EditorialProf. Dr. Irene Krämer, Präsidentin des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) e.V.

Forschung in der Krankenhausapotheke – Hobby oder Dienstaufgabe?

ÜbersichtDieter Kaag, Heidelberg

Dosisberechnung von Carboplatin bei Übergewicht

Retrospektive Evaluierung verschiedener Gewichtsdeskriptoren und Formeln

Wie kann das Zytostatikum Carboplatin adäquat unter Berücksichtigung der Nierenfunktion dosiert werden? Seit der Verwendung von Formeln, mit denen die glomeruläre Filtrationsrate abgeschätzt werden kann, wird diese Frage diskutiert. Die heute am häufigsten verwendete Gleichung ist die „Cockcroft-Gault-Formel“; daneben existieren noch weitere Berechnungsmethoden. Es gibt zudem eine Reihe von Gewichtsdeskriptoren, die statt des aktuellen Körpergewichts in die Cockcroft-Gault-Formel einbezogen werden können. Sie sollen insbesondere für übergewichtige Patienten bessere Ergebnisse hinsichtlich der Dosierung von Arzneistoffen wie Carboplatin liefern, die vorwiegend über die Niere ausgeschieden werden. Ziel dieser Arbeit war es, einige dieser Berechnungsmethoden auf ihre Anwendbarkeit bei übergewichtigen Patienten zu untersuchen. Dabei zeigte sich, dass sich mithilfe der Cockcroft-Gault-Formel am besten abschätzen ließ, in welcher Dosierung Carboplatin bei normalgewichtigen und übergewichtigen Lungentumorpatienten verabreicht werden soll, bezieht man die alternativen Gewichtsdeskriptoren „adjusted body weight“ und „predicted normal weight“ in die Berechnung ein.
Schlüsselwörter: Carboplatin, Dosisberechnung, glomeruläre Filtrationsrate, Cockcroft-Gault, Übergewicht
Krankenhauspharmazie 2012;33:2–10.

FlaggeEnglish abstract

Retrospective evaluation of various weight descriptors and formulas for dose calculation of carboplatin in obese patients

Appropriate dosing of carboplatin based on renal function has been discussed controversially since the introduction of formulas for estimating glomerular filtration rate (GFR). Besides the most commonly used formula for the determination of creatinine clearance as a surrogate for GFR, the Cockcroft-Gault equation (CG), there are a number of other formulas to estimate renal or carboplatin clearance. Also, there are a number of weight descriptors intended for the use in the CG-formula instead of total body weight that promise to give more accurate results for GFR and thus for the dose of mainly renally excreted drugs such as carboplatin especially in overweight and obese patients. The aim of this study was to examine some of these calculation methods for their use in mainly overweight and obese cancer patients. In a retrospective study of 55 adult lung cancer patients (31 with a body mass index (BMI) ≥25, 10 with BMI ≥ 30, 17 female) receiving carboplatin-containing chemotherapy, the following calculation methods were examined: CG using different weight descriptors, and the formulas according to Chatelut-Bénézet, Wright, Salazar-Corcoran, standardized 4-variable MDRD and CKD-EPI. All methods were compared to the reference method derived from 24 hours urine collection. Evaluation was done according to BMI subgroubs. For all 55 patients the methods resulted in following mean values for the Carboplatin dose in mg and the associated bias (in parentheses) relative to the reference method: 543 (reference), 576 (11), 539 (4), 457 (-12) 445 (-14), 548 (5), 705 (35), 586 (12), 587 (12), 570 (11), 611 (17) for the clearance derived from urine collection, CG with total body weight, CG with adjusted body weight, CG with lean body weight according to James, CG lean body weight according to Janmahasatian, CG with predicted normal weight, Chatelut-Bénézet, Salazar-Corcoran, MDRD, CKD-EPI and Wright respectively. For the 10 patients with BMI ≥ 30 results were in the same order as follows: 570 (reference), 658 (25), 544 (4), 461 (-11), 460 (-11) 558 (7) 754 (41), 585 (12), 601 (14), 577 (12) and 629 (20). The best estimates for the carboplatin AUC 5 dose in normal and overweight lung cancer patients provided the CG-formula with the alternative weight descriptors adjusted body weight and predicted normal weight.

