EditorialIhr Egid Strehl mit dem Redaktionsteam

Heute Leser, morgen Autor – in Ihrer Krankenhauspharmazie

ÜbersichtTobias Schäfer, Nina Rothe, Emily Kim und Matthias Wuttke, Freiburg

Implementierung eines elektronischen Verordnungssystems (CPOE)

Erfahrungen am Universitätsklinikum Freiburg

Elektronische Verordnungssysteme sollen die Häufigkeit von Fehlern im Medikationsprozess und damit das Auftreten von unerwünschten Arzneimittelwirkungen reduzieren. Trotz dieser Vorteile haben aktuell weniger als 3% aller deutschen Krankenhäuser ein solches (Teil-)System implementiert. An der Universitätsklinik Freiburg wurde eine vollständige elektronische Kurve mit integrierter Verordnungsüberprüfung eingeführt. Vor der Einführung wurden in 14% der medikamentösen Anordnungen formale Fehler, insbesondere Auslassungen von Häufigkeiten und Dosierungen, festgestellt; nach der Umstellung auf die elektronische Kurve konnten solche Fehler nicht mehr auftreten, allerdings fanden sich in 1,6 % aller Anordnungen medikamentöse Anordnungen in Freitextfeldern. Der Zeitbedarf für Anordnungen war gegenüber der papierbasierten Dokumentation leicht vermindert. Die Benutzerzufriedenheit war im ärztlichen Bereich sehr hoch. Als größter Vorteil gegenüber der Papierkurve wurde die permanente Verfügbarkeit der Informationen gesehen. Aktuell wird das System auf 17 Stationen des Klinikums eingesetzt; bis 2010 soll ein flächendeckender Betrieb sichergestellt werden.
Schlüsselwörter: CPOE, Verordnungsunterstützung, Arzneimittelsicherheit, AMTS, Medikationsfehler
Krankenhauspharmazie 2009;30:569–74.

FlaggeEnglish abstract

Introduction of an electronic charting software with computerized physician order entry and medication safety features – Experience at the University Hospital Freiburg, Germany

Computerized Physician Order Entry Systems (CPOES) are designed to reduce the frequency of medication errors and adverse drug events. Despite these clear advantages, only < 3% of hospitals in Germany have introduced even a partial system. At the University Hospital Freiburg, we have implemented a complete electronic patient chart that has significantly improved the accuracy and safety of medication treatment. We found that 14% of drug prescriptions using paper patient charts contained ordering errors, particularly the omission of administration frequency or dosage. The introduction of an electronic patient chart eliminated virtually all these errors, excluding the 1.4% of prescriptions entered in free text fields. There was a slight decrease in the time spent in ordering medications for electronic compared to paper-based prescriptions. User satisfaction with the electronic chart was high not only among participating physicians, but also the nursing and ancillary staff, who regarded the improvement in chart availability as the most significant advantage of electronic over paper versions. Currently, the software is used on 17 of the hospital wards and will be expanded to cover all departments of the hospital by 2010.

Keywords: CPOE, computerized decision support, medication safety, adverse events.

