ÜbersichtHans-Peter Lipp, Georg Höfling, Focke Ziemssen und Karl Ulrich Bartz-Schmidt, Tübingen

Intravitreale Anti-VEGF-Therapie bei altersbedingter Makuladegeneration

Bevacizumab im Spannungsfeld zwischen Innovation und Off-Label-Use

Die feuchte altersbedingte Makuladegeneration (AMD) stellt eine sehr ernstzunehmende Augenerkrankung dar, die unbehandelt innerhalb kurzer Zeit zu schweren Einschränkungen der Lebensqualität bis hin zur Erblindung führen kann. Die Anti-VEGF-Therapie bietet im Gegensatz zur alleinigen photodynamischen Therapie erstmals die Aussicht auf Verbesserung der Sehleistung nach Diagnosestellung. Während Pegaptanib (Macugen®) seit Februar 2006 für diese Anwendung in Deutschland zugelassen ist und mit Ranibizumab (Lucentis®) in den USA bereits ein zweites Präparat zur Verfügung steht, wird die intravitreale Anwendung des Antikörpers Bevacizumab vermutlich auf längere Sicht außerhalb der zugelassenen Indikation (Off-Label-Use) erfolgen. Um dieses Spannungsfeld zwischen effektiver Therapie, Kostenerstattung und Dringlichkeit der Therapie für alle Beteiligten, das heißt Leistungserbringer, Krankenkassen, Patienten und Apotheken, dauerhaft und ausreichend lösen zu können, sind noch erhebliche Anstrengungen nötig.
Schlüsselwörter: Feuchte altersbedingte Makuladegeneration, intravitreale Anti-VEGF-Therapie, Bevacizumab, Pegaptanib, Ranibizumab, Off-Label-Use
Krankenhauspharmazie 2006;27:417–27.

FlaggeEnglish abstract

Intravitreal anti-VEGF-treatment of age related macular degeneration – Bevacizumab: a challenge between innovative option and off-label-use

Neovascular age-related macular degeneration represents a severe ocular disease which does often result in blindness and long lasting impacts on quality of life. Compared to photodynamic therapy, anti-VEGF-directed treatment has opened the perspective that visual acuity can be improved rather than stabilized after treatment. In contrast to pegaptanib and ranibizumab, the monoclonal antibody bevacizumab is used as an off-label agent. The increase in intravitreal bevacizumab injections can be explained by different factors including several encouraging study results, the need for cost minimization, and the urgency of available therapeutic intervention. However, questions concerning reimbursement are still unresolved. As a consequence, in the near future a consensus has to be found between clinical practitioners, health insurances, patients and pharmacists in this regard.

Keywords: Wet age related macular degeneration, intravitreal anti-VEGF-treatment, bevacizumab, pegaptanib, ranibizumab, off-label-use

ÜbersichtThomas Wilke, Michael Kulle und Yvonne Rakow, Wismar

Unit-Dose-Systeme in Akutkrankenhäusern

Prozessanalyse und Investitionsbewertung am Beispiel des Hanse-Klinikums Wismar

Unit-Dose-Systeme verschiedener Hersteller stehen auch in Deutschland seit ungefähr zehn Jahren in guter technischer Reife zur Verfügung. Verschiedene Studien und praktische Erfahrungen beim Einsatz dieser Systeme haben gezeigt, dass diese in der Lage sind, die Arzneimittelausgaben zu senken sowie die arzneimittelbezogene Compliance zu verbessern. Wie sie jedoch auf die Kosten für die Arzneimittellogistik in einem Akutkrankenhaus einwirken, wurde bisher kaum untersucht. Deshalb wurde im Hanse-Klinikum Wismar eine prozesskostenorientierte Bewertung einer Unit-Dose-Investition durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass die analysierte Investitionsoption eine interne Rendite von 16 % bei einer dynamischen Amortisationsdauer von sieben Jahren realisiert. Dieses Ergebnis hängt ganz entscheidend davon ab, mit welcher Umsetzungskonsequenz die möglichen Prozesskosteneinsparungen im Krankenhaus realisiert werden.
Schlüsselwörter: Unit-Dose, Investitionsbewertung, Arzneimittellogistik, Prozesskostenrechnung im Krankenhaus
Krankenhauspharmazie 2006:27:428–35.

FlaggeEnglish abstract

Unit dose systems in hospitals:

Process analysis and investment appraisal in the Hanse-hospital Wismar

Since at least 10 years, unit dose-systems for hospitals with a high technical standard are available in Germany. Different studies show that hospitals using these systems were able both to reduce drug costs and to increase drug related compliance. However, the influence of these systems on drug-related process costs in hospitals has not been analyzed in detail. That is why a process cost-focused investment appraisal of a unit dose system was done in the Hanse-hospital Wismar. The results show that such a system is associated with a rentability (ROI) of 16 % and a dynamic amortisation period of 7 years in the analyzed hospital. However, this result depends heavily on the ability and willingness of a hospital to implement process improvements.

Keywords: Unit dose systems, investment appraisal, pharmacologistics, process cost analysis in hospitals

ÜbersichtWiltrud Probst, Heidenheim

Sondengängigkeit von Ergenyl® Chronosphere® Retardgranulat

In der vorliegenden Untersuchung wurde die Sondengängigkeit von Ergenyl® Chronosphere® Retardgranulat bei sieben transnasalen und vier perkutanen Sondensystemen im Labor untersucht und beurteilt. Bei diesem Arzneimittel handelt es sich um eine neue Darreichungsform für Valproinsäure, die seit Herbst 2005 zur Verfügung steht. Zum Zeitpunkt dieser Untersuchung lagen zur Applikation dieses Retardgranulats per Sonde noch keine Erkenntnisse vor. Wie die Laboruntersuchungen zeigten, können transnasale und perkutane Sonden ab einem Innendurchmesser von 10 CH (= 2,5 mm) oder 9 CH (= 1,9 mm) eingesetzt werden. Bei allen getesteten perkutanen Sonden verlief die Applikation problemlos. Einer Anwendung am Patienten scheint daher nichts entgegenzustehen.
Schlüsselwörter: Valproinsäure, Arzneimittelverabreichung, enterale Ernährung
Krankenhauspharmazie 2006;27:436–8.

FlaggeEnglish abstract

Ergenyl® Chronosphere® via tubes

The administration of Ergenyl® Chronosphere® granules via different feeding tubes was analysed. These granules are a new sustained-release formulation of valproate marked in Germany since October 2005. They pass the nasoenteric tubes ≥ 10 CH and the percutaneous tubes (PEG) ≥ 9 CH gauge in size without problems. The new formulation seems to be suitable for administration via usual feeding tubes.

Keywords: Valproate, drug administration, enteral feeding

ÜbersichtAnja Klein und Irene Krämer, Mainz

Medication Event Monitoring Systems (MEMS®) in der Compliance-Messung

Compliance in der Arzneimitteltherapie ist definiert als Ausmaß, in dem die Medikamenteneinnahme eines Patienten mit dem medizinischen Rat übereinstimmt. Non-Compliance wirkt sich nicht nur negativ auf die Gesundheit des Einzelnen aus, sondern führt auch zu erheblichen Kosten im Gesundheitssystem. Die Messung der Compliance stellt nach wie vor eine große Herausforderung dar. Die optimale Methode zur Messung der Compliance sollte valide, einfach durchführbar und kostengünstig sein. Menge und Zeitpunkt der Arzneimitteleinnahme sollten korrekt dokumentiert werden, ohne dass der Patient die Compliance-Messung wahrnehmen oder manipulieren kann. Leider ist zurzeit keine Methode bekannt, die allen Anforderungen gerecht wird. Je nach dem Ziel, das bei der Compliance-Untersuchung verfolgt wird, können verschiedene Methoden geeignet sein. Methoden zur Messung der Compliance werden in direkte Methoden (z.B. direkte Beobachtung) und indirekte Methoden (z.B. Einschätzung durch den Therapeuten, Patiententagebücher) unterteilt. Direkte Methoden beweisen, dass das Arzneimittel eingenommen wurde, während indirekte Methoden nur auf eine Einnahme schließen lassen. Medication Event Monitoring Systems (MEMS®) werden zurzeit als Goldstandard in der Compliance-Messung angesehen. MEMS® sind elektronische Monitoring-Systeme zur Aufzeichnung des Patienten-Einnahmeverhaltens für oral einzunehmende Arzneimittel. Kernstück des Arzneimittelbehälters aus Kunststoff ist eine integrierte Mikroelektronik im Schraubverschluss, die jedes Öffnen und Schließen des Behälters aufzeichnet. Die Daten können jederzeit mit einer speziellen Software ausgelesen, gespeichert und ausgewertet werden. Wie bei allen indirekten Methoden der Compliance-Messung wird mit den MEMS® die Einnahme der Arzneimittel nicht direkt nachgewiesen. Das Öffnen des Behälters lässt lediglich auf eine Einnahme rückschließen. Auch wird durch die MEMS® nicht erfasst, ob die korrekte Anzahl an Kapseln/Tabletten eingenommen wurde. Aufgrund des hohen Preises der elektronischen Systeme rechtfertigt sich ihr Einsatz lediglich für wissenschaftliche Compliance-Untersuchungen, aber nicht für den routinemäßigen Einsatz. In der Apotheke des Universitätsklinikum Mainz werden MEMS® seit zwei Jahren in der Transplantationsmedizin eingesetzt. Der Artikel gibt einen Überblick über Methoden zur Compliance-Messung, diskutiert Vor- und Nachteile der MEMS® und stellt deren Praxiseinsatz vor.
Schlüsselwörter: Compliance-Messung, MEMS®, immunsuppressive Therapie, Lebertransplantation
Krankenhauspharmazie 2006;27:439–46.

FlaggeEnglish abstract

Medication event monitoring systems (MEMS®) in measuring patient compliance

Medication compliance can be defined as the extent to which a person’s medication-taking behaviour coincides with medical advice. Non-compliance is a major problem in clinical practice and clinical trials. In the last decade, there has been a lot of research in this field, but there is still no optimal measurement method for compliance. In absence of better instruments, MEMS® are regarded as the gold standard today. At the pharmacy department of the University Hospital Mainz, MEMS® are used in the field of transplantation.

The optimal instrument for measuring compliance would require validity, reliability, feasibility and sensitivity. The patient should not be aware of the measurement and should not be able to censor the results. The method should not be invasive nor require special equipment. Unfortunately, there is no such instrument currently available.

Compliance measurement instruments are distinguished in direct methods (direct observation, concentration measurement in blood/urine/saliva) that prove that the drug reached the site of action and indirect methods (physician estimation, diary method, patient interviews or questionnaires, clinical outcome, pill counting, electronic monitoring) that do not prove ingestion. All of these methods show certain advantages and disadvantages.

MEMS® are pill-bottles with a special cap that contains microelectronics to register time and date of every opening of the bottle. The MEMS®-data can be downloaded, stored and analysed by a special software. Assuming that every opening reflects ingestion of the tablet, the method gives a very precise dosing history. Moreover, the data is difficult to censor. The disadvantages are the costs and the fact that the opening of the bottle does not prove ingestion of the medication. In practice, we have to deal with a couple of more problems, e. g. the lack of stability data for unblistered oralia or patients who do not use their MEMS® properly. The article gives an overview of the various methods to measure patient compliance, discusses the advantages and disadvantages of MEMS® and describes our experiences with MEMS® in a clinical setting.

Keywords: Medication compliance, measuring patient compliance, MEMS®, immunosuppressive therapy, liver transplantation

BerichtBericht von Beate Fessler, München

Lange Tradition: Die Krankenhausapotheke am Münchner Klinikum rechts der Isar feiert 150-jähriges …

Die Krankenhausapotheke am Klinikum rechts der Isar in München hat Tradition. Sie feierte im Juli ihr 150-jähriges Bestehen. Zeit für einen spannenden Rückblick, der ein umfassendes Bild von der klinischen Pharmazie im Wandel der Zeit zeigte. Dabei wurde deutlich: Das Aufgabenspektrum einer Krankenhausapotheke hat sich wesentlich erweitert und gewandelt. Die Ökonomie tritt immer mehr in den Vordergrund. Die moderne Krankenhausapotheke gilt als Eckpfeiler einer effizienten und kostenbewussten Arzneimittelversorgung der Patienten.

SerieArbeitsgemeinschaft Medikationsfehler der ADKA e.V.

Massive Venenreizungen durch periphere Applikation einer hyperosmolaren Lösung

Ein Krankenhausapotheker unterlässt die Berechnung der Osmolarität bei der Herstellung einer Studienmedikation, wodurch mehrere Probanden innerhalb einer klinischen Studie eine Venenreizung entwickeln.

Referiert & kommentiertDr. Susanne Heinzl

GlaxoSmithKline

Große Onkologie-Pipeline

GlaxoSmithKline gehört zu den weltweit führenden forschungsorientierten Gesundheitsunternehmen. Die Onkologie-Pipeline ist besonders gut gefüllt. 2006 wird GlaxoSmithKline neben Lapatinib die drei Wirkstoffe Eltrombopag, Casopitant und Pazopanib in die Phase III der klinischen Prüfung bringen. Zur Zulassung eingereicht sind Nelarabin (Atriance®) und Cervarix®, ein Impfstoff gegen HPV 16/18.

Referiert & kommentiertBettina Martini, Stuttgart

Metastasiertes Kolorektalkarzinom

Strategisches Vorgehen mit Erst-, Zweit- und Drittlinientherapie

Für Patienten mit fortgeschrittenem Kolorektalkarzinom gibt es mittlerweile einige therapeutische Optionen. Empfehlungen dazu wurden bei einer Pressekonferenz der Firma Pfizer im Rahmen des 8. Weltkongresses für gastrointestinale Tumoren in Barcelona im Juni 2006 gegeben.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Kreutzkamp, München

Journal Impact Factor

Qualitätsmessinstrument für wissenschaftliche Artikel

Ein hoher „Impact Factor“ wird heute als ein Qualitätsmerkmal für wissenschaftliche Zeitschriften und wissenschaftliche Publikationen angesehen. Einer der Entwickler des Journal Impact Factor, Eugene Garfield, beleuchtet die Geschichte und die tatsächliche Aussagekraft dieses Messinstruments für die Qualität einer Zeitschrift oder eines Artikels.

Referiert & kommentiertBVMed

Sicherheit im Gesundheitswesen

Verbesserter Schutz vor Nadelstichverletzungen

Mit der Novelle der Technischen Regel für „Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege“ (TRBA 250), die am 1. August 2006 in Kraft getreten ist, werden die Arbeitgeberpflichten zum Schutz vor Nadelstichverletzungen verbindlicher festgeschrieben. Damit könnte die Zahl der Verletzungen mit spitzen oder scharfen Gegenständen im Gesundheitswesen signifikant gesenkt werden.

Referiert & kommentiertGabriele Blaeser-Kiel, Hamburg

Aspergillosen

MHK nicht repräsentativ für Caspofungin-Aktivität

Die Bestimmung der minimal effektiven Konzentration (MEK) gilt bei Caspofungin (Cancidas®) als aussagekräftige Alternative zur Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration (MHK), um die Aktivität des Antimykotikums bei Patienten mit invasiver Aspergillus-Infektion beurteilen zu können. Die MHK-Bestimmung ist weniger aussagekräftig, da der Wirkungsmechanismus von Caspofungin nicht die klassische Definition von fungizid erfüllt. Daten hierzu wurden im Rahmen eines von MSD Sharp & Dohme veranstalteten Satellitensymposiums beim 32nd Annual Meeting of the European Group for Blood and Marrow Transplantation in Hamburg im März 2006 vorgestellt.

Referiert & kommentiertWolfgang Wagner, Düsseldorf

Zivil- und Katastrophenschutz

Leitfaden Notfall- und Katastrophenpharmazie

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hat in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Katastrophenmedizin e.V. (DGKM e.V.) ein Projekt zur Implementierung pharmazeutischen Fachwissens in den Zivil- und Katastrophenschutz gestartet, um die Katastrophenmedizin synergistisch zu ergänzen.

Referiert & kommentiert

Monographie der Arbeitsgruppe Antiinfektiöse Therapie

Posaconazol: zugelassene Indikationen