Key words: Carboplatin, dose calculation, glomerular filtration rate, Cockcroft-Gault, obesity



ÜbersichtHans-Peter Lipp, Tübingen, und Markus Thalheimer, Heidelberg

Kostenerstattung von Arzneimitteln im stationären und ambulanten Bereich

Rechtliche Rahmenbedingungen, aktueller Stand und zukünftige Herausforderungen – Teil 2

Da im ambulanten Bereich fast alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel im Rahmen einer ärztlichen Verordnung einer möglichen Kostenerstattung unterliegen, ist in den letzten Jahren eine Vielzahl gesetzlicher Bestimmungen auf den Weg gebracht worden, um steigende Kosten einzudämmen. Die Bevorzugung preisgünstiger Generika, strengere Limitierungen von Off-Label-Use und Importen sowie die Einführung einer Reimportquote haben in diesem Zusammenhang die behandelnden Ärzte zum Teil stark verunsichert. Mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) wurden darüber hinaus nicht nur die verpflichtenden Herstellerrabatte erhöht, sondern auch die freie Preisgestaltung von innovativen Arzneimitteln eingegrenzt. Ob ein sogenanntes Pay-for-performance-Modell eingeführt wird, bleibt noch offen. Aufgrund enger werdender transmuraler Verzahnungen zwischen Krankenhäusern, niedergelassenen Ärzten und Apothekern wird die Krankenhausapotheke zukünftig eine zunehmend wichtige, moderierende Funktion in diesem komplexen System einnehmen müssen.
Schlüsselwörter: Aut-idem-Regelung, Import, Reimport, Off-Label-Use, AMNOG, Pay-for-performance
Krankenhauspharmazie 2012;33:12–9.

FlaggeEnglish abstract

Reimbursement of drug costs in the in-patient and out-patient setting – general conditions by law, current situation and future challenges (part 2)

Multiple regulations by law have been published within the last decade in order to bring drug expenses in the ambulatory setting under control, e.g. preference of low-priced generic drugs, strong limitations to reimburse off-label-use or drug imports as well as a rate to use reimports in community pharmacies. In addition, AMNOG (Pharmaceutical Restructuring Act) has recently increased the extent of obligatory discounts which have to be offered by pharmaceutical companies to health ensurancies. Moreover, free price calculation in the case of an introduction of a novel drug on the German market will be severely restricted in the near future, which may also include a pay-for-performance model. Based on the complexity of interlocked transmural structures, hospital pharmacists will probably have to overtake an increasing role as moderators between hospitals, community physicians and retail pharmacies.

Key words: Aut-idem-regulation, import, reimport, off-label-use, AMNOG, pay for performance.



ÜbersichtPamela Kantelhardt, Mainz, und Gesine Picksak, Hannover

Eine DokuPIK-Auswertung von Fehlerarten und -ursachen am Beispiel der Therapie mit Diclofenac

Eine DokuPIK-Auswertung von Fehlerarten und -ursachen am Beispiel der Therapie mit Diclofenac

Die Arzneimitteltherapiesicherheit umfasst die Sicherheit des gesamten Medikationsprozesses [1]. Um sie zu steigern, müssen insbesondere Medikationsfehler reduziert werden. Medikationsfehler sind Fehler, die im Zusammenhang mit dem Medikationsprozess auftreten und ein Risiko für die Sicherheit des Patienten darstellen [2, 3]. Es handelt sich dabei um prinzipiell vermeidbare unerwünschte Arzneimittelereignisse, die auf eine fehlerhafte Durchführung der Arzneimitteltherapie zurückzuführen sind. Nachgewiesen ist, dass Fehler in der Regel strukturbedingt und nur selten an einer einzelnen Person festzumachen sind. Häufig treten sie aufgrund von Organisations- und Personalmangel, Kommunikationsdefiziten, mangelnder Qualifikation oder unklaren Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten auf [4]. Um die Arzneimitteltherapiesicherheit beeinträchtigende Risiken zu erkennen und Lösungsstrategien zu erarbeiten, ist nicht nur ein fundiertes Wissen um die Arzneimitteltherapie erforderlich, sondern auch die Fähigkeit, Probleme zu identifizieren und diese lösungsorientiert zu bearbeiten.
Schlüsselwörter: Diclofenac, Medikationsfehler, Risikomanagement
Krankenhauspharmazie 2012;33:20–4.

FlaggeEnglish abstract

Medication errors and development of avoidance strategies – an evaluation of DokuPIK concerning data with diclofenac

Medication therapy safety considers the whole medication process. To increase medication therapy safety medication errors have to be reduced. Medication errors are often caused not by a single person but by structural factors and occur due to the lack of staff, professional skills, communication and transparency of responsibilities. To identify risks and implement avoiding strategies not only profound knowledge concerning drug therapy is necessary, but also to identify problems and to solve them.