ÜbersichtHerbert Hof, Heidelberg

Echinocandine –Wirkungsspektrum und Resistenzmechanismen

Die Echinocandine sind semisynthetische Lipopeptide, deren chemisches Grundgerüst von diversen Schimmelpilzen synthetisiert wird. Derzeit sind drei Derivate auf dem Markt – Anidulafungin, Caspofungin und Micafungin –, die sich in ihrer therapeutischen Wertigkeit nur wenig unterscheiden. Sie binden an das aktive Zentrum des Enzyms β-(1,3)-D-Glucansynthase in der zytoplasmatischen Membran der Pilzzelle und hemmen stöchiometrisch dessen Wirkung. Die Folge ist eine Verminderung der Produktion von β-(1,3)-D-Glucan, einem essenziellen Baustein der Zellwand – vor allem der Ascomyzeten. Ein großes Defizit an solchen Bausteinen führt zu einer osmotischen Lyse der Pilzzelle. Sprosspilze der Gattung Candida sind hochempfindlich; Infektionen mit Sprosspilzen der Gattung Candida stellen die Hauptindikation für einen therapeutischen Einsatz von Echinocandinen dar. Gegenüber Aspergillen wirken sie fungistatisch. Primär resistent sind solche Pilze, die natürlicherweise nur wenig β-(1,3)-D-Glucan für den Aufbau ihrer Zellwand verwenden, beispielsweise Basidiomyzeten und Zygomyzeten. Der wichtigste Mechanismus für eine Sekundärresistenz ist eine Punktmutation im aktiven Zentrum des Enzyms β-(1,3)-D-Glucansynthase. Bei Candida parapsilosis besteht von vornherein eine Mutation. Zu einer Einschränkung in der Therapie führt dies allerdings nicht. Insgesamt sind sekundäre Resistenzen von Pilzen gegenüber Echinocandinen in der Praxis noch sehr selten zu finden und somit ohne klinische Bedeutung.
Schlüsselwörter: Echinocandine, β-(1,3)-D-Glucan, β-(1,3)-D-Glucansynthase, Candida spp., Asper- gillus spp., primäre Resistenz, sekundäre Resistenz, Mutationen
Krankenhauspharmazie 2009;30:575–8.

FlaggeEnglish abstract

Echinocandins – spectrum of activity and mechanisms of resistance

Echinocandins are semi-synthetic lipopeptides; their basic compounds are produced by various moulds. Actually, there are 3 derivatives commercially available, namely, anidulafungin, caspofungin and micafungin, which differ only marginally in their therapeutic value. They act by binding to the active center of the enzyme glucansynthase which is located in the cytoplasmic membrane of fungal cells. The activity of the enzyme is inhibited stoichiometrically. Consequently, the production of ß-(1,3)-D-glucan, which represents an essential component of the fungal cell wall – at least in ascomycetes, is inhibited. A large deficit of such components results finally in an osmolytic lysis of the fungal cell. Yeasts of the genus Candida are highly susceptible; therefore the main indications for the echinocandins are yeast infections. On the other hand moulds of the genus Aspergillus are still within the spectrum of activity of echinocandins, although their action is only fungistatic against these fungi. Primary resistance against echinocandins exists among those fungi producing only low amounts of β-(1,3)-D-glucan, i. e basidiomycetes and zygomycetes. The most important mechanism of secondary resistance is a point mutation in the active center of the enzyme glucansynthase resulting in a gradually reduced affinity for all echinocandins. In the species Candida parapsilosis there is a priori such a mutation leading to slightly elevated MIC values, which seem, however, not to be therapeutically relevant. Secondary resistance to echinocandins is still rather rare in practice and yet does not represent a major drawback.

Keywords: Echinocandins, β-(1,3)-D-glucan, β-(1,3)-D-glucansynthase, Candida spp., Aspergillus spp., primary (intrinsic) resistance, secondary resistance, mutations.

