Wechselwirkungen – should we care?
Im Rahmen eines Arzneimitteltherapiesicherheits-(AMTS-)Schwerpunktjahres des Kepler Universitätsklinikums Linz wurde die Apotheke mit einem Projekt zur Statuserhebung Wechselwirkungen (WW) beauftragt. Ziel war es, für das Haus relevante Hochrisiko-Arzneistoffe zu identifizieren, potenziell schwere WW mit diesen Arzneistoffen zu quantifizieren, den Entstehungsort (stationär/ambulant) der Wechselwirkungspaare aufzuzeigen und die Art des möglichen klinischen Managements der WW zu beschreiben.
Es wurde eine retrospektive, nichtinterventionelle Datenerhebung an Patienten mit elektronischer Fieberkurve durchgeführt. Potenziell schwere WW (Klassifizierung analog Datenbanken) wurden einzeln für jeden Risikoarzneistoff bzw. für jede Risikogruppe (hohes Wechselwirkungspotenzial laut Literatur) mithilfe von sechs Wechselwirkungsdatenbanken durch einen klinischen Pharmazeuten analysiert und ein mögliches Management erarbeitet. Erhebungszeitraum waren je Arzneistoff drei bzw. sieben aufeinanderfolgende Tage, abhängig von der Verschreibungshäufigkeit des Arzneistoffs.
Im Erhebungszeitraum wurden 228 Patienten mit einem Risikoarzneistoff in die Studie eingeschlossen. 54 (23,7 %) Patienten hatten 63 potenziell schwere Interaktionen. 59 % dieser WW wurden stationär verursacht. Die Top-5-Arzneistoffe, die fast immer mit schweren Wechselwirkungen einhergingen, waren Lithium, Azole, Carbamazepin, Ciclosporin und Tacrolimus. Von 21 (9,2 %) Patienten mit diesen Wirkstoffen hatten 14 (67 %) eine potenziell schwere WW. Die Top-5-Arzneistoffe nach Anzahl der Verschreibungen waren Simvastatin, Amiodaron, Fluorchinolone, Azole und Makrolide. Diese Arzneistoffe wurden bei 143 (62,7 %) Patienten verschrieben und verursachten bei 43 (30 %) eine potenziell schwere WW. Mögliche Aktionen zur Verhinderung der WW waren bei 50 % ein Änderungsvorschlag zur Medikation (z. B. Ersetzen, Dosisanpassung), beim Rest wurde klinische oder labortechnische Überwachung empfohlen.
Schlüsselwörter: AMTS, Wechselwirkungen, Risikoarzneistoffe
Krankenhauspharmazie 2019;40:507–11.
English abstract
Drug-drug interactions – should we care?
The pharmacy of the Kepler University Clinic was assigned to a project to evaluate the situation concerning drug-drug interactions (DDI) within the clinic by the quality management team. Aim was to identify relevant high risk medications, to investigate the number of potential severe DDIs, to clarify where drug-drug interactions are caused (community vs. hospital setting) and to describe possible clinical management-options for these potential interactions.
The electronic prescribing system was used to carry out a retrospective, non-interventional analysis of pre-defined (literature research and expert opinion) high risk drugs and drug-classes. All prescriptions during 3 or 7 consecutive days for each of the drugs were scanned for severe potential DDIs using 6 different databases. The identified interactions including a suggested management option were documented by a clinical pharmacist.
Within the study period 228 patients with a prescription of one or more of the high risk drugs were included. 54 (23.7 %) of these patients had a total of 63 potentially severe DDI, 59 % of these occured during the hospital stay. The top 5 drugs which almost always lead to a possible severe interaction were lithium, azol-antifungals, carbamazepin, ciclosporin und tacrolimus. 14 of 21 [9.2 %] patients who took these drugs had a potential severe interaction. Highest number of prescriptions and possible DDIs were associated with simvastatin, amiodaron, chinolone-antibiotics, azole-antifungals and makrolide-antibiotics. These drugs were given to 143 (62.7 %) patients and caused potential severe DDIs in 43 (30 %) of these patients. Concerning management options it was found that in 50 % of cases a change in medication would have been suggested. All other cases could have been managed by clinical or lab-monitoring.
Key words: drug safty, drug-drug interactions, high risk medication
Antibiotic Stewardship (ABS) in Zeiten der Digitalisierung
Entwicklung eines ABS-Moduls für die elektronische Patientenakte
Die Digitalisierung und Automatisierung täglicher Arbeitsabläufe sowie Vernetzung von Daten bilden zusammen einen in vielen Wirtschaftsbereichen spürbaren Megatrend. Diese Entwicklungen sind in anderen Sparten schon deutlich konsequenter umgesetzt worden als im Gesundheitswesen. Ein Umdenken ist aber zu beobachten. Beispielsweise wird derzeit an vielen Klinikstandorten eine elektronische Patientenakte eingeführt, so auch 2018 am Helios Klinikum Erfurt. Hier ist neben der Pflegedokumentation, sämtlichen Befunden bildgebender Verfahren, Übernahme und Darstellung von Vitalwerten die allgemeine Medikation sowie jetzt auch ein ABS-Modul integriert. Ziel war es, die bisherige im Wesentlichen papiergestützte Vorbereitung und Dokumentation der ABS-Visiten in die digitale Welt durch die Entwicklung eines ABS-Moduls zu überführen. Dadurch sollen ABS-Visiten effektiver und schneller vorbereitet und die empirische Therapie entsprechend der diagnostischen Befunde zeitnah auf eine gezielte Therapie umgestellt werden können. Nicht zuletzt unterstützt das Modul dadurch das Ziel, die Gabe von Antibiotika weiter zu reduzieren und damit sowohl die Behandlungsqualität als auch die Sicherheit von Patienten zu erhöhen.
Schlüsselwörter: Antibiotic Stewardship, ABS-Visite, Antiinfektiva-Visite, ABS-Modul, ABS-Visitenvorbereitung
Krankenhauspharmazie 2019;40:512–6.
English abstract
Antibiotic Stewardship (ABS) in times of digitalization
The digitalization and automation of daily workflows as well as the networking of data make up a noticeable megatrend in many sectors of the economy. These developments have already been implemented more consistently in other sectors than in the healthcare sector. However, a rethinking is observed, for example, an electronic patient record is currently being introduced in many clinics.
The introduction of an electronic patient record took place at Helios Klinikum Erfurt in 2018. In addition to the nursing documentation, all findings, imaging procedures, measurement and presentation of vital signs, the general medication and now also an ABS module are integrated here. The aim of our work was to transform the previous mainly paper-based preparation and documentation of the ABS visits into the new, digital world by developing an ABS module. In this way, we want to make it possible to prepare ABS visits more effectively and more quickly, and to switch the empirical therapy promptly to targeted therapy in accordance with the diagnostic findings. Last, but not least, the module supports the goal of further reducing the use of antibiotics, thereby increasing both the quality of treatment and, ultimately, the safety of patients.
Key words: Antibiotic Stewardship, antiinfectives visits, ABS module, preparation of ABS visits
Dokumentation PLUS – wofür kann man die ADKA-AM-Info-Datenbank verwenden?
Die ADKA-AM-Info-Datenbank ist ein vielseitig einsetzbares Instrument, das neben der Arzneimittelinformation auch für andere Bereiche genutzt werden kann. So können beispielsweise auch Informationen zu Rezepturen, Stationsbegehungen oder Lieferengpässen hinterlegt werden.
Krankenhauspharmazie 2019;40:517–9.
Interaktionscheck
Das Interaktionspotenzial der zentralen Muskelrelaxanzien
Der Abbau der beiden zentralen Muskelrelaxanzien Diazepam und Tizanidin über Cytochrom-P450(CYP)-Enzyme kann zu pharmakokinetischen Wechselwirkungen führen. In-vitro-Untersuchungen haben Hinweise auf eine starke CYP2D6-Hemmung durch Orphenadrin und Tizanidin ergeben. Diese Ergebnisse sind in klinischen Studien zu evaluieren, aber im Einzelfall bei kritischen Arzneimitteln schon jetzt dringend zu beachten. In der Interaktionstabelle (Tab. 1) wird das Verhalten der einzelnen Arzneimittel zu den CYP-Enzymen dargestellt.
Medikationsfehler
Nicht zu unterschätzen: Sturz durch Arzneimittelinteraktionen bei hochbetagter Patientin
Nicht immer sind Arzneimittelinteraktionen in der Praxis klinisch relevant. In diesem Fall führten Überdosierungen plus Interaktionen zu einer klinischen Situation, die von einer hochbetagten, niereninsuffizienten Patientin nicht mehr kompensiert werden konnte.
Sexuell übertragbare Erkrankungen
Gentamicin im Vergleich mit Ceftriaxon zur Behandlung von Gonorrhö
Die durch den Erreger Neisseria gonorrhoeae hervorgerufene, sexuell übertragbare Krankheit Gonorrhö ist aufgrund von Resistenzen immer schwieriger zu behandeln. Die folgende Untersuchung hatte das Ziel, Gentamicin als mögliche Alternative in der Behandlung der Gonorrhö auf seine Wirksamkeit im Vergleich zum derzeitigen Therapiestandard Ceftriaxon zu prüfen. Die Ergebnisse konnten allerdings nicht zeigen, dass Gentamicin Ceftriaxon nicht unterlegen ist.
Nichtkleinzelliges Lungenkarzinom
Pembrolizumab bei geringer PD-L1-Expression
Pembrolizumab zeigt als Erstlinientherapie beim lokal fortgeschrittenen oder metastasierten nichtkleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) seine Wirksamkeit auch bei Patienten mit einer geringen PD-L1-Expression. Nach der vorliegenden randomisierten kontrollierten Open-Label-Studie erscheint der Einsatz bei Patienten mit einem PD-L1-Tumoranteil-Score (TPS) von ≥ 1 % sinnvoll.
Fäkale Bakterientherapie
Stuhltransplantation bei rezidivierender Clostridium-difficile-Infektion Fidaxomicin überlegen
In einer randomisierten Studie war die fäkale Bakterientherapie bei rezidivierenden Clostridium-difficile-Infektionen dem Antibiotikum Fidaxomicin in den klinischen und mikrobiologischen Endpunkten Abklingen der Symptomatik und negativer Clostridium-difficile-Test signifikant überlegen.
Gastroösophageales Karzinom
Ältere gebrechliche Patienten profitieren von niedrig dosierter Chemotherapie
Die niedrigste getestete Dosis Oxaliplatin/Capecitabin war bei älteren und gebrechlichen Patienten mit einem fortgeschrittenen gastroösophagealen Karzinom vergleichbar wirksam wie die höchste untersuchte Dosis. Sie ging zudem mit geringeren Nebenwirkungen und besserer Lebensqualität einher. Dies ergab die prospektive randomisierte offene Phase-III-Studie GO2, die beim Jahreskongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO) am 2. Juni 2019 vorgestellt worden war.
EGFR-mutierte NSCLC
Länger leben mit Gefitinib und Chemotherapie in der Erstlinientherapie
Für Patienten mit EGFR-mutierten, fortgeschrittenen, nichtkleinzelligen Bronchialkarzinomen (NSCLC) ist die Standardtherapie in der Erstlinie zurzeit ein gegen den epidermalen Wachstumsfaktor (EGFR) gerichteter oraler Tyrosinkinaseinhibitor (TKI) als Monotherapie. In einer Studie, die während der 55. Jahrestagung der amerikanischen Onkologen (ASCO) im Juni 2019 in Chicago vorgestellt wurde, konnte gezeigt werden, dass sowohl das progressionsfreie als auch das Gesamtüberleben signifikant verlängert werden, wenn dem TKI Gefitinib eine Chemotherapie hinzugefügt wird. Allerdings wird auch die Toxizität erhöht.
45. Wissenschaftlicher Kongress der ADKA in Dresden
Aufruf für Poster und Kurzvorträge
„Medikationsmanagement im Krankenhaus“ lautet das Thema des 45. Wissenschaftlichen Kongresses der ADKA vom 7. bis 9. Mai 2020 in Dresden. Das wissenschaftliche Komitee lädt ein, mit einem Poster oder Kurzvortrag das Programm aktiv mitzugestalten.
Promotionspreis für Krankenhauspharmazie
Gestiftet von der Takeda Pharma Vertrieb GmbH & Co. KG
Zum zehnten Mal verleiht die ADKA den Promotionspreis für Krankenhauspharmazie. Takeda stiftet diesen Preis im Rahmen ihrer Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.
Ausbildungsprojektpreis der ADKA
Mit den Ausbildungsprojektpreisen „Diplom“ und „PJ-Projekt“ des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) e. V. sollen herausragende Projekt- und Diplomarbeiten ausgezeichnet werden. 2020 werden die beiden Preise bereits zum neunten Mal verliehen. Als Preis erhält der Ersteller der Arbeit einen Büchergutschein im Wert von 100 Euro sowie die Teilnahme am ADKA-Kongress 2020 in Dresden. Ersteller und Betreuer werden zusätzlich mit Urkunden ausgezeichnet.