist, in der Krankenhausapotheke anzufangen und seine Talente und Fähigkeiten zum Nutzen der Patienten einzubringen.
Ich jedenfalls habe es so erlebt und würde mich jederzeit wieder für die Krankenhauspharmazie entscheiden. Dort konnte ich mein Berufsleben zu meiner großen Freude produktiv und innovativ gestalten. Ich verabschiede mich in den Ruhestand in Anlehnung an Hermann Hesse:
„Wie jede Blüte welkt und jede Jugend dem Alter weicht,
blüht jede Lebensstufe, blüht jede Weisheit auch und jede Tugend zu ihrer Zeit und (darf) kann nicht ewig dauern.“
Alles Gute für eine weiterhin produktive, innovative, integrative und empathische Krankenhauspharmazie wünscht Euch Eure Irene Krämer
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