ÜbersichtDieter Kaag, Heidelberg

Körperoberflächenbasierte Dosierung von Zytostatika

Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte

Die seit Jahren gebräuchliche Dosierung vieler Zytostatika nach der Körperoberfläche (KOF) wird heute aufgrund zahlreicher neuerer pharmakokinetischer Untersuchungen vermehrt in Frage gestellt. Das wissenschaftliche Fundament dieser Methode beruht auf Arbeiten aus den 1940er bis 1960er Jahren. Man stellte fest, dass die Höhe der Dosis eines Arzneistoffs bei vielen Tierspezies und beim Menschen vom Säugling bis zum Erwachsenen viel ähnlicher war, wenn man sie auf die Körperoberfläche statt auf das Körpergewicht normierte. Dies erleichterte die Dosisfindung für Phase-I-Studien oder für Kinder und Jugendliche unterschiedlichen Alters erheblich, lieferte jedoch keine Aussagen zur Dosierung von Zytostatika bei Erwachsenen, deren Körperoberfläche ein vergleichsweise enges Spektrum umfasst. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass einige Kenngrößen wie Blut-, Plasma- und Extrazellulärvolumen sowie Schlagvolumen und Leistung des Herzens durchaus mit der Körperoberfläche korrelieren, dass jedoch der Zusammenhang mit dem Lean-Body-Weight häufig noch besser ist. Die Korrelation zwischen der KOF und der Leberfunktion scheint demgegenüber je nach Arzneistoff sehr unterschiedlich und ein Zusammenhang mit der Nierenfunktion kaum vorhanden zu sein. Die Betrachtung des historischen Fundaments der körperoberflächenbasierten Dosierung von Zytostatika liefert somit keine ausreichende wissenschaftliche Evidenz für die heute gängige Praxis.
Schlüsselwörter: Zytostatika, Körperoberfläche, Dosierung, Präklinik, Phase I
Krankenhauspharmazie 2009;30:579–84.

BerichtPamela Kantelhardt, Kassel

Pharmazeutinnen in Europa: Gestern – Heute – Morgen

Bereits zum fünften Mal trafen sich vom 4. bis 6. September 2009 auf Einladung des Deutschen Pharmazeutinnen Verbands (DPV) Kolleginnen aus insgesamt sieben Ländern in Leipzig. Thema war die Entwicklung des Apothekerberufs aus weiblicher Sicht.
Krankenhauspharmazie 2009;30:585–6.

Serie

Falsche Arzneimittelgabe durch fehlerhafte Standards

Auf Station fällt dem Apotheker ein formloser Zettel auf, auf dem Arzneimittelnamen mit ihren Äquivalenzprodukten vermerkt sind. Beim Lesen des Zettels fallen zahlreiche Fehler auf.

Referiert & kommentiertAbdol A. Ameri, Weidenstetten

Postoperative Restcurarisierung

Aufhebung der neuromuskulären Blockade durch Sugammadex

Eine postoperative Restcurarisierung (PORC) ist eine häufige und oft unterschätzte Folge der Anwendung von Muskelrelaxanzien. Eine neue Option für die Aufhebung der neuromuskulären Restblockade stellt der steroidale Muskelrelaxans-Enkapsulator (SMRE) Sugammadex (Bridion®) dar. Der SMRE hebt neuromuskuläre Blockaden, die durch Rocuroniumbromid oder Vecuroniumbromid hervorgerufen werden, rasch und vollständig durch eine Enkapsulierung wieder auf und vermindert so das Risiko einer PORC und der damit verbundenen Komplikationen. Die Wiederherstellung der neuromuskulären Integrität erfolgt schneller als nach Verabreichung von Acetylcholinesterase-Inhibitoren. Die Wirkungen dieses SMRE wurden im Rahmen eines Satellitensymposiums der Firma Essex Pharma GmbH auf dem Deutschen Anästhesiekongress 2009 am 10. Mai 2009 in Leipzig vorgestellt.

Referiert & kommentiertDr. Susanne Heinzl, Reutlingen

Aquaretikum

Tolvaptan zur Behandlung der Hyponatriämie

Die Hyponatriämie (Serum-Natrium ≤135 mmol/l) ist eine der häufigsten Serum-Elektrolytstörungen. Sie verursacht Symptome wie Konzentrationsstörungen, Lethargie, Verwirrtheit oder Gehstörungen. Eine der häufigsten Ursachen ist das Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH), das zu einer euvolämischen Hyponatriämie führt, bei der das Gesamtkörperwasser erhöht ist. Für die Behandlung der Hyponatriämie beim SIADH ist seit September 2009 Tolvaptan (SamscaTM) im Handel verfügbar. Der erste Vertreter der V2-Vasopressin-Rezeptorantagonisten wurde bei einem Satellitensymposiums der Firma Otsuka im Rahmen des Kongresses für Nephrologie im September 2009 vorgestellt.

Referiert & kommentiertDr. Tanja Liebing, Stuttgart

Durchbruchschmerz bei Krebspatienten

Zulassung von Fentanyl-Nasenspray

Am 20. Juli erteilte die Europäische Arzneimittelagentur (EMEA) die Zulassung für Instanyl®, ein Fentanyl-Nasenspray zur Behandlung von Durchbruchschmerzen bei Krebspatienten. Zulassungsrelevante Daten wurden bei der Einführungspressekonferenz am 9. September 2009 in Frankfurt vorgestellt.

Referiert & kommentiertAbdol A. Ameri, Weidenstetten

Venöse Thromboembolien

Auch internistische Patienten benötigen eine Prophylaxe

Venöse Thromboembolien (VTE) sind bei stationären Patienten mit akuten internistischen Erkrankungen und chirurgischen Eingriffen mit einer hohen Morbidität und Mortalität assoziiert. Die aktuelle, interdisziplinäre S3-Leitlinie empfiehlt zur medikamentösen Prophylaxe der VTE den bevorzugten Einsatz von niedermolekularen Heparinen (NMH) gegenüber unfraktionierten Heparinen (UFH). Von Bedeutung ist aber auch, eine ausreichende Dauer der Thromboseprophylaxe sicherzustellen – gegebenenfalls über den stationären Aufenthalt hinaus, so die Ausführungen auf einer Pressekonferenz der Firma Sanofi-Aventis im Rahmen des 126. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) am 28. April 2009 in München.

Referiert & kommentiertAbdol A. Ameri, Weidenstetten

Systemic Inflammatory Response Syndrome (SIRS)

Welche Gefahren bergen infundierte Partikel?

Durch Medikamenteninkompatibilitäten, Abrieb oder beim Aufbrechen von Glasampullen entstehen Partikel, die mit den Infusionslösungen in den Kreislauf des Patienten eingeschwemmt werden und im Gefäßsystem Schaden anrichten können. Inline-Filter können die Partikeleinfuhr verhindern und so die Rate an schwerwiegenden Komplikationen (z. B. SIRS) reduzieren. Dies wurde bei den von der Firma B.Braun veranstalteten Symposien anlässlich der Kongresse der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensivmedizin und Notfallmedizin (DIVI) 2008 in Hamburg und „Sepsis Update 2009“ in Weimar berichtet. Der Einsatz solcher Filter setzt allerdings neue Standards in den Infusionsregimen und eine entsprechende Unterweisung des Personals voraus.

Referiert & kommentiertDr. Susanne Heinzl, Reutlingen

Nephrologie

Anämie und Eisenmangel nach Nierentransplantation häufig

Ein erheblicher Anteil nierentransplantierter Patienten hat eine Anämie und einen Eisenmangel (>20%). Bei diesen Patienten ist im Rahmen der Anämietherapie je nach Ausmaß des Eisenmangels eine orale oder intravenöse Eisengabe erforderlich, wie bei einem Satellitensymposium von Vifor Pharma Deutschland GmbH anlässlich des Nephrologenkongresses in Göttingen Ende September 2009 erläutert wurde.

Referiert & kommentiertDr. Beate Fessler, München

Ulcus cruris

Superabsorbierende Wundauflage verkürzt die Abheilungsdauer

Chronische Wunden sind häufig. Sie lassen sich oft nur schwer zum Abheilen bringen. Um die Chancen für eine Abheilung zu verbessern, sollte stadiengerecht therapiert und eine feuchte Wundheilung realisiert werden. Für exsudierende chronische und akute Wunden steht mit Urgo Cell® Contact eine superabsorbierende mikroadhäsive Wundauflage zur Verfügung.