Key words: Diclofenac, risk management, medication errors


Bericht

In der Universitätsapotheke soll auch geforscht werden

Tanja Liebing, Stuttgart

Dass die Forschung in der Krankenhausapotheke kein Hobby ist, sondern zu den Hauptaufgaben zählen soll, war klare Botschaft auf der Tagung „Klinisch-pharmazeutische Forschung in deutschen Universitätsapotheken“, die am 10. Oktober 2011 in Erlangen stattfand. Organisiert wurde die Veranstaltung von Dr. Frank Dörje, in seiner Funktion als Sprecher der Arbeitsgruppe der leitenden Universitätsapotheker (LAUD) im Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD). 16 Doktoranden stellten in 15-minütigen Sessions den rund 60 Teilnehmern ihr Dissertationsthema vor (Abstracts siehe S. 26–32 in dieser Ausgabe) und gaben damit einen Überblick über Status quo der klinisch-pharmazeutischen Forschung in deutschen Universitätsapotheken.
Krankenhauspharmazie 2012;33:25.

Bericht

Kurzvorträge der 1. LAUD-Forschungstagung

Abstracts der Kurzvorträge der Tagung „Klinisch-pharmazeutische Forschung in deutschen Universitätsapotheken“ am 10. Oktober 2011 in Erlangen

Weitere Informationen zu der Veranstaltung finden Sie auf Seite 25 in dieser Ausgabe der Krankenhauspharmazie. Die Abstracts der Kurzvorträge sind alphabetisch nach Autornamen (Erstautor) sortiert.

BerichtBirgit Hecht, Stuttgart

Wunden als Symptom einer Erkrankung verstehen und behandeln

Bericht zum Seminar „Wundmanagement“ im Rahmen des 2. KlinPharm Update vom 30. September bis 1. Oktober 2011 in Wiesbaden

Eine Heilung chronischer Wunden kann nur gelingen, wenn die Grundprinzipien der Wundtherapie beachtet werden. Dazu gehört die Behandlung einer zugrunde liegenden Erkrankung ebenso wie die richtige Auswahl der lokalen Wundtherapien. Krankenhausapotheker können auf verschiedene Weise zur Verbesserung des Wundmanagements beitragen.
Krankenhauspharmazie 2012;33:33–4.

SerieAusschuss für Arzneimitteltherapiesicherheit

Arzneimittelanamnese - garantiert richtig?

Immer wieder passieren an den Schnittstellen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung Fehler bei der Umstellung der Medikation auf die Hausliste des jeweiligen Krankenhauses, und dies obwohl eine pharmazeutische Arzneimittelanamnese vorlag. Woran liegt das?

Kommunizieren & OrganisierenElke Engels, Bad Vilbel

Fehler- und Konfliktmanagement – die Kunst, sachlich zu bleiben

In der Krankenhausapotheke arbeiten viele Menschen Hand in Hand – das ist zumindest der Idealfall. Doch immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen, die nicht sachlich, sondern auf der persönlichen Ebene ausgetragen werden. Das bindet Energie und Arbeitskraft. Deshalb ist es wichtig, mit dem Team ein aktives Konfliktmanagement zu kultivieren.

Ausschreibung

Autorenpreis 2011 der Zeitschrift Krankenhauspharmazie

Gestiftet von der Firma Amgen GmbH

Ausschreibung

Promotionspreis für Krankenhauspharmazie

Gestiftet von der Firma Nycomed: Ein Unternehmen der Takeda Gruppe

Ausschreibung

Innovationspreis 2012 im Bereich klinische Pharmazie

Gestiftet von der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH

ADKA internProf. Dr. Egid Strehl, Freiburg

Bericht aus der Bundeshauptstadt

Die Herbstsitzung 2011 von Vorstand und Präsidium des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) e.V. fand vom 10. bis 11. November 2011 in Berlin statt. 24 Punkte standen auf der Tagesordnung.

ADKA intern

37. Wissenschaftlicher Kongress der ADKA in Mainz

Aufruf für Poster und Kurzvorträge

„Der Nutzen der Krankenhausapotheke für die individuelle Arzneimitteltherapie“ lautet das Thema des 37. Wissenschaftlichen Kongresses der ADKA vom 10. bis 13. Mai 2012 in Mainz. In Plenarvorträgen, Seminaren, Workshops und Kurzvorträgen wird das Thema dargestellt, diskutiert und mit den Tagungsteilnehmern/Tagungsteilnehmerinnen weiter erarbeitet.

ADKA intern

Ausbildungsprojektpreis der ADKA

Der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) e.V. verleiht ab dem Jahr 2012 jährlich im Rahmen des Wissenschaftlichen Kongresses der ADKA den Ausbildungsprojektpreis. Der Preis beinhaltet einen Büchergutschein im Wert von 100 Euro für den Ersteller der Arbeit.

Referiert & kommentiertDr. Susanne Heinzl, Reutlingen

Schlaganfall

Intrakranieller Stent versus aggressive Arzneimitteltherapie

Bei Patienten mit intrakranieller Stenose ist eine aggressive Arzneimitteltherapie einer perkutanen transluminalen Angioplastie und einem Stent (PTAS) in der Verhinderung von weiteren Schlaganfällen und Todesfällen überlegen. Dies ergab die vom National Institute of Neurological Disorders and Stroke in den USA finanzierte SAMMPRIS-Studie (Stenting and aggressive medical management for preventing recurrent stroke in intracranial stenosis trial).

Referiert & kommentiertHardy-Thorsten Panknin, Berlin

Intensivstation

Frühe oder verzögerte parenterale Ernährung?

Die frühzeitige enterale Ernährung beatmeter Patienten gilt als wichtige Präventionsmaßnahme zur Verhinderung nosokomialer Infektionen. Eine neue randomisierte Studie zeigt, dass auch bei anfänglich unzureichender Kalorienaufnahme keine parenterale Ernährung erfolgen muss. Diese braucht erst zu beginnen, wenn nach sieben Tagen kein vollwertiger enteraler Kostaufbau gelungen ist.
Mit Kommentaren von Prof. Dr. med. Matthias Trautmann, Leiter des Instituts für Krankenhaushygiene, Klinikum Stuttgart, und Dr. med. Stefan Röhrig MSc, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin am Maria-Josef-Hospital Greven

Referiert & kommentiertDr. Claudia Becker, Singapur

Arzneimitteltherapiesicherheit

Unbeabsichtigte Unterbrechung der Dauermedikation nach Krankenhausaufenthalt

In einer kanadischen Studie war das Risiko für eine unbeabsichtigte Unterbrechung der Dauermedikation für Patienten nach einer stationären Behandlung gegenüber ambulant versorgten Patienten signifikant erhöht.

Referiert & kommentiertAndrea Warpakowski, Itzstedt

Chronische Hepatitis C

Der Proteasehemmer Telaprevir erhöht die Heilungsraten

Für therapienaive und vorbehandelte Patienten mit chronischer Hepatitis-C-Infektion vom Genotyp 1 steht eine neue Therapieoption zur Verfügung: Mit dem Proteasehemmer Telaprevir (Incivo®) in Kombination mit einer Standardtherapie erhöht sich die Heilungsrate bei therapienaiven Patienten auf bis zu 79% und bei vorbehandelten Patienten je nach Vortherapie auf bis zu 84%. Die Zulassungsstudien sowie das Therapiemanagement und die „Stoppregeln“ für eine Telaprevir-haltige Therapie wurden am 28. September 2011 auf einer Veranstaltung des Unternehmens Janssen-Cilag in Düsseldorf vorgestellt.

Referiert & kommentiertDr. Andreas Häckel, Frankfurt am Main

Chronische Hepatitis-C-Infektion

Die Therapie wird immer erfolgreicher, aber auch komplizierter

Neue Tripeltherapien mit Proteasehemmern wie Boceprevir (Victrelis®), das seit dem 18. Juli 2011 EU-weit in Kombination mit Peginterferon alfa und Ribavirin zugelassen ist, bessern die Heilungsraten der chronischen Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus vom Genotyp 1 deutlich. Zugleich lässt sich durch eine am Ausmaß des frühen Therapieansprechens orientierte Strategie bei vielen Patienten die Behandlungsdauer praktisch halbieren. Voraussetzung für hohe Heilungsraten ist allerdings neben einer guten Therapieadhärenz und einer intensiven ärztlichen Betreuung der Patienten auch die Beachtung von „Stoppregeln“ zur Verhinderung der Resistenzentwicklung. Dies wurde beim „Victrelis®-Launch-Symposium“ des Unternehmens MSD am 23. September 2011 in Berlin berichtet.

NotizenBettina Christine Martini, Legau

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