Annika Harsch, Stuttgart
Wie lautet die Zulassung?
Nirsevimab (Beyfortus®, Sanofi) ist indiziert zur Prävention von Erkrankungen verursacht durch das respiratorische Synzytial-Virus (RSV) der unteren Atemwege bei:
- Neugeborenen und Säuglingen während ihrer ersten RSV-Saison
- Kindern im Alter von bis zu 24 Monaten, die während ihrer zweiten RSV-Saison weiterhin anfällig für eine schwere RSV-Erkrankung sind
Wie lautet der Beschluss des G-BA?
Der Beschluss bezieht sich auf das Anwendungsgebiet: Nirsevimab ist indiziert zur Prävention von RSV-Erkrankungen der unteren Atemwege bei Neugeborenen und Säuglingen während ihrer ersten RSV-Saison, die nicht im Therapiehinweis des G-BA zu RSV-Antikörpern adressiert sind [1]. Für dieses Anwendungsgebiet sieht der G-BA einen Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen.
Was war die zweckmäßige Vergleichstherapie?
Als zweckmäßige Vergleichstherapie galt beobachtendes Abwarten.
Wie ist die Studienlage?
Für den Beschluss wurden Studiendaten der beiden randomisiert-kontrollierten Studien HARMONIE und MELODY herangezogen.
In der laufenden, offenen HARMONIE-Studie fand eine 1 : 1-Randomisierung von Nirsevimab gegenüber keiner Intervention statt. Eingeschlossen wurden 8507 vorwiegend gesunde Kinder mit einem maximalen Alter von zwölf Monaten und einem Gestationsalter von mindestens 29 Wochen, die nicht für eine Therapie mit Palivizumab infrage kamen.
In der abgeschlossenen, doppelblinden MELODY-Studie erhielten die Teilnehmer 2 : 1-randomisiert Nirsevimab oder Placebo. Hier wurden 3012 Kinder mit einem maximalen Alter von zwölf Monaten und einem Gestationsalter von mindestens 35 Wochen eingeschlossen, ebenfalls ohne Indikation für Palivizumab.
Insgesamt lagen statistisch signifikante Vorteile mit hoher Aussagesicherheit für die Endpunktkategorie Morbidität vor: Unter Nirsevimab zeigten sich Vorteile bei (schweren) RSV-bedingten Infektionen der unteren Atemwege. In den Endpunktkategorien Mortalität und Nebenwirkungen konnten keine für die Nutzenbewertung relevanten Unterschiede festgestellt werden. Für die Endpunktkategorie gesundheitsbezogene Lebensqualität lagen keine Daten vor.
Für die Studienergebnisse bestehen Unsicherheiten hinsichtlich des Endpunkts Abbruch wegen unerwünschter Ereignisse in der Studie HARMONIE, bedingt durch eine fehlende Verblindung. Weiterhin bestehen in beiden Studien Unsicherheiten bezüglich des Anteils eingeschlossener Kinder, die nicht der Zielpopulation des zu bewertenden Anwendungsgebiets entsprechen. Von diesen Punkten abgesehen wird das Verzerrungspotenzial der Studienergebnisse jedoch als niedrig eingeschätzt.
Warum hat der G-BA so entschieden?
Basierend auf den positiven Effekten in der Endpunktkategorie Morbidität bescheinigt der G-BA dem monoklonalen Antikörper einen Zusatznutzen. Die oben genannten Unsicherheiten führten jedoch zu einer eingeschränkten Aussagekraft der Studienergebnisse, weshalb der G-BA die Vorteile als Hinweis einordnete.
Kosten
Die Jahrestherapiekosten pro Patient liegen nach Abzug gesetzlich vorgeschriebener Rabatte für Nirsevimab bei rund 428 Euro (Stand Lauer-Taxe: 1. August 2025). Für die Vergleichstherapie beobachtendes Abwarten ordnet der G-BA die Jahrestherapiekosten als nicht bezifferbar ein.
Quellen
Gemeinsamer Bundesausschuss. Beschluss. Nirsevimab (Erstmalige Dossierpflicht: Prävention von RSV-Erkrankungen, Kinder während ihrer 1. RSV-Saison, die nicht im Therapiehinweis zu RSV-Antikörpern adressiert sind) vom 21.08.2025.
Gemeinsamer Bundesausschuss. Tragende Gründe zum Beschluss. Nirsevimab (Erstmalige Dossierpflicht: Prävention von RSV-Erkrankungen, Kinder während ihrer 1. RSV-Saison, die nicht im Therapiehinweis zu RSV-Antikörpern adressiert sind) vom 21.08.2025.
Literatur
1. Gemeinsamer Bundesausschuss. Anlage IV: Therapiehinweise gemäß § 92 Abs. 2 Satz 7 SGB V. Absatz: Respiratorisches-Synzytial-Virus-Antikörper.
Krankenhauspharmazie 2025; 46(10):